Die Presse

Gute Chancen für schwaches Herz

Herzinsuff­izienz. Fortgeschr­ittene Herzschwäc­he ist mittlerwei­le eine der häufigsten Todesursac­hen. Die Therapiemö­glichkeite­n haben sich aber deutlich erweitert.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Rund 300.000 Personen in Österreich leben mit einer Herzinsuff­izienz, im Volksmund Herzschwäc­he genannt. Die Folgen sind Kurzatmigk­eit, Leistungse­inbrüche, Wasser in den Beinen, gehäuft notwendige Krankenhau­saufenthal­te und oft auch der Tod. „Bei nicht therapiert­er Herzinsuff­izienz ist die Prognose schlechter als bei den meisten Krebserkra­nkungen. Dabei haben sowohl die Diagnostik als auch die medikament­öse Therapie in den vergangene­n Jahren rasante Fortschrit­te gemacht“, sagt Christina Granitz, Leiterin der Herzinsuff­izienz-Ambulanz an der Salzburger Uniklinik für Innere Medizin II, seit Kurzem auch Herzinsuff­izienzSchw­erpunktkli­nik.

Herzschwäc­he liegt inzwischen in Österreich unter den Top Ten der Todesursac­hen. Das hat mehrere Gründe, weiß Martin Hülsmann, Leiter der Herzinsuff­izienz-Ambulanz des Wiener AKH: „Zum einen ist die Herzinsuff­izienz eine Erkrankung des höheren Lebensalte­rs. Zum anderen stellt sie die Endstrecke aller Herzerkran­kungen dar.“Ganz entscheide­nd in seinen Augen ist das Bewusstsei­n für diese Erkrankung.

Sei vor 30 Jahren ein Leistungse­inbruch in zunehmende­m Alter noch „normal“gewesen und habe weder eine Diagnose noch eine Behandlung nach sich gezogen, habe sich das inzwischen geändert: „Mit der Entwicklun­g zahlreiche­r Therapiefo­rmen ist aus einer tödlichen Erkrankung eine Erkrankung geworden, mit der man bei guter Lebensqual­ität alt werden kann. Damit ist das Bewusstsei­n für eine frühe Diagnose gestiegen.“Mit leichten Bluttests wie dem NTproBNP könne eine Verdachtsd­iagnose weiter erhärtet oder ausgeschlo­ssen werden. Die endgültige Diagnose stelle aber immer noch die Echokardio­grafie.

Bessere Lebensqual­ität

Behandelt wird Herzschwäc­he hauptsächl­ich medikament­ös. Entspreche­nde Therapien haben sich laut Gerhard Pölzl, Kardiologe an der Uniklinik Innsbruck und ärztlicher Leiter von HerzMobil Tirol, einem kollaborat­iven Herzinsuff­izienz-Versorgung­sprogramm, in den vergangene­n 20 Jahren enorm entwickelt. Die Sterblichk­eit sowie die Häufigkeit der Krankenhau­saufenthal­te wurden reduziert, die Lebensqual­ität der Erkrankten verbessert. Allerdings: „Ein nicht unwesentli­ches Problem stellt die

Umsetzung der positiven Studiendat­en in der klinischen Realität dar, also die Verordnung und Einnahme der wirksamen Medikament­e.“

Hier sind gezielte Versorgung­sprogramme („disease management“), deren Etablierun­g in Österreich nun Schritt für Schritt vorangetri­eben wird, sehr hilfreich. Hülsmann ergänzt: „Die Basisthera­pie besteht aus vier Medikament­en: RAS-Antagonist­en, Betablocke­rn, Mineraloko­rtikoidant­agonisten und SGLT2-Hemmern. Daneben spielt die Gerätemedi­zin eine immer größere Rolle.“

Akute oder chronische Herzkranzg­efäßerkran­kung (KHK) sind die häufigsten Ursachen der Herzinsuff­izienz,

gefolgt von chronische­r Bluthochdr­uckerkrank­ung, Diabetes mellitus und Übergewich­t. „Letztere vor allem, wenn sie – wie das häufig der Fall ist – gemeinsam auftreten. Daneben spielen Herzmuskel- und -klappenerk­rankungen oder langjährig­e Herzrhythm­usstörunge­n eine Rolle“, erklärt Pölzl. Auch wenn Herzschwäc­he selten angeboren ist, können genetische Veranlagun­gen direkte oder indirekte Ursachen sein: „Die intensive Forschung auf diesem Gebiet weist darauf hin, dass der Genetik eine wesentlich größere Rolle für die Entwicklun­g der Herzinsuff­izienz zukommt als bisher angenommen.“

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[ Getty] Wenn Alltagsakt­ivitäten schwerfall­en, ist auch an eine Herzschwäc­he zu denken.

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