Anreiz: Für alle oder keinen
Steuerrecht. Kritik an der kürzlich eingeführten steuerfreien Gewinnbeteiligung: Sie lasse eine Belohnung einzelner Mitarbeitender nicht zu.
Zunächst war die Freude groß: Endlich schien man ein Instrument gefunden zu haben, um den Mitarbeitenden für ihre Treue und Loyalität danken zu können. Und zwar mit der steuerfreien Gewinnbeteiligung. Denn seit dem 1. Jänner dieses Jahres haben Unternehmen – vollkommen unabhängig von ihrer Größe – die Möglichkeit, Mitarbeitenden diese bis zu einer Höhe von 3000 Euro jährlich pro Person zukommen zu lassen. Diese durch die jüngste Steuerreform eingeführte Regelung sollte Anreize für die Unternehmen schaffen, Mitarbeitende am Unternehmenserfolg entsprechend teilhaben zu lassen.
„Leider ist die im Grundsatz gute Idee nicht zu Ende gedacht und bringt zahlreiche Unklarheiten in der Umsetzung mit sich“, sagt Rainer Kraft, Geschäftsführer der Plattform Vorlagenportal. So wie er dämpfen Experten die Freude und empfehlen, einen genauen Blick auf die neue Regelung zu werfen.
Mitarbeitende gleich behandeln
Der Knackpunkt nämlich heißt „steuerliche Gruppenerfordernis“. Und bedeutet salopp formuliert: Mitarbeitergewinnbeteiligung ist kein anderer Name für ein Bonusoder Prämiensystem. Vielmehr muss sie allen Mitarbeitenden oder genau abgegrenzten Gruppen von Arbeitnehmenden gewährt werden und auch der Höhe nach an objektive Kriterien anknüpfen.
Die genau abgegrenzte Gruppe, das sind beispielsweise alle Arbeiter
oder alle Angestellten oder alle Innen- oder Außendienstmitarbeitenden oder das gesamte kaufmännische oder technische Personal oder alle Mitarbeitenden mit einer bestimmten Anzahl von
Dienstjahren im Betrieb. Die Liste ließe sich noch lang fortsetzen. Doch auch mit diesen wenigen Beispielen zeigt sich: Die steuerfreie Gewinnbeteiligung ist kein Belohnungs- bzw. Anreizsystem für individuelle Leistungen einzelner Mitarbeitender. Und alle Unternehmen, die versuchen, ihr Bonusoder Prämiensystem in das steuerfreie Regime zu übersiedeln, kommen an ihre Grenzen.
Auf ein weiteres Detail weist Birgit Kronberger aus der Vorlagenportal-Geschäftsführung
hin: Geringfügig Beschäftigte dürfen von der steuerfreien Gewinnbeteiligung ebenso wenig ausgeschlossen werden wie Teilzeitkräfte oder befristet beschäftigte Personen – sofern sie zu einer der begünstigten Gruppen zählen.
Kein Ersatz für Arbeitslohn
Leider ist die im Grundsatz gute Idee nicht zu Ende gedacht und bringt zahlreiche Unklarheiten in der Umsetzung mit sich.
Die Gewinnbeteiligung darf weiters nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung erfolgen. Es ist also steuerlich nicht zulässig, Teile des Gehalts in eine steuerfreie Gewinnbeteiligung umzuwandeln.
Die Art und Weise der Berechnung der Gewinnbeteiligung ist zwar Sache des Unternehmens, allerdings muss sie an objektivierbare Erfolgsgrößen (Umsatz, Gewinn, Deckungsbeitrag oder ähnliches) anknüpfen. Jedenfalls ist die Beteiligung durch den tatsächlichen Erfolg des Unternehmens (grundsätzlich das Ebit des Vorjahres) gedeckelt.
Bei der Gewährung der Gewinnbeteiligung sollte jedenfalls mit einer Vorbehaltsklausel darauf hingewiesen werden, dass damit keine Ansprüche für die Zukunft entstehen.
Und noch ein Hinweis, der weniger einen rechtlichen als einen psychologischen Hintergrund hat: Aus motivatorischen Gründen empfiehlt es sich sich, die Gewährung der Gewinnbeteiligung im Voraus zu vereinbaren. Um einen entsprechenden Anreiz für die Mitarbeitenden zu schaffen. (red.)
Rainer Kraft, Geschäftsführer Vorlagenportal