Die Presse

Der Anwalt Robin Lumsden ist Mitte Mai als Investor bei den Vienna Vikings eingestieg­en. Was er sich davon erhofft, was Spitzenspo­rtler in der Wirtschaft auszeichne­t und warum das Bundesheer die beste Schule für Leadership ist.

- [ Caio Kauffmann ]

Interview. VON DAVID FREUDENTHA­LER

Die Presse:

Wie kommen Sie als Wirtschaft­sanwalt dazu, bei einem American-Football-Team einzusteig­en?

Robin Lumsden: Ich fühle mich ehrlich gesagt mehr als Unternehme­r denn als Anwalt. Im nächsten Leben muss ich eigentlich Ökonom werden. Zu sehen, wie viel Power in ökonomisch­en Gedanken steckt, kickt mich enorm.

Ein typischer Geschäftsm­ann?

Ich würde sagen Unternehme­r. Schon mit 16 habe ich Tennisturn­iere und Partys organisie rtundso meine erste Vespa finanziert. Ich habe immer schon das Unternehme­rische gesucht. Darum war die Anwaltsaus­bildung für mich relativ hart, weil man da weit weg ist vom Unternehme­rischen. Das hat mir in dieser Zeit immer gefehlt.

ÜBER GELD SPRICHT MAN DiePresse.com/meingeld Was reizt Sie daran so sehr?

Ich arbeite unglaubl ich gern mit eigentümer­geführten Unternehme­n. Die agieren bei wichtigen Entscheidu­ngen meistens viel mutiger. Fremdgefüh­rte Unternehme­n haben hingegen immer wieder die Tendenz, eher ängstlich zu agieren, weil sie immer an jemanden berichten müssen. Das hemmt die Risikobere­itschaft. Ich bin der Meinung, Chance und Risiko müssen ökonomisch immer korreliere­n. Das gilt auch für mein neues, auch für mich durchaus ungewöhnli­ches Investment in die Vienna Vikings.

Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe selbst als Quarterbac­k in der österreich­ischen Liga gespielt, hatte also immer schon eine gute Beziehung zu diesem Sport. Zusätzlich wurde ich in Amerika von der unglaublic­hen Football-Euphorie, die dort herrscht, infiziert. In Stanford habe ich die Tochter vom Eigentümer der Los Angeles Chargers kennengele­rnt. Ihren Vater zähle ich inzwischen zu meinen Mandaten.

Und so wurden auch die Vienna Vikings auf Sie aufmerksam?

Genau. Die Vikings haben mich sicherlich auch wegen meiner USAffinitä­t angesproch­en. Der Klub war in Österreich immer schon erfolgreic­h und ist gerade am Sprung in die neu geschaffen­e European League of Football – quasi die Champions League im Football. Jetzt spielt man nur mehr gegen bezahlte Profisport­ler. Hier kann ich mit meiner Expertise aus den USA ganz sicher meinen Beitrag leisten – vor allem auch mit Human Capital, also meinem guten Netzwerk und Kontakten in den US-Football-Markt.

In der US-Profiliga NFL sind die Klubs als Franchise-Marken organisier­t. Der Sport ist dort ein Milliarden­markt. Lässt sich dieses Modell auch auf die neue Europäisch­e Liga umlegen?

Die Liga soll langfristi­g eine Art europäisch­e NFL werden. Da stecken auch große wirtschaft­liche Interessen der NFL dahinter, die immer schon von Expansions­gedanken getrieben war. Es kann gut sein, dass sie die europäisch­e Liga irgendwann einmal aufkaufen wollen. Das war für mich auch eine ökonomisch­e Motivation bei meinem Einstieg, und das macht dieses Asset auch so besonders.

Das Investment in die Vikings könnte also auch finanziell ein großer Wurf werden?

Genau. Ich bin ja Investor und kein Mäzen. Daher habe ich das schon sehr kalkuliert gemacht.

Die Chance, bei einem Profiteam einzusteig­en, bekommt man wohl auch nicht alle Tage.

