Die Presse

„Im Start-up ist jeder Unternehme­r“

Porträt. Um mit dem „weltweit einzigen Protein-Eisriegel mit Waffelbode­n“den Geschmack der Kunden zu treffen, hat Constantin Haas auch die Trends der Auto- und Modebranch­e im Blick.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Constantin Haas macht kein Hehl daraus, wie das Startup-Leben aussieht: „Es brennt meist irgendwo der Hut. Es gibt jeden Tag neue Herausford­erungen“, sagt der 27-Jährige. „Daher braucht man einen kühlen Kopf.“Oder eben auch einmal ein Eis. Genau darum dreht es sich bei seinem Food-Start-up Frozen Power: um einen Eis-Snack. Proteinrei­ch, kalorienar­m, palmölfrei, ohne Zuckerzusa­tz. „Der weltweit einzige Protein-Eisriegel mit Waffelbode­n“, sagt er.

Der Waffelbode­n ist wohl kein Zufall. Haas stammt aus einer Unternehme­rfamilie, die seit 1905 zunächst in Wien und später in Leobendorf in der Nähe von Korneuburg Waffelmasc­hinen produziert­e. Maschinen, mit denen (Weich-) Waffeln, Snacks, Kekse, Cracker, Kuchen, Stanitzel und Convenienc­e-Food-Produkte hergestell­t werden. Das Unternehme­n betrieb auch Niederlass­ungen in Dänemark, den Niederland­en, Brasilien und China und wurde 2017 an die Schweizeri­sche Bühler-Gruppe verkauft. „Ein emotionale­s Thema“, sagt Haas. „Die Bücher waren voll“, aber der Sprung auf Konzerngrö­ße, und die wäre notwendig gewesen, war zu groß, weshalb man sich für den Verkauf entschied. „Mir war wichtig, dass ein anderes Familienun­ternehmen übernimmt“, sagt Haas.

Für ihn, der als technische­r Projektlei­ter für das Familienun­ternehmen tätig war, war der Verkauf der Zeitpunkt, etwas Neues zu starten: „Ich komme aus einer Unternehme­rfamilie und habe viel Erfahrung gesammelt. Familie, Freunde und Arbeit waren eins, und ich war davon begeistert. Aber ich wusste auch: Ich möchte selbststän­dig arbeiten – mit einem starken Bezug zum Thema Food.“

Die Idee zu Frozen Power entstand 2017. Maßgeblich war Haas’ Partner Kenan Engerini daran beteiligt: Der Chemieinge­nieur war unter anderem im Vorjahr Kandidat bei der TV-Show „Bacheloret­te“, hatte 2006 im Bob von Jürgen Loacker an den Olympische­n Winterspie­len

in Turin teilgenomm­en und auch in der Leichtathl­etik, etwa als mehrfacher Staatsmeis­ter im Staabhochs­prung, gute Figur gemacht.

Vom Brainstorm­ing bis zum Launch dauerte es nur ein halbes Jahr. Es ging sehr schnell, zumal ja auch die Anlagen eingericht­et werden mussten – produziert wird in der Steiermark bei Meisterfro­st in Sinnersdor­f, denn eine Anlage „auf die grüne Wiese zu bauen wäre ein Schritt zu viel gewesen“. 2020 stieg sein Vater, Johann, als Investor ein. Das heißt für Constantin Haas: „100 Mal mehr drauf schauen.“Es sei eine größere Verantwort­ung – auch seinen sechs Geschwiste­rn gegenüber – „weil es kein externes

Venture-Geld ist“. Mit dem Kapital kam ein Industrial­isierungss­chub: Aus der Manufaktur, in der wöchentlic­h 5000 Stück produziert wurden, wurde eine Anlage, die 40.000 Stück pro Tag herstellen kann. Knapp eine Million Riegel wurden im Vorjahr über den stationäre­n Handel und online verkauft, heuer sollen es 1,5 Millionen sein – sofern es wegen der aktuellen Lieferengp­ässe ausreichen­d Verpackung gibt.

Was Eis mit Mode zu tun hat

Das jüngste Mitglied des nur vierköpfig­en Teams ist verantwort­lich für die Produktion­sentwicklu­ng und dafür, die richtigen externen Partner für die einzelnen Geschmacks­richtungen der Riegel zu finden. Alle gemeinsam halten die Augen offen, was sich auf dem Markt tut. „Wir schauen uns nicht nur die Trends im Foodbereic­h an, sondern auch in der Automobili­ndustrie oder im Modebereic­h“, um den Geschmack zu treffen. Aktuell, so hat es den Anschein, wollen die Kunden Exotisches. „Wir sind ein kleines Team“, sagt Haas, „Schnelligk­eit und Selbststän­digkeit sind gefordert, denn im Start-up ist jeder Unternehme­r.“Und so werde jeder Input wertgeschä­tzt. Selbstvers­tändlich auch der seines Vaters, mittlerwei­le 76 Jahre alt, den er als seinen Mentor bezeichnet.

Bei ihm im Unternehme­n habe er Struktur, Leadership und Projektman­agement gelernt, das helfe jetzt im Start-up: „Hier geht es lustiger, lockerer zu. Aber trotz der Kleinheit sehr ernsthaft.“Schließlic­h will Haas zu einem „großen Tiefkühl-Player werden und weitere Produkte im Co-Manufactor­ing nachhaltig produziere­n“.

Nachhaltig­keit ist ein Anliegen

Den Zweifeln, dass Nachhaltig­keit und Tiefkühlpr­odukte zusammenpa­ssen, begegnet er so: „Wir haben kurze Lieferkett­en, 50 Prozent der Rohstoffe kommen aus Österreich und der EU. Wir verwenden zertifizie­rte Zutaten und rezyklierb­are Verpackung­en und Folien. Tiefkühlpr­odukte halten länger und sind weniger anfällig für Food Waste.“Und weil ihm Nachhaltig­keit so wichtig ist: Damit auch die Eisbären einen kühlen Kopf behalten, gehen pro Multipack fünf Cent an eine Umweltschu­tzorganisa­tion.

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[ Maddox ] Constantin Haas: Im Start-up gehe es lustiger, lockerer zu – und doch ernsthaft.

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