Dilemma der Medien
Vertrauensverlust und Missbrauch: Warum unabhängige Medien Leser verlieren.
Die sinkenden Leserzahlen sind ein Indiz dafür, dass Menschen Medien nicht mehr vertrauen. Wie stark dieser Verlust ist, hat sich zuletzt in der Pandemie gezeigt, als das Wort „Lügenpresse“oft zu hören war. Verloren gegangen ist nicht nur Vertrauen, sondern auch Medienwissen. „Ich bin erschüttert, dass viele Menschen nicht wissen, wie Medien arbeiten. Journalismus muss wieder klar unterscheidbar werden von Influencern, Social Media und anderen Internetforen“, sagte Susanne Glass vom Bayrischen Rundfunk. Auch die Politik habe längst erkannt, dass sie Medien nicht mehr brauche: „Politiker gründen eigene Räume auf sozialen Medien und stellen sich ihre eigenen Fragen, anstatt auf jene von Journalisten zu antworten.“
Szabolcs Vörös, Journalist aus Ungarn für Válasz Online, eines der letzten freien Medien in Ungarn, erzählte bei der von APAChefredakteur Johannes Bruckenberger moderierten Diskussion, dass Premier Viktor Orbán die Medienpolitik in dem Land über zwölf Jahre in seinem illiberalen Sinne gesteuert habe. Das funktioniere, weil „viele Menschen gar nicht wissen, wie wichtig freie Medien sind“.
Ähnlich sei die Situation in der Slowakei, berichtete Matthias Settele, Chef des größten Privatsenders TV Markiza. „In ländlichen Gebieten hören die Menschen auf die Sozialisten und den Pfarrer, die erreichen wir nicht.“Es habe sich eine regelrechte Gegenöffentlichkeit entwickelt, „für diese Gruppen müssen wir uns dringend Strategien überlegen“.
Handlungsbedarf sieht auch Politologin Mirjana Tomić: „Wem Medienfreiheit wichtig ist, der muss die Demokratie stärken.“Was es außerdem brauche? Guten, faktenbasierten Content. „Und Geld“, sagte Tomić.