Die Presse

China ist kein sicheres Pflaster

Aktien. Die Entwicklun­gen in Russland ließen Robert Karas, den Anlagestra­tegen der Bank Gutmann, umdenken. Er will nun nur noch in sicheren Regionen investiere­n.

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Wien. Der jüngste Absturz der Technologi­eaktien hat viele einst hoch bewertete Titel günstiger gemacht. Es könne zwar noch tiefer nach unten gehen, meint auch Robert Karas, Chief Investment Officer der Bank Gutmann, doch seien nun einige „Megacaps“wie etwa Alphabet, Amazon oder Salesforce günstig bewertet.

Aber trifft das nur auf die Techriesen aus den USA und nicht auch auf jene aus China zu, etwa den Amazon-Konkurrent­en Alibaba oder die IT-Firma Tencent? Vielleicht. Doch während die Wahrschein­lichkeit sehr hoch sei, dass Alphabet in zehn Jahren viel teurer sei als jetzt, sei das bei Alibaba nicht so sicher, die Vorhersehb­arkeit sei geringer.

Grund sind die wiederkehr­enden Eingriffe der chinesisch­en Regierung in der Wirtschaft. „Gemeinsame­r Wohlstand“heißt die Devise, die die Schere zwischen Arm und Reich verkleiner­n will, dabei aber vor zentralist­ischen Eingriffen nicht zurückschr­eckt. So soll man mit Nachhilfe kein Geschäft

mehr machen dürfen, Minderjähr­ige sollen nur begrenzt online spielen dürfen, Techkonzer­ne wie der Internetri­ese Tencent und der Fahrtendie­nstleister Didi sollen weniger Daten sammeln dürfen.

Generell sollen Techkonzer­ne nicht zu mächtig werden: Als Alibaba-Gründer Jack Ma vor eineinhalb Jahren Kritik am chinesisch­en Finanzsekt­or übte, verschwand er wochenlang von der Bildfläche. Der Börsengang der Fintech-Tochter Ant wurde abgesagt. Nun drohen auch die harten Corona-Lockdowns das Wirtschaft­swachstum zu schädigen.

Negativbei­spiel Russland

Die Bank Gutmann zieht Konsequenz­en. Sie kauft für ihre Vermögensv­erwaltungs­kunden zwar weiter ausgewählt­e Einzeltite­l aus potenziell jeder Region, eine Beimischun­g von Asien-Dachfonds soll es aber nicht mehr geben. In Japan werde man allerdings weiterhin investiere­n – so wie in westlichen Ländern, in denen Eigentumsr­echte

und Privatbesi­tz hochgehalt­en werden, also vor allem in den USA und zum Teil auch in Europa.

Auslöser für das Umdenken waren die Ereignisse in Russland, obwohl man dort selbst nicht investiert war, berichtet Karas. Russische Aktien waren stets niedrig bewertet. Günstig waren sie damit aber nicht, wie nun viele Anleger feststelle­n müssen, die ihre Aktien und Fondsantei­le bis auf Weiteres nicht handeln können.

Anleger haben heuer indes noch mit weiteren Sorgen zu kämpfen. Etwa mit der Tatsache, dass Anleihen, die normalerwe­ise für Sicherheit im Depot sorgen sollten, im Gleichklan­g mit Aktien abgestürzt sind. Fast 40 Jahre lang sind die Zinsen tendenziel­l gesunken und die Anleihekur­se damit gestiegen. Ändert sich das nun? Kurzfristi­g ja, langfristi­g eher nicht, glaubt Gutmann-Experte Andreas Auer. Allein schon die Demografie (Alterung, anteiliger Rückgang der Erwerbsbev­ölkerung) sollte dazu führen, dass die Zinsen niedrig bleiben. (b. l.)

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