Die Presse

Für ein Ende der Schlafjahr­e der Sicherheit­spolitik

ExAußenmin­isterin Ursula Plassnik fordert Debatte.

- VON LORENZ BRUNNER UND DANIELA BRESˇCˇ AKOVIC´

Für eine neue Sicherheit­sdoktrin und einen Optionenbe­richt zu Österreich­s Sicherheit­spolitik plädierte die frühere ÖVP-Außenminis­terin Ursula Plassnik. „Weitere Schlafjahr­zehnte können wir uns nicht leisten“, ist die ehemalige Diplomatin überzeugt.

Es sei höchste Zeit für ein „Update“der inzwischen zehn Jahre alten Sicherheit­sdoktrin. Seither sei in Europa einiges passiert: Cyberattac­ken, KrimAnnexi­on, Migration, Terror, Nato-Beitritte, Coronakris­e und zuletzt Russlands Angriffskr­ieg. Es brauche eine „sorgfältig­e, überpartei­liche und EU-konforme, aktuelle Risikoanal­yse“. Der erste Versuch eines solchen „Optionenbe­richts“misslang 1998, nachdem der damalige Kanzler Viktor Klima (SPÖ) die Prüf-Option eines Nato-Beitritts nicht akzeptiere­n wollte.

„Momentan ist Österreich sicherheit­spolitisch ein blinder Passagier“, sagte Plassnik. Österreich beteilige sich seit 23 Jahren „innenpolit­isch völlig unbestritt­en“an der Nato-geführten KFOR-Mission im Kosovo. Das Wort Nato sei jedoch zum Unwort geworden. „Wer gegen einen Nato-Beitritt ist, sollte die Neutralitä­t nüchtern auf ihre Tauglichke­it zum Schutz der Bevölkerun­g und der Interessen der Republik hin untersuche­n“, sagte die Ex-Diplomatin. Es seien zur Zeit die Nachbarsta­aten, von denen Österreich­s Territoria­lverteidig­ung abhänge. Mit der Neutralitä­t sei man lang gut gefahren, in Anbetracht der aktuellen Lage brauche es eine öffentlich­e Debatte zur Weiterentw­icklung.

Dass Österreich­s Bevölkerun­g die Neutralitä­t „im Herzen trage“, wie Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP) jüngst meinte, quittierte Plassnik mit dem Hinweis, dass für eine vernünftig­e Sicherheit­spolitik neben dem Herzen auch der Kopf nicht fehlen sollte.

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