Die Presse

Der russische Kriegsmome­nt

- Www.diepresse.com/ukraine

des strategisc­h verkraftba­r, meint Reisner. Es gibt Experten, die es überhaupt für einen Fehler halten, dass Russland so viel Energie in den Kampf um Swjerodone­zk steckt. Aber es geht wohl auch um einen Prestigeer­folg. Um das Publikum zu Hause. Der Fall der Großstadt würde die Moral der Ukrainer drücken und die der Russen heben, meint Reisner. Sie hätten nach Mariupol die nächste Großstadt erobert. Und schon jetzt kontrollie­ren sie 95 Prozent des Oblast Luhansk. Dann wäre Luhansk vollends in russischer Hand. Damit kann die Propaganda in Moskau arbeiten.

Und Putin käme einem möglichen Minimalzie­l nah. Man muss jetzt kurz zurückblen­den: Am 21. Februar hielt Putin eine wirre Kriegsrede. Und er zwang die Mitarbeite­r seines Sicherheit­srats zu einem Bekenntnis vor der Kamera. Einer nach dem anderen musste einen Offenbarun­gseid ablegen. Es ging um den Donbass, um Donezk und Luhansk. Russland erkannte die Unabhängig­keit der Gebiete an. Die Separatist­en, die Anführer der „Volksrepub­liken“hatten damals aber nur ein Drittel des Donbass besetzt. Sollte Putin nun den gesamten Donbass aus der

Ukraine herausbrec­hen, könnte er seine „Spezialope­ration“, als die der Krieg bekanntlic­h in Russland verharmlos­t werden muss, schon als Erfolg verkaufen, analysiert­e neulich der britische Geheimdien­st. Die Landbrücke zur Krim hat Russland errichtet.

Kiew fleht um schwere Waffen

Russland drückt die Ukraine in die Defensive: Das hört man den Entscheidu­ngsträgern in Kiew dort auch an. Immer lauter drängen sie auf die Lieferung „wirksamer Waffen“. „Es ist schwer zu kämpfen, wenn man aus einer Entfernung von 70 Kilometern angegriffe­n wird und nichts hat, womit man sich wehren kann“, beklagt Mychajlo Podoljak, der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die konkreten Forderunge­n aus Kiew sind meistens kurz. Vier Buchstaben. MLRS. Die Abkürzung steht für Mehrfachra­ketenwerfe­rsysteme. Am Sonntag kursierten Berichte, wonach die USA schon diese Woche die Lieferung der schweren Waffen verkünden könnten. Aber bestätigt war das nicht.

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