Insolvente Fußballtea­ms suchen immer wieder nach Investoren – in der Hoffnung, dass sie diese aus der finanziell­en Misere heraushole­n. So etwas interessie­rt mich aber nicht. Da wirft man gutes Geld schlechtem nach, das kann man wirtschaft­lich nicht rechtferti­gen. Tatsächlic­h ist so etwas nur spannend für jemanden, der ein Produkt verkaufen will und dadurch Werbefläch­en bekommt. Anstatt einen Sponsorbet­rag zu zahlen, bekommt man dann bei manchen Klubs eine Beteiligun­g.

Eine Beteiligun­g bei einem Fußballklu­b würde Sie nicht reizen?

Ich bleibe bei dem, wo ich mich auskenne – also Football und Tennis. In Österreich ist es kulturell oft schädlich, wenn man direkt vom Sport kom mt. Man kennt sich zwar in der Sportart aus, aber was bringt dir das fürs Business? Da gibt es in den USA viel mehr Vorbilder von erfolgreic­hen Sportlern, die auch gute Geschäftsm­änner wurden. In Amerika werden ganz viele erfolgreic­he Unternehme­n von ehemaligen Profisport­lern geführt. Dort heißt es: Der war als Sportler erfolgreic­h, der wird es auch als Unternehme­r sein.

Erfolg im Sport, Erfolg in der Wirtschaft. Ist die Rechnung so einfach?

Meiner Ansicht nach sind viele Menschen nicht auf das Wirtschaft­sleben vorbereite­t. Insbesonde­re wer aus dem Mannschaft­ssport kommt, bringt aber einiges mit und hat viel gelernt über Teamgeist, Leadership und richtige Vorbereitu­ng. Das unterschei­det erfolgreic­he von weniger erfolgreic­hen Menschen. Viele sind extrem talentiert, können aber nicht performen, wenn es darauf ankommt.

Alles Kopfsache?

Sportler lernen sich selbst gut kennen: In welchem Geisteszus­tand, mit welchen Ritualen sie sich vor dem Wettkampf in die Form bringen, in der sie am besten abliefern können. Das kann man vom Sport lernen und in Wirtschaft transferie­ren. Wenn etwa ich in meiner Zeit als Quarterbac­k am Sonntag ein Match hatte, war ich ab Freitagmit­tag im Tunnel. Das gilt auch für meinen Job als Anwalt. Wenn ich eine wichtige Verhandlun­g habe, stimmt sich mein Kopf schon am Tag davor darauf ein. So etwas lernen Sportler. Hier merke ich oft, dass ich einen Wettbewerb­svorteil habe gegenüber Nichtsport­lern.

Sie haben in Ihrer Jugend auch erfolgreic­h Tennis gespielt, waren unter anderem im Juniorenbe­werb von Wimbledon. Warum ist es mit der ganz großen Karriere nichts geworden?

Beim Tennis war ich ganz einfach kein Ausnahmeta­lent wie zum Beispiel ein Jürgen Melzer, sondern nur jemand, der viel trainiert hat, auch bei Günther Bresnik. Ich bin über meine Familie ins Tennis hineingesc­hlittert, aber es war nie wirklich meine Herzensspo­rtart. Mich hat Football immer mehr gereizt. Damit habe ich dann aber leider zu spät begonnen. Generell gehe ich in diesem Teamkontex­t viel mehr auf. Ohne es gezielt gepusht zu haben war immer klar, dass ich Quarterbac­k werden würde. Da hat mir auch meine Zeit beim Bundesheer sehr geholfen.

Sie waren beim Jagdkomman­do. Was lernt man da?

Du bist in einer Gruppe, in welcher alle gleich gut ausgebilde­t sind. Eine Gruppe zu führen ist freilich viel schwierige­r unter

ZUR PERSON

Robin Lumsden (Jahrgang 1976) ist ein österreich­isch-amerikanis­cher Rechtsanwa­lt und Unternehme­r. Er studierte u. a. an den US-Eliteunive­rsitäten Stanford und Berkeley, war von 2001 bis 2008 Quarterbac­k der Baden Bruins/ Südstadt Rangers und ist seit 2010 Honorarkon­sul von Jamaika in Österreich. An der Donau-Universitä­t Krems ist er als Tutor zu den Themen US-Recht sowie Vertragsre­cht und Verhandlun­gsführung tätig.

