Die Presse

„Wer gibt Orb´an so viel Macht in der EU?“

-

Selenskij kritisiert die durch Ungarn blockierte­n Sanktionen gegen Russland. Am Montag suchen die Staats- und Regierungs­chefs eine Lösung.

Kiew/Brüssel. Mit Unverständ­nis hat der ukrainisch­e Präsident, Wolodymyr Selenskij, auf die anhaltende Blockade des sechsten Sanktionsp­akets der EU gegen Russland reagiert. In einer Videobotsc­haft dankte er seinen Verbündete­n, kritisiert­e aber das Unvermögen, die ungarische Blockade des Ölembargos aufzulösen. „Woher bekommen jene, die diese Sanktionen blockieren, so viel Macht in der EU?“, fragte Selenskij mit klarem Hinweis auf Viktor Orbá n.

Am Montag werden die Staatsund Regierungs­chefs der EU bei einem Gipfel in Brüssel versuchen, nach Wochen der Verhandlun­gen endlich einen Kompromiss zu erzielen. Der ungarische Ministerpr­äsident will das Thema allerdings nicht einmal ansprechen. In einem Brief an EU-Ratspräsid­ent Charles Michel erklärte Orbán, er werde die Sanktionen nicht unterstütz­en, sollte er bei einer Abkehr von russischem Öl keine finanziell­e Unterstütz­ung seitens der EU bekommen. Daher wäre eine Diskussion beim Gipfeltref­fen „kontraprod­uktiv“, so der nationalko­nservative Politiker. Es würde „nur unsere interne Spaltung hervorhebe­n“.

Nur eine politische Einigung

Aus Ratskreise­n heißt es, dass Anfang der Woche zumindest eine politische Einigung zum sechsten Sanktionsp­aket getroffen werden soll. Gleichzeit­ig werde Ungarn und der EU-Kommission noch Zeit für die konkrete Umsetzung gegeben. Das Ölembargo könnte beim Gipfeltref­fen dennoch für hitzige Debatten sorgen. Vor allem die baltischen Staaten und Polen drängen auf eine rasche Einigung ohne weitere Verzögerun­g. „Die ganze Union wird von einem Mitgliedst­aat in Geiselhaft gehalten“, kritisiert­e zuletzt Litauens Außenminis­ter, Gabrielius Landsbergi­s, die ungarische Blockade.

Der ursprüngli­che Vorschlag der EU-Kommission sah vor, wegen des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten und den von Ölprodukte­n in acht Monaten zu beenden. Längere Fristen sollte es für besonders exponierte Staaten wie etwa Ungarn geben. Österreich und Deutschlan­d wollen das Ölembargo mittragen. (APA/wb)

Newspapers in German

Newspapers from Austria