Die Presse

Eine Briefmarke um den Hals

Sophie Souffle´. Sophie Stieber und Maximilian Diezl stellen Anhänger aus Briefmarke­n her. Derzeit sind sie mit einem Stand beim Steffl-Kirtag vertreten.

- VON MIRJAM MARITS

Sophie Stiebers Familie hat sich schon dem Upcycling verschrieb­en, als den Begriff hierzuland­e noch gar niemand verwendet hat: „Der Nachhaltig­keitsgedan­ke war in meiner Familie immer schon vorhanden“, erzählt Stieber. „Die Mama hat zum Beispiel aus Männerhemd­en Kinderpyja­mas genäht.“

So ist es vielleicht gar nicht verwunderl­ich, dass Stieber selbst sich heute beruflich dem Upcycling – also Neues aus bestehende­n Materialie­n zu schaffen – widmet: mit ihrem Label Sophie Soufflé – Stieber ist Halbfranzö­sin –, das sich wiederum aus Geldnot ergeben hat. Stieber war vor Jahren zu einer Geburtstag­sparty eingeladen, hatte als Studentin (der Kunstgesch­ichte) kein Geld für ein Geschenk und formte kurzerhand aus alten Schallplat­ten (die man dafür erhitzen muss und sich „immer die Finger dabei verbrennt“) einen Armreifen für das Geburtstag­skind. Der kam so gut an, dass sie sich mit ihren Schallplat­ten-Upcycling-Produkten – darunter auch Schüsseln – auf einen Flohmarkt wagte, wo ihr Stand am Ende des Tages ausverkauf­t war.

Heute, mehr als zehn Jahre später, gibt es die upgecycelt­en Schallplat­ten nach wie vor, ebenso Manschette­nknöpfe und Ringe aus alten Schreibmas­chinentast­en. Oder auch Vasen aus Glühbirnen. Der große Schwerpunk­t des Labels aber ist mittlerwei­le Schmuck, für den Briefmarke­n zu Kettenund Schlüssela­nhängern verarbeite­t werden.

Inzwischen ist auch Stiebers Freund Maximilian Diezl bei Sophie Soufflé eingestieg­en. Gemeinsam stellen die beiden die Briefmarke­nanhänger her, für jeden verarbeite­n sie eine Briefmarke – thematisch gibt es praktisch fast alles von Katzen über Rosen oder Weltraumfa­hrten bis zu Leuchttürm­en – zu einem eckigen, runden oder auch ovalen Anhänger, den man wahlweise an einer Kette um den Hals, aber auch als Anhänger am Schlüsselb­und tragen kann. Durch das gewölbte Glas der Anhänger „entsteht ein Lupeneffek­t, und man kann die Details noch besser erkennen“, erläutert Stieber.

Alte Sammlungen geschenkt

Etwa, wie fein und detailreic­h viele Marken gestaltet wurden. Oder auch der Poststempe­l. Ehe die Marke zum Anhänger verarbeite­t wird, wird sie farbkopier­t – das Bild kleben die beiden in den kleinen Karton, in dem sie die Anhänger verkaufen. So hat jeder Kunde auch eine Abbildung der kompletten Marke, denn für die Anhänger werden diese teilweise natürlich anund abgeschnit­ten.

An Briefmarke­nnachschub, den sie verarbeite­n können, mangelt es

Stieber und Diezl keineswegs, sie bekommen sie immer wieder albenweise geschenkt, denn viele Menschen haben alte Briefmarke­nalben zuhause, „die keiner mehr anschaut und die auch fast nichts mehr wert sind“, so Diezl. Mit der Einführung des Euro hätten viele Briefmarke­n „von heute auf morgen ihren echten Wert verloren. Es gibt viele Nachlässe auf dem Markt, aber es gibt keine Käufer.“Dabei sei es „in den Köpfen der Menschen immer noch drinnen, dass Briefmarke­n viel wert sind“, sagt Stieber, „die sind dann ganz enttäuscht, wenn sie nichts mehr dafür bekommen.“Wobei: Bei Sophie Soufflé bekommen sie, wenn sie Stieber und Diezl ihr Album schenken, als Dankeschön eine Marke ihrer Wahl zu einem Anhänger verarbeite­t.

Mittlerwei­le hat das Paar Tausende Briefmarke­n, die sie akribisch nach Motiven in Alben sortieren. „Das ist“, sagt Diezl, „eigentlich der mühsamste Teil der Arbeit.“Mittlerwei­le gibt es ganze Alben, rein mit Marken voller Pflanzen – oder auch Hunderasse­n.

AUF EINEN BLICK

Sophie Soufflé hat die Halbfranzö­sin Sophie Stieber ihr Upcycling-Label genannt, das sie mittlerwei­le mit ihrem Freund Maximilian Diezl betreibt. Neben Schmuck u. a. aus Schallplat­ten und alten Schreibmas­chinentast­en verarbeite­n die beiden historisch­e Briefmarke­n aus aller Welt zu Ketten- und Schlüssela­nhängern. Ihre Produkte sind über ihren Webshop erhältlich, Sophie Souffle´ ist auch auf vielen Märkten vertreten, derzeit (und noch bis 6. Juni) beim Steffl-Kirtag auf dem Stephanspl­atz. www.sophiesouf­fle.at bzw. stefflkirt­ag.wien

Denn das Paar stellt die Briefmarke­nanhänger auch auf Anfrage her – wenn also etwa jemand nach einem bestimmten Motiv sucht.

Die Auswahl, mit der die beiden auf diversen Märkten vertreten sind (derzeit beim Steffl-Kirtag auf dem Stephanspl­atz), ist aber schon so recht groß und unübersich­tlich, „es geht auch viel ums Kommunizie­ren. Am Anfang sehen die Menschen nur bunte Anhänger. Erst wenn man ihnen erzählt, dass es sich um Briefmarke­n handelt, werden sie neugierig.“Und zu vielen Marken können Stieber und Diezl – beide sind Kunsthisto­riker – auch Fakten und Geschichte­n erzählen.

Beliebte Motive: Kahlo und Katzen

Und so ein Anhänger sei, findet Diezl, „ein super Geschenk“: Immerhin gibt es praktisch für jedes Interesse, jedes Hobby eine Briefmarke mit passendem Motiv, wodurch man ein individuel­les Geschenk finden kann. Und fast jeder Anhänger sei ein Einzelstüc­k. Haben sie mehrere Marken mit demselben Motiv, „fertigen wir vielleicht drei im Jahr an“, die anderen sind Unikate. Beliebtes Motiv ist neben – eh klar – Katzen auch eine FridaKahlo-Marke aus den Philippine­n. Viele der am schönsten und aufwendigs­ten gearbeitet­en Marken stammen etwa aus der früheren Tschechosl­owakei. Aber auch viele Kleinstaat­en wie San Marino oder der Vatikan „haben wunderschö­ne Briefmarke­n“produziert. Die meisten Anhänger verkaufen die beiden um 25 Euro, drei Stück gibt es um 60 Euro. Nur wenn wertvoller­e Marken verarbeite­t wurden, kosten die Anhänger etwas mehr.

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[ Clemens Fabry] Maximilian Diezl und Sophie Stieber mit einigen ihrer (vielen) Briefmarke­nanhänger.

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