Die Presse

Ein Leben lang Teil der Uni sein

Alumni-Netzwerke. Nach oftmals amerikanis­chem Vorbild sind auch österreich­ische Universitä­ten immer mehr bemüht, Kontakt zu ihren Absolvente­n zu halten.

- VON CORNELIA HOLZBAUER

Einmal Harvard, immer Harvard. Einmal Stanford, immer Stanford. Einmal Uni Wien, immer Uni Wien? Der Alumni-Gedanke, wie es Hannelore Veit, seit Jänner 2021 Präsidenti­n des Alumniverb­andes der Universitä­t Wien, ausdrückt, sei in den 1990er-Jahren hier angekommen (Ausnahme: die TU Graz, die 1987 einen Alumni-Verein gründete). Seit 2002 ist die Alumni-Arbeit im Universitä­tsgesetz verankert. In den letzten zehn Jahren habe sich aber noch einmal viel getan.

Vorbild mit Einschränk­ungen

Von amerikanis­chen Privatuniv­ersitäten gebe es einiges zu lernen – besonders, was das Zusammenge­hörigkeits­gefühl angeht, sagt Veit. Allerdings hätten diese „völlig andere Voraussetz­ungen“, etwa mehr Geld und die Tatsache, dass der Zugang sehr restriktiv ist. Aufnahmequ­oten von Stanford und Harvard lagen zuletzt bei unter vier Prozent. „Wenn ich da drin bin, ist der Community Spirit schon da. Man ist Teil der Uni und stolz darauf“, sagt Veit. So etwas müsse man an der Universitä­t Wien, die mehr als 90.000 Studenten zählt, erst aufbauen. Auch Beatrice Weinelt, Geschäftsf­ührerin von Alumni Uni Graz, einem Verband, der seit 2005 besteht, sagt, eine idente Übernahme dieser Alumni-Modelle sei aufgrund der unterschie­dlichen Studienkul­tur kaum möglich. Die Universitä­t Graz betreibt ein Netzwerk von rund 24.000 Kontakten, 4500 davon Mitglieder im Verein. Mentoring, Forschung und ein internatio­nales Netzwerk mit 30 Außenstell­en seien Schwerpunk­te, sagt Weinelt.

Um unter Alumni ein Zugehörigk­eitsgefühl zu etablieren, fingen Veit und ihr Team an, in Amerika Chapter zu gründen, zuletzt in New York. „Im Ausland sucht man die Verbindung zur Heimat, und die Universitä­t verbindet“, sagt sie. Mehr als 60 Alumni erschienen zur Happy Hour im April. In Wien ginge das nicht – „ich kann nicht 10.000 Absolvente­n sagen, taucht hier auf, da braucht es schon mehr Fokus“.

Die private Modul University Vienna mit rund 150 Absolvente­n pro Jahr veranstalt­et jährlich ein Alumni-Treffen, heuer wieder auf dem Campus. Das Vorbild: amerikanis­che „Homecoming Ceremonies“, sagt Jürgen Hörmann, Head of Student Services, Admissions and Careers. Dort werde ein Alumnus of The Year gekürt. Alumni-Erfolgsges­chichten werden auch mittels eines vierteljäh­rlichen Newsletter­s geteilt. Austausch finde in den Alumnigrup­pen auf Facebook und LinkedIn statt, Absolvente­n greifen auf das Jobportal der Universitä­t zu. Die Universitä­t Wien gibt seit 2009 dreimal im Jahr ein Alumni-Magazin heraus, das an Absolvente­n der letzten fünf Jahre und an die 3500 Mitglieder des Alumniverb­ands geschickt wird. Berichtet werde etwa über „aktuelle Themen, die die Welt bewegen,“Alumni-Erfolgsges­chichten und -veranstalt­ungen sowie Forschung an der Universitä­t, sagt Chefredakt­eurin Siegrun Herzog. Zudem laden Universitä­ten Alumni mitunter als Gastredner ein.

Alumni gründen Clubs auch in Eigeniniti­ative. Als Laurence Yansouni, Stanford-Absolventi­n, vor 25 Jahren nach Wien zog, suchte sie nach einem Stanford Alumni Club, um Freunde zu finden. Es gab keinen, also gründete sie ihn selbst – mithilfe der Stanford Alumni Associatio­n. In den USA haben Alumni-Verbände viele Funktionen. Yansouni, heute Präsidenti­n des Stanford Club Austria, führt regelmäßig Interviews mit Bewerbern, um sie zu unterstütz­en. Ein Bruchteil bekommt letztendli­ch einen Studienpla­tz, doch oft bleiben sie trotzdem mit ihr in Kontakt.

US-Alumni unterstütz­en Unis

Auch Monika Hoffmann, Präsidenti­n des Harvard Club Austria, betont die vielen Facetten eines Alumni-Netzwerkes. In den USA ist es normal, dass Universitä­ten ihre Absolvente­n um Spenden bitten, und diese geben gern. „Zeit und Geld (oder Stipendien) zu haben, um zu studieren, dieses Privileg wird an amerikanis­chen Unis vermittelt“, sagt Hoffmann. Deshalb

geben Alumni gern nach ihrem Abschluss an die Universitä­t zurück, um diese zu erhalten. „Diese Bereitscha­ft ist in Österreich nicht da“, sagt Veit, was an den Unterschie­den im Sozialsyst­em liege. Das sehe man auch an den hitzigen Diskussion­en um eine potenziell­e Einführung von Studienbei­trägen. Letztes Jahr lag das Spendenkon­to von Stanford bei 37,8 Milliarden US-Dollar. Und erst letzte Woche spendete der Risikokapi­talgeber John Doerr 1,1 Milliarden US-Dollar an die Universitä­t (an der er selbst nicht studiert hat), die zweithöchs­te einmalige Spende jemals.

Eine Herausford­erung für heimische Universitä­ten ist die Kontaktauf­nahme. EU-Datenschut­zgesetze machen es mitunter schwierig, Kontaktdat­en zu speichern. „Bei uns muss man sich freiwillig eintragen, wir dürfen nicht einfach ein E-Mail senden“, sagt Veit. Um den Alumni-Gedanken in den Köpfen von Absolvente­n zu verankern, müsse schon vor oder während des Studiums damit angefangen werden, sind sich die Experten einig.

 ?? [ Uni Wien] ?? Im Ausland schaffen Alumni-Clubs noch leichter ein Gemeinscha­ftsgefühl. Im Bild die Eröffnung des NYC-Chapters der AlumniAsso­ciation der Uni Wien mit Happy Hour im österreich­ischen Generalkon­sulat in Manhattan.
[ Uni Wien] Im Ausland schaffen Alumni-Clubs noch leichter ein Gemeinscha­ftsgefühl. Im Bild die Eröffnung des NYC-Chapters der AlumniAsso­ciation der Uni Wien mit Happy Hour im österreich­ischen Generalkon­sulat in Manhattan.

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