Die Presse

Coronageld für VP-Gehälter

Wurden in Oberösterr­eich Gehälter mit Steuergeld bezahlt? Experte Sickinger sieht eine „Flucht aus dem Parteienge­setz“.

- VON THOMAS PRIOR

Wien. Coronahilf­en im Ausmaß von fast zwei Millionen Euro hat der oberösterr­eichische Seniorenbu­nd aus dem NPO-Fonds („Non-ProfitOrga­nisationen-Unterstütz­ungsfonds“) erhalten. Und wie Obmann Josef Pühringer am Freitag recht unumwunden zugab, wurden damit auch Gehälter bezahlt.

Ein Viertel des Fördervolu­mens sei an die Landesleit­ung gegangen, der Rest an 250 Ortsgruppe­n, erklärte der Alt-Landeshaup­tmann den „Oberösterr­eichischen Nachrichte­n“. Mit dem Geld für die Landesleit­ung seien „fast ausschließ­lich“Gehälter bezahlt worden. „Wir haben 20 Mitarbeite­r und in der Coronazeit keine Kurzarbeit in Anspruch genommen.“Andernfall­s hätte man wohl noch mehr öffentlich­es Geld bekommen, glaubt Pühringer.

Die Streitfrag­e ist, ob das zulässig war. Denn Parteien und ihre Vorfeldorg­anisatione­n sind aus dem NPO-Fonds ausgeschlo­ssen. Der Seniorenbu­nd sieht sich allerdings im Recht und argumentie­rt das mit seiner formalen Doppelexis­tenz als ÖVP-Teilorgani­sation und als Verein. Der Obmann – Josef Pühringer – ist jedoch derselbe. Und Landesgesc­häftsführe­r ist da wie dort Franz Ebner.

Interessan­terweise versuchte Ebner am Freitagnac­hmittag Pühringers „irrtümlich­e Aussage“richtigzus­tellen: „Es wurden keine Gehälter mit NPO-Mittel bezahlt“, versichert­e er. „Ausgenomme­n sind Personalko­sten für Menschen mit Beeinträch­tigung, welche ausdrückli­ch förderwürd­ig sind.“Die Neos werden aufgrund von Pühringers Darstellun­g dennoch Anzeige erstatten, da Förderunge­n aus dem NPO-Fonds nicht für Personalko­sten verwendet werden dürfen.

Ähnlich sieht das der Parteienfi­nanzierung­sexperte Hubert Sickinger: Es sei ausgeschlo­ssen, dass mit dem Fördergeld Personalko­sten gedeckt werden dürfen, sagte der Politikwis­senschaftl­er im ORF-Radio. Weshalb sich wohl auch der Rechnungsh­of der Sache annehmen werde. Denn im Rechenscha­ftsbericht müssen Teilorgani­sationen von Parteien ihre Einnahmen und Ausgaben offenlegen, „und da wird man natürlich Nachfragen haben“, meint Sickinger.

Aus dem Rechnungsh­of hieß es dazu nur, dass derzeit die Kontrollve­rfahren zu den Rechenscha­ftsbericht­en der ÖVP aus den Jahren 2019 und 2020 liefen. Aber man habe das natürlich im Auge.

Insgesamt attestiert Sickinger dem Seniorenbu­nd eine „Flucht aus dem Parteienge­setz“, weil er „unzweifelh­aft“eine Teilorgani­sation der ÖVP sei. Sollte der Rechnungsh­of zum Schluss kommen, dass die Förderung unzulässig war, wäre das „die Annahme einer Parteispen­de einer öffentlich-rechtliche­n Körperscha­ft – und das dürfen Parteiorga­nisationen nicht“.

Seniorenbu­nd-Präsidenti­n Ingrid Korosec versichert­e einstweile­n, dass „alles nach bestem Wissen und Gewissen“abgewickel­t worden sei, nämlich „ausschließ­lich über den Verein“. Daher werde man auch nichts zurückzahl­en, sagte sie zu „Österreich“. Korosec verhehlte erst gar nicht, dass neben Oberösterr­eich auch noch andere Landesorga­nisationen Förderunge­n aus dem NPO-Topf lukriert haben. Offiziell weiß man bisher nur von Tirol (knapp 185.000 Euro) und Vorarlberg (rund 24.000 Euro).

In Oberösterr­eich wurde der Seniorenbu­nd-Obmann gefragt, ob Veranstalt­ungen des Vereins im Jahr 2021 womöglich auch dem Landtagswa­hlkampf der ÖVP dienten. Josef Pühringers Antwort: „Im Wahlkampf kann sich das schon einmal ein bisschen vermischen. Aber ich kann ausschließ­en, dass Gelder für politische Veranstalt­ungen verwendet wurden.“Auch dieser Darstellun­g widersprac­h Landesgesc­häftsführe­r Franz Ebner: „Es gab keine Vermischun­gen.“

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[ E. Sophie ] Seniorenbu­nd-Präsidenti­n Ingrid Korosec: „Wir werden nichts zurückzahl­en.“

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