Schleppende Stärkung der Verbraucherrechte
Österreichischer Juristentag (ÖJT). Diese Woche trifft sich Österreichs juristische Fachwelt in Wien. Die Abteilung Zivilrecht beschäftigt sich mit Rechtsdurchsetzung.
Wien. Vorige Woche hätte es so weit sein sollen: Ab 28. Mai hätte die sogenannte „Omnibus-Richtlinie“nicht nur in österreichisches Recht umgesetzt, sondern auch hierzulande anwendbar sein sollen. Es geht dabei nicht etwa um neue Regeln für Massenverkehrsmittel, sondern um ein Bündel an Maßnahmen, mit denen Verbraucherrechte in der gesamten EU gestärkt werden sollten. Doch von einem beschlossenen Gesetz ist in Österreich noch keine Spur, geschweige denn von seiner Anwendung.
Ob und wie die Re chtsdurchsetzung im Verbraucherrecht verbessert werden soll, darüber wird in der „Abteilung Zivilrecht“des 21. Österreichischen Juristentags (ÖJT) beraten werden. Er beginnt übermorgen, Mittwoch, seinerseits mit (coronabedingter) einjähriger Verspätung an der Uni Wien.
Die „Durchsetzungs- und Modernisierungsrichtlinie“, so der offizielle Name des unter OmnibusRichtlinie gehandelten Regelwerks, setzt unter anderem auf verstärkte
Information der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie sollen etwa vor einer Irreführung durch irreale UVP-Preise, auch „Mondpreise“genannt, geschützt werden. Zu diesem Zweck sollen Händler verpflichtet werden, in allen Werbungen neben dem Statt-Preis den realen alten Preis anzugeben, konkret den niedrigsten der vorigen 30 Tage. Auch dem Kundenfang mit FakeRezensionen wird der Kampf angesagt: Werbende sollen gezwungen werden offenzulegen, wie sie sicherstellen, dass veröffentlichte Bewertungen wirklich von Käufern und Produkttesterinnen stammen.
„Massive Gefahren“
Für Christiane Wendehorst, Professorin für Zivilrecht an der Universität Wien, könnten solche Hinweise allerdings mitunter zu kurz greifen. In ihrem Gutachten für den ÖJT über materiellrechtliche Aspekte der Rechtsdurchsetzung im Verbraucherrecht vertritt sie die Meinung, dass etwa im Onlinehandel eine bloße Informationspflicht nicht den „massiven Gefahren“gerecht werde, die von (verkappt) personalisierten Preisen und ähnlichen Mechanismen der Individualisierung ausgingen. Der Gesetzgeber sollte deshalb die Spielräume des EU-Rechts nützen und für Betreiber von Online-Marktplätzen verschiedene weitergehende Pflichten vorsehen.
Andreas Geroldinger, Professor für Zivilrecht an der JKU Linz, steuert mit seinem ÖJT-Gutachten den verfahrensrechtlichen Teil zur Rechtsdurchsetzung bei. Geroldinger zeigt sich erfreut, dass die EU mit ihrer Verbandsklage-Richtlinie (bis 25. 12. 2022 umzusetzen, Anwendbarkeit ab 25. 6. 2023) aus österreichischer Sicht einen „Meilenstein“setzt: „Dem europäischen Gesetzgeber kommt nämlich der unschätzbare Verdienst zu, Österreich aus einem jahrzehntelangen Pattzustand im Bereich des kollektiven Rechtsschutzes zu erlösen“, schreibt Geroldinger.
Dem Vernehmen nach steht der türkise Koalitionspartner allerdings auf der Bremse, um eine allzu ambitionierte Umsetzung der Verbandsklage durch das grüne Justizministerium zu verhindern.