Bruchlinien vor der Wahl
Salzburg.
Das Bundesland wärmt sich für den Wahlkampf auf: 2023 wird in Salzburg – wie in drei anderen Bundesländern – gewählt. Langsam bemerkt man Irritationen in der Dreierkoalition. Und es gibt einen Unsicherheitsfaktor: die MFG.
Drei so unterschiedliche Partner wie ÖVP, Grüne und Neos auf einer politischen Linie zu halten ist schwierig. Doch in Salzburg hat das Experiment einer Dreierkoalition, das Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) nach der Wahl 2018 ausverhandelt hat, die ersten vier Jahre trotz Pandemie und sonstiger Krisen recht gut überstanden. Meinungsverschiedenheiten drangen nur selten nach außen. Doch ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl und mit einer ÖVP, die durch die Turbulenzen auf Bundesebene alles andere als Rückenwind verspürt, werden die Bruchlinien zwischen den Parteien sichtbarer. Langsam stehen die Zeichen in Salzburg schon auf Wahl – der Urnengang wird vermutlich im Mai 2023 stattfinden. Und das Bundesland ist nicht allein: Auch in Niederösterreich, Tirol und Kärnten wird im kommenden Jahr gewählt.
Aber zurück nach Salzburg und zu den Irritationen in der Koalition. Grünen-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn ist normalerweise sehr konziliant und gelassen. Im November vergangenen Jahres hat er aber Haslauer, der auch angesichts schon überlasteter Spitäler keinen Lockdown wollte, widersprochen und strengere Maßnahmen gefordert. So öffentlichkeitswirksam fahren sich die Partner selten in die Parade. Unterschiedliche Ansichten gibt es aber nach wie vor bei der Erweiterung des Einkaufszentrums Europark – da stehen die Grünen auf der Bremse. Im Naturschutz tun sich die Grünen mit dem Abschuss von Fischottern oder Problemwölfen schwer, in zähem Ringen wurde dieser Tage ein Kompromiss gefunden.
Geschwächte Neos
Doch während die Zusammenarbeit zwischen ÖVP und Grünen – immerhin regiert man die zweite Legislaturperiode gemeinsam – sonst relativ friktionsfrei läuft, hakt es bei der Kooperation mit den Neos immer wieder. Zuletzt ist es den Pinken sauer aufgestoßen, dass der abtrünnige Neos-Abgeordnete Josef Egger sofort im schwarzen Landtagsklub Unterschlupf
gefunden hat. Durch den Abgang verloren die Neos den Klubstatus, sie können in den Ausschüssen zwar zuhören, aber nicht mehr mitstimmen. Ein Stich, der den gestaltungsfreudigen Pinken wehtut – und der das Grundgefühl, vom großen Regierungspartner nicht immer auf Augenhöhe behandelt zu werden, nährt.
Neos-Landesrätin Andrea Klambauer, die gerade als Spitzenkandidatin für die nächste Wahl bestätigt wurde, möchte die Partei 2023 wieder in die Regierung führen. Sie hat als Quereinsteigerin in die Politik 2018 umfassende Aufgabenbereiche wie Wohnbau und Kinderbetreuung übernommen.
Glaubt man einer aktuellen Umfrage der „Salzburger Nachrichten“, dann käme die Dreierkoalition bei der Sonntagsfrage auf eine
knappe Mehrheit. Bleibt dies bis zum Wahltag so, gibt es gute Chancen auf eine Neuauflage von Schwarz-Grün-Pink. Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ sind für Wilfried Haslauer kaum eine Option für eine Regierungspartnerschaft. Zwischen dem 66-jährigen Landeshauptmann und der 30-jährigen Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek oder dem 35-jährigen SPÖLandesparteivorsitzenden David Egger liegt nicht nur ein Altersunterschied. Der Zugang zu Politik von SPÖ und FPÖ, der mehr das Bauchgefühl bedient, ist nicht die Sache des umsichtigen und staatstragenden Landesparteiobmanns der ÖVP.
Etwas aufmischen könnte die festgefahrene Salzburger Politlandschaft im kommenden Jahr ein Newcomer: Die MFG hat angekündigt,
bei der Landtagswahlen antreten zu wollen. Die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Landesparlament ist nicht unerreichbar – besonders dann, wenn eine neue Coronawelle im kommenden Winter wieder strengere Maßnahmen erfordern könnte.
Die impfkritische Konkurrenz war mit ein Grund, warum die Vorverlegung der Wahl in den Herbst kolportiert wurde. Eine Überlegung, die angesichts des Zustands der Bundes-ÖVP wieder verworfen wurde.
Kein Rückenwind aus Wien
Auf Rückenwind aus Wien kann Haslauer nicht hoffen – beim kommenden Urnengang muss er mit eigenen Leistungen überzeugen. Zumindest auf den derzeit im ganzen Land zu sehenden Plakaten hat er damit schon angefangen: Die ÖVP listet akribisch die erledigten Punkte aus dem Regierungsprogramm auf. Von 292 Vorhaben wurden 168 erledigt, 106 sind in Bearbeitung. Ob das reicht, werden die Wähler im kommenden Mai entscheiden.