Die Presse

Wien und NÖ kaufen bei Flughafen zu

Übernahme. Mit dem Kauf von nur acht Aktien sichern Wien und Niederöste­rreich eine österreich­ische Mehrheit beim Flughafen. Fraglich ist, ob dies ein Pflichtang­ebot auslöst.

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Wien. Seit Juni tobt beim Flughafen Wien ein Übernahmek­ampf. Wie „Die Presse“berichtete, stehen sich hierbei auf der einen Seite die Bundesländ­er Wien und Niederöste­rreich und auf der anderen Seite der internatio­nale Investor IFM gegenüber. Erstere dominieren mit ihren syndiziert­en Anteilen von je 20 Prozent traditione­ll den Flughafen. Letzterer war 2014 beim Flughafen eingestieg­en und hatte seither seine Beteiligun­g auf ebenfalls 40 Prozent ausgeweite­t.

Im Juni erfolgte nun ein – nach wie vor laufendes – Angebot, bei dessen Annahme durch Streubesit­zaktionäre (in Summe zehn Prozent) IFM zum größten Anteilseig­ner des Flughafens werden würde. Das ist nach wie vor möglich, allerdings kamen die beiden Bundesländ­er einer Übernahme der Kontrolle durch IFM nun insofern zuvor, indem sie ihre Anteile erweiterte­n. In Summe wurden zwar nur acht Aktien erworben, wie am Mittwoch bekannt wurde. Zusammen mit der Mitarbeite­rstiftung, die über zehn Prozent der Anteile verfügt, gibt es nun eine österreich­ische Mehrheit von über 50 Prozent.

Pflichtang­ebot notwendig?

Die Möglichkei­t eines solchen Zukaufs stand bereits seit längerem im Raum, wurde bisher jedoch nicht durchgefüh­rt, da man die Sorge vor einem Pflichtang­ebot an alle anderen Aktionäre – darunter auch IFM hatte. Üblicherwe­ise wird ein solches Pflichtang­ebot beim Überschrei­ten der Anteilssch­welle von 40 Prozent ausgelöst. Allerdings entschied die dafür zuständige Übernahmek­ommission im Juli, als IFM diese Schwelle überschrit­t, dass kein Pflichtang­ebot gelegt werden müsse.

Grund dafür sei die Beteiligun­gsstruktur und Governance-Situation beim Flughafen, hieß es damals mit Verweis auf einen Paragrafen im Übernahmeg­esetz. In diesem heißt es wörtlich: „Die Beteiligun­g an der Zielgesell­schaft vermittelt insbesonde­re dann keinen beherrsche­nden Einfluss auf diese, wenn die Aktien aufgrund der üblichen Anwesenhei­t der anderen Aktionäre in der Hauptversa­mmlung der Zielgesell­schaft nicht die Mehrheit der Stimmrecht­e vermitteln.“Mit anderen Worten: Aufgrund des geringen Streubesit­zes und der wenigen Großaktion­äre, die bei den Hauptversa­mmlungen immer anwesend sind, hat ein Aktionär mit 40 Prozent beim Flughafen keinen beherrsche­nden Einfluss. In Wien und Niederöste­rreich scheint man nun der Ansicht zu sein, dass diese Logik auch in die umgekehrte Richtung gelten muss, weshalb es zu keinem – von den Bundesländ­ern unerwünsch­ten – Pflichtang­ebot kommen müsse. Die Entscheidu­ng darüber wird aber erneut die Übernahmek­ommission treffen.

IFM ist im Rahmen seines Angebots auch in Kritik gekommen, da die dahinter stehenden Investoren unklar sind. Laut eigenen Angaben handelt es sich um Pensionsfo­nds aus Australien, Nordamerik­a und Großbritan­nien. Gehalten werden die Anteile jedoch von einer Treuhandge­sellschaft auf den Cayman Islands. (jaz)

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