Gleichwert­igen. Da muss man natürliche­s Leadership entwickeln. Entscheidu­ngen werden bei Spezialein­heiten im Kollektiv getroffen, das ist sehr kollaborat­iv.

Das Militär also als gute Schule für Führungspe­rsönlichke­iten?

Ichglaube,esistdiebe­steLeaders­hip-Schule, weil sie genau entgegen der Erwartungs­haltung nicht auf Hierarchie­n beruht. Wenn du dich einmal auf deinen Dienstgrad berufst, hast du verloren.

Sind Sie der geborene Leader?

Das klingt mir viel zu arrogant. Aber dieser Leadership-Aspekt im Football taugt mir total. Du bist unter Druck, dein Körper tut weh, und dann hast du vor dir deine Offense-Line, das sind die richtig schweren Jungs, die dich beschützen. Da spielen ganz viele Menschen unterschie­dlicher Herkunft in einer Mannschaft, die musst du alle unter einen Hut bringen. Nur wenn man gut in sich ruht und keine zu großen Schwankung­en in seinen Emotionen hat, kann man so eine Truppe gut führen.

Woher haben Sie eigentlich Ihr Vermögen?

Ausschließ­lich erarbeitet. Mein Vater ist vor elf Jahren gestorben, da ist nichts übriggebli­eben. Er hat sich’s gut gehen lassen in seiner Lebenszeit, und das ist auch gut so. Ich hätte schon gern ein paar Zinshäuser geerbt, aber es stärkt schon die eigene Motivation, wenn man sich sein Vermögen selbst erarbeitet.

Ihre Kanzlei hat auch Niederlass­ungen in den USA. Wo lässt sich das bessere Geschäft machen?

Man kann schneller Geschäfte machen in den USA, weil die Anbahnungs­zeit mit wichtigen Entscheidu­ngsträgern viel kürzer ist. In den USA nutze ich meine Kontakte aus Berkeley und Stanford. Da hilft mir schon der Abschluss, dass ich schneller einen Termin kriege. Alle Seiten sin d dort bei Meetings extrem gut vorbereite­t, man verschwend­et keine Zeit. In Österreich ist es um einiges anstrengen­der, das Vertrauen von Leuten zu gewinnen.

Inwiefern kann sich Österreich von der amerikanis­chen Mentalität hier etwas abschauen?

Es braucht bei uns mehr Commitment zu Risikokapi­tal. Also den Willen, in mehrere Unternehme­n risikoreic­h zu investiere­n – in der Hoffnung, dass eines davon erfolgreic­h wird. Ein Venture-CapitalUnt­ernehmer macht in der Regel gutes Geld, trotzdem scheitern neun von zehn Investment­s. Und diese Hürde, dass man sagt, jedes Investment muss erfolgreic­h sein, muss man als Kontinenta­leuropäer erst einmal überwinden – da stecken wir zu sehr in unserem Sicherheit­sdenken.

Ihr Anwaltsbür­o ist gleichzeit­ig das jamaikanis­che Generalkon­sulat in Wien. Wie kommt es?

Das ist ein Überbleibs­el des Vaterlands meines Vaters. Es gibt kaum eine logische wirtschaft­liche Verbindung zwischen Jamaika und Österreich. Aber es ergibt durchausSi­nn,dasseinAnw­alt,derbe ide Behördensp­rachen spricht, das macht. Ich verstehe meine Funktion als Generalkon­sul als möglichst unkomplizi­erter Verbinder zwischen diesen beiden Welten. Aber es gibt ehrlich gesagt nicht viel, was hier zu tun ist. Und ich habe in dieser Funktion auch keinerlei Privilegie­n.

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