„Im Start-up ist jeder Unternehmer“
Porträt. Um mit dem „weltweit einzigen Protein-Eisriegel mit Waffelboden“den Geschmack der Kunden zu treffen, hat Constantin Haas auch die Trends der Auto- und Modebranche im Blick.
Constantin Haas macht kein Hehl daraus, wie das Startup-Leben aussieht: „Es brennt meist irgendwo der Hut. Es gibt jeden Tag neue Herausforderungen“, sagt der 27-Jährige. „Daher braucht man einen kühlen Kopf.“Oder eben auch einmal ein Eis. Genau darum dreht es sich bei seinem Food-Start-up Frozen Power: um einen Eis-Snack. Proteinreich, kalorienarm, palmölfrei, ohne Zuckerzusatz. „Der weltweit einzige Protein-Eisriegel mit Waffelboden“, sagt er.
Der Waffelboden ist wohl kein Zufall. Haas stammt aus einer Unternehmerfamilie, die seit 1905 zunächst in Wien und später in Leobendorf in der Nähe von Korneuburg Waffelmaschinen produzierte. Maschinen, mit denen (Weich-) Waffeln, Snacks, Kekse, Cracker, Kuchen, Stanitzel und Convenience-Food-Produkte hergestellt werden. Das Unternehmen betrieb auch Niederlassungen in Dänemark, den Niederlanden, Brasilien und China und wurde 2017 an die Schweizerische Bühler-Gruppe verkauft. „Ein emotionales Thema“, sagt Haas. „Die Bücher waren voll“, aber der Sprung auf Konzerngröße, und die wäre notwendig gewesen, war zu groß, weshalb man sich für den Verkauf entschied. „Mir war wichtig, dass ein anderes Familienunternehmen übernimmt“, sagt Haas.
Für ihn, der als technischer Projektleiter für das Familienunternehmen tätig war, war der Verkauf der Zeitpunkt, etwas Neues zu starten: „Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und habe viel Erfahrung gesammelt. Familie, Freunde und Arbeit waren eins, und ich war davon begeistert. Aber ich wusste auch: Ich möchte selbstständig arbeiten – mit einem starken Bezug zum Thema Food.“
Die Idee zu Frozen Power entstand 2017. Maßgeblich war Haas’ Partner Kenan Engerini daran beteiligt: Der Chemieingenieur war unter anderem im Vorjahr Kandidat bei der TV-Show „Bachelorette“, hatte 2006 im Bob von Jürgen Loacker an den Olympischen Winterspielen
in Turin teilgenommen und auch in der Leichtathletik, etwa als mehrfacher Staatsmeister im Staabhochsprung, gute Figur gemacht.
Vom Brainstorming bis zum Launch dauerte es nur ein halbes Jahr. Es ging sehr schnell, zumal ja auch die Anlagen eingerichtet werden mussten – produziert wird in der Steiermark bei Meisterfrost in Sinnersdorf, denn eine Anlage „auf die grüne Wiese zu bauen wäre ein Schritt zu viel gewesen“. 2020 stieg sein Vater, Johann, als Investor ein. Das heißt für Constantin Haas: „100 Mal mehr drauf schauen.“Es sei eine größere Verantwortung – auch seinen sechs Geschwistern gegenüber – „weil es kein externes
Venture-Geld ist“. Mit dem Kapital kam ein Industrialisierungsschub: Aus der Manufaktur, in der wöchentlich 5000 Stück produziert wurden, wurde eine Anlage, die 40.000 Stück pro Tag herstellen kann. Knapp eine Million Riegel wurden im Vorjahr über den stationären Handel und online verkauft, heuer sollen es 1,5 Millionen sein – sofern es wegen der aktuellen Lieferengpässe ausreichend Verpackung gibt.
Was Eis mit Mode zu tun hat
Das jüngste Mitglied des nur vierköpfigen Teams ist verantwortlich für die Produktionsentwicklung und dafür, die richtigen externen Partner für die einzelnen Geschmacksrichtungen der Riegel zu finden. Alle gemeinsam halten die Augen offen, was sich auf dem Markt tut. „Wir schauen uns nicht nur die Trends im Foodbereich an, sondern auch in der Automobilindustrie oder im Modebereich“, um den Geschmack zu treffen. Aktuell, so hat es den Anschein, wollen die Kunden Exotisches. „Wir sind ein kleines Team“, sagt Haas, „Schnelligkeit und Selbstständigkeit sind gefordert, denn im Start-up ist jeder Unternehmer.“Und so werde jeder Input wertgeschätzt. Selbstverständlich auch der seines Vaters, mittlerweile 76 Jahre alt, den er als seinen Mentor bezeichnet.
Bei ihm im Unternehmen habe er Struktur, Leadership und Projektmanagement gelernt, das helfe jetzt im Start-up: „Hier geht es lustiger, lockerer zu. Aber trotz der Kleinheit sehr ernsthaft.“Schließlich will Haas zu einem „großen Tiefkühl-Player werden und weitere Produkte im Co-Manufactoring nachhaltig produzieren“.
Nachhaltigkeit ist ein Anliegen
Den Zweifeln, dass Nachhaltigkeit und Tiefkühlprodukte zusammenpassen, begegnet er so: „Wir haben kurze Lieferketten, 50 Prozent der Rohstoffe kommen aus Österreich und der EU. Wir verwenden zertifizierte Zutaten und rezyklierbare Verpackungen und Folien. Tiefkühlprodukte halten länger und sind weniger anfällig für Food Waste.“Und weil ihm Nachhaltigkeit so wichtig ist: Damit auch die Eisbären einen kühlen Kopf behalten, gehen pro Multipack fünf Cent an eine Umweltschutzorganisation.