Schadenersatz. Ein vom Nachbar-Ferrari gestörter Mann marschierte ins Nebenhaus. Ein Mitverschulden daran, dass der Autoliebhaber ihn darauf verletzte, hat er nicht.
Wien. Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Sonntagmorgen zu begehen. Ein Mann im Burgenland entschied sich dafür, die Umgebung um neun Uhr Früh von seinem Ferrari wissen zu lassen. Er startete das Fahrzeug auf seinem Grundstück und ließ den Motor im Stand laufen.
Das kam beim Nachbarn aber gar nicht so gut an. Er läutete beim Sportwagen-Fan. Und als dessen erwachsene Tochter die Haustür einen Spalt öffnete, drückte er diese auf, ging zielstrebig zur Garage und stellte den Störefried zur Rede. Worauf der Ferrari-Fan rot sah, den Nachbarn angriff und verletzte. Juristisch interessant wurde die Geschichte aber durch den darauffolgenden Prozess um Schadenersatz. Ging es doch um die Frage, ob sich der Verletzte wegen des ungebetenen Besuchs am Nachbargrundstück ein Mitverschulden anrechnen lassen muss. Und hier waren die Gerichte durchwegs unterschiedlicher Meinung.
Das Bezirksgericht Neusiedl am See befand, dass der FerrariFreund dem Verletzten vollen Schadenersatz leisten müsse. Denn so, wie es der Sportwagenfahrer getan habe, dürfe man sich gegen einen bloßen Besitzstörer doch nicht verhalten.
Derben Worten folgt Gewalt
Der in seiner Ruhe gestörte Nachbar war an jenem Tag sehr aufgebracht gewesen. Er erklärte dem Ferrari-Eigentümer, dass man so nicht schlafen könne. Und der Nachbar drohte damit, die Polizei anzurufen und eine Anzeige zu machen, wenn diese Ruhestörung so weitergehe.
Der Sportwagen-Fan war aber sichtlich kein Freund des großen rhetorischen Austauschs: „Was willst du, du Trottel, ich bring’ dich um!“, entgegnete er. Darauf versetzte er seinem Nachbarn einen Stoß, der dazu führte, dass dieser zu Sturz kam. Als dieser − am Arm verletzt − wieder aufgestanden war und gehen wollte, legte der MotorRowdy noch einmal nach und stieß seinen Kontrahenten gegen eine Wand.
Das Landesgericht Eisenstadt befand aber, dass der Verletzte zu einem Drittel selbst mitschuldig an seinem Leid sei und kürzte dementsprechend das Schmerzengeld. Denn der Nachbar habe durch sein Auftreten und das ungerechtfertigte Eintreten ins fremde Haus den Ferrari-Liebhaber provoziert.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) aber wiederum befand, dass man hier von keiner Provokation sprechen dürfe. Schließlich habe sich der vom Motorlärm gestörte Nachbar weder besonders aggressiv noch beleidigend verhalten. Er habe dem Ferrari-Fan auch nichts Schlimmes angedroht, sondern nur, die Polizei einzuschalten. Umgekehrt sei die Reaktion des Sportwagenfreundes, der den Nachbarn beschimpfte und verletzte, völ lig unangemessen gewesen, meinten die Höchstrichter.
Der OGH (1 Ob 47/22a) stellte deswegen wieder das Urteil des Erstgerichts her: Der Motoren-Fan mussvol len Schadenersatz leisten.