Neue Steuer lässt BP Investitionen überdenken
Großbritannien will „Zusatzgewinne“von Ölkonzernen besteuern, um damit ein Hilfspaket gegen die hohe Inflation zu finanzieren. Das könnte nun einen Stopp für neue Ölprojekte in der Nordsee bringen.
Wien. Die Situation ist derzeit in sämtlichen westlichen Ländern ähnlich: Auf der einen Seite eine hohe Inflation, die vor allem von den Energiepreisen getrieben wird. Diese waren bereits seit dem Sommer des Vorjahrs im Steigen begriffen, als sich nach dem wirtschaftlichen Schock der Coronapandemie die globale Wirtschaft wieder zu erholen begann, und wurden seit dem Angriff Russlands
AUF EINEN BLICK
Die britische Regierung plant eine neue Steuer im Ausmaß von 25 Prozent auf Erlöse aus der Exploration von Öl und Gas in der Nordsee. Die Steuerbelastung für die Unternehmen würde so auf 65 Prozent ansteigen. Damit soll ein Teil eines Inflationshilfspakets finanziert werden. BP will nun weitere Investitionen auf den Prüfstein stellen. auf die Ukraine und der in der Folge erlassenen Sanktionen des Westens gegen Moskau in neue Rekordhöhen getrieben.
Auf der anderen Seite Energiekonzerne, die sich durch diesen Preisanstieg über sogenannte Windfall Profits freuen können – also unerwartete Gewinne, da das allgemeine Preisniveau sprunghaft ansteigt, während die Produktionskosten gleich bleiben.
Weltweit ist die Politik daher versucht, auf diese Gewinne mittels neuer Steuern oder Abgaben zuzugreifen und so Inflationshilfspakete für die zunehmend verärgerte Bevölkerung zu finanzieren. In Österreich wurde eine vor einigen Wochen ventilierte entsprechende Idee von Bundeskanzler Karl Nehammer inzwischen durch eine am Mittwoch angekündigte Sonderdividende des Verbunds quasi vorweggenommen, „Die Presse“berichtete.
In Großbritannien hingegen soll es nun wirklich eine solche Steuer geben. So erklärte der britische Finanzminister, Rishi Sunak, am Donnerstag, dass es eine 25-prozentige „Windfall-Steuer“für Ölkonzerne geben soll. Damit soll ein Drittel eines in Summe 15 Milliarden Pfund (17,68 Mrd. Euro) schweren Hilfspakets für britische Haushalte finanziert werden, das Sunak ebenfalls präsentierte.
Konkret wird durch die neue Steuer die Abgabenbelastung für Gewinne aus der Öl- und Gasgewinnung in den britischen Gewässern der Nordsee von bisher 40 auf künftig 65 Prozent angehoben. Die Steuer soll laut dem britischen Finanzminister so lang in Kraft sein, bis die Energiepreise sich wieder normalisieren. Was das konkret bedeutet, wurde von der britischen Regierung jedoch nicht gesagt.
„Wer investiert, zahlt weniger“
„Es wird eine temporäre und gezielte Abgabe auf Energie-Gewinne sein“, so Sunak bei der Präsentation der Steuerpläne. Allerdings soll es hierbei ein Entgegenkommen für Unternehmen geben, die ihre Gewinne reinvestieren wollen. So soll das Ausmaß der steuerlichen Absetzbarkeit für Investitionen beinahe verdoppelt werden. „Je mehr eine Firma investiert, desto weniger Steuer wird sie zahlen“, sagte Sunak.
Der britische Finanzminister scheint mit Letzterem einem Kritikpunkt aus der Wirtschaft bereits im Vorfeld Wind aus den Segeln nehmen zu wollen. Allerdings ist ihm dies nicht ganz gelungen. Denn bereits wenige Stunden nach
Bekanntgabe der Steuerpläne erklärte der britische Energiekonzern BP, dass man bisherige Investitionsvorhaben in der Nordsee nun auf den Prüfstein stellen wolle. Die Pläne der Regierung seien auf mehrere Jahre ausgelegt, weshalb man sich „die Auswirkungen auf die Investitionspläne in der Nordssee“nun genau ansehen müsse, hieß es aus der BP-Zentrale in London. Der Konzern plant in den kommenden Jahren Investitionen von rund 18 Mrd. Pfund in den Gewässern nördlich und östlich von Schottland.
„Stabiles Umfeld notwendig“
Auch BP-Konkurrent Shell reagierte bereits auf die neuen Pläne der Londoner Regierung. „Wir haben immer betont, wie wichtig ein stabiles Umfeld für langfristige Investitionen ist“, so ein Sprecher. Dies sei „fundamental, um unser Ziel zu erreichen und im Vereinigten Königreich im nächsten Jahrzehnt zwischen 20 und 25 Mrd. Pfund zu investieren“.
Diese Investitionen in der Nordsee wurden nicht zuletzt aufgrund des Ukraine-Kriegs wieder wesentlich bedeutsamer. So ist Großbritannien neben Norwegen ein großer europäischer Energieproduzent, der dabei helfen könnte, die Abhängigkeit von außereuropäischen Lieferanten wie Russland oder Ländern aus dem Nahen Osten zu verringern.
An der Börse kommt die aktuelle Verunsicherung über die weiteren Investitionen nicht gut an. Die Papiere von BP und Shell lagen am Freitag mit je rund eineinhalb Prozent im Minus, während der Londoner Leitindex FTSE-100 leicht zugewann.