Mäzene könnten strahlen, wenn sie aktiv mit Erbe umgingen
Am Dienstag eröffnet das Heidi Horten Museum in Wien. Toll. Geredet werden wird aber wieder über die NS-Zeit ihres verstorbenen Mannes.
Frick, Kühne, Stoschek, Horten – jeder Fall ist anders, die Erben verhalten sich ähnlich.
Freier Eintritt für ehemalige Zwangsarbeiter!“, las man auf Plakaten, als man 2004 zur Eröffnung der „Rieckhallen“im Berliner Museum Hamburger Bahnhof ging: Um acht Millionen waren diese von Friedrich Christian Flick errichtet worden, um seine Kunstsammlung dort zu zeigen. Erworben hat er sie mit seinem Erbe, basierend auf dem Reichtum seines Großvaters, der wegen seiner Aktivitäten in der NS-Rüstungsindustrie als Kriegsverbrecher zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. Danach war Friedrich Flick erneut zu einem der reichsten Männer des Landes aufgestiegen.
Dieser „dunklen Seite seiner Familiengeschichte“wollte sein Enkel mit der Öffnung seiner Sammlung „eine helle hinzufügen“. Die Plakate verblassten, die Kritik verstummte; Flick hatte schon im Vorfeld eine Stiftung gegen Rassismus gegründet, die bis heute aktiv ist. Seine Sammlung zog er allerdings 2021 aus Berlin wieder ab, die Rieckhallen sollten abgerissen werden (werden sie jetzt aber doch nicht).
Diese Geschichte ist eine prototypische für den Umgang mit Schuld und Verantwortung der Erben einer Wirtschaftswundergeneration, deren Erfolg – nicht unbedingt deren konfisziertes bzw. kriegsbedingt vernichtetes Vermögen – auf ihrem Erfolg in der NS-Zeit aufbaut. Die persönlichen Netzwerke in Politik und Wirtschaft scheinen auch im Nachkriegsdeutschland ungebrochen funktioniert zu haben. Man konnte je nach nachweisbarer Involvierung und nach Systemrelevanz für die Alliierten neu durchstarten. Die Aufarbeitung der belasteten Unternehmensgeschichten passierte sogar oft erst in den vergangenen Jahren, oft auch nur halbherzig, erzwungen von der Öffentlichkeit, gerade dann, wenn eine moralische „Fallhöhe“erkannt wurde. Sei es bei Firmenjubiläen oder bei Mäzenatentum im Kunst- und Kulturbereich.
Das war so bei Flick. Das war so beim Transportunternehmen „Kühne & Nagel“, dessen Haupteigentümer Klaus-Michael Kühne gern den Klassikbetrieb fördert, jetzt sogar Hamburg
eine neue Oper schenken möchte. Das ist so bei der Berliner Kunstsammlerin Julia Stoschek, deren Großvater Max Brose Zwangsarbeiter für sein Autozulieferunternehmen arbeiten ließ. Das war so bei Helmut Horten, dessen zweite Frau Heidi heute in Wien ihr Privatmuseum eröffnet. Jeder Fall ist anders gelagert. Selten aber wird aktiv, noch seltener weise, klug und empathisch mit dieser Vergangenheit umgegangen, von der besser zu schweigen man schon von Vätern, Großvätern und Ehemännern gelernt hat. So bleibt ein ewiger Makel an diesem bewundernswerten philanthropischen Engagement der Nachgeborenen, das mit gutem Recht stolz und für sich stehend strahlen könnte.