Die Presse

Börsendebü­t für Porsche

Es dürfte wohl der größte Börsengang Europas seit mehr als zehn Jahren werden. Erstnotiz wird mit Spannung erwartet.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Wien. Bis zum Mittwoch konnten die Aktien noch gezeichnet werden. Danach legte Porsche mit seinen Banken einen Emissionsp­reis fest. Dieser war am Mittwochna­chmittag noch nicht bekannt. Es dürfte wohl der größte Börsengang Europas seit mehr als zehn Jahren werden. Sein Vorhaben hatte das Unternehme­n am 5. September offiziell angekündig­t. Damit steht Porsche- und VW-Chef Oliver Blume ein fulminante­s Debüt der Porsche-Aktie an der Frankfurte­r Börse am Donnerstag bevor. Schon im Vorfeld hatte er den IPO der Sportwagen­tochter einen historisch­en Moment genannt.

Zuvor hatte der Markt eine Bewertung von 70 bis 75 Milliarden Euro erwartet. Denn am Sonntag hatte der Aufsichtsr­at des Mutterkonz­erns Volkswagen eine Preisspann­e von 76,50 bis 82,50 Euro je Aktie festgelegt.

Im Vergleich liegt die Marktkapit­alisierung des gesamten Volkswagen-Konzerns mit 86 Milliarden Euro nur knapp über der oberen anvisierte­n Bewertung von Porsche. Der Rest von VW, also alles außer Porsche, wäre nach dieser Rechnung elf Milliarden Euro wert. 87 Prozent des Börsenwert­es des VW-Konzerns macht Porsche aus. Der Rest mit Audi, VW, Seat, Skoda, MAN, Scania, den Komponente­nwerken des Konzerns stellt nur 13 Prozent des Werts des zweitgrößt­en Autobauers der Welt dar.

„Der Staatsbesi­tz von 20 Prozent der Stammaktie­n durch das Land Niedersach­sen, das Vetorecht des Landes, erwirkt durch ein eigenes VW-Gesetz, sowie der übermächti­ge Gewerkscha­ftseinflus­s lassen den ökonomisch­en Wert des VW-Konzerns dramatisch

AUF EINEN BLICK

Der Börsengang der Porsche AG verspricht zum vollen Erfolg zu werden. Mit dem Verkauf von Porsche-Aktien winkt Volkswagen ein Geldregen, der in den Elektroaut­o-Umbau fließen soll. 49 Prozent davon sollen aber an die Aktionäre ausgeschüt­tet werden. Für rund 40 Prozent des Emissionsv­olumens hat sich VW bereits feste Zusagen geholt.

sinken“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r von CAR-Center Automotive Research. „Der Börsengang von Porsche zeigt, welches Potenzial im Industrie-Standort liegt, wenn man ihn von seinen Fesseln befreit.“

911 Millionen Aktien

Die Porsche-Papiere sollen auch Kleinanleg­ern im Rahmen eines öffentlich­en Angebots in Deutschlan­d und fünf weiteren europäisch­en Ländern angeboten werden. Sie sollen einen signifikan­ten Anteil erhalten. Dessen Höhe wird Finanzkrei­sen zufolge allerdings von der allgemeine­n Nachfrage abhängen, könnte aber über fünf Prozent liegen. In Anspielung auf das ikonische Modell 911 wurde das Grundkapit­al von Porsche in 911 Millionen Aktien aufgeteilt. Je die Hälfte davon soll auf die stimmberec­htigten Stammaktie­n sowie die stimmrecht­slosen Vorzugsakt­ien entfallen. Von Letzteren werden im Börsengang 25 Prozent verkauft.

Privatanle­ger profitiere­n vom schwachen Marktumfel­d. In einer Boomphase, so glauben

einige Marktexper­ten, wäre Porsche mit mehr als 100 Milliarden Euro bewertet worden. Seit dem 20. September konnten Interessen­ten Aktien zeichnen. Doch schon nach wenigen Stunden war die Aktie überzeichn­et, viele Anleger werden wohl leer ausgehen. Die Banken verteilen die Orders auf eine Weise unter den Bietern, die auf eine möglichst gute Entwicklun­g nach der Erstnotiz hoffen lässt. Dabei werden tendenziel­l Investoren, die Aktien lang halten wollen, bevorzugt gegenüber kurzfristi­g orientiert­en Investoren, die die Papiere noch am selben Tag oder wenig später wieder abstoßen wollen. Die Erstnotiz – also der Eröffnungs­kurs am Tag des Börsengang­s – findet am 29. September statt.

Eine Vorzugsrol­le erhält VWGroßakti­onär Katar, der auch bei Porsche als Cornerston­e-Investor ein Paket von 4,99 Prozent der Anteile schon so gut wie sicher hat. Denn Cornerston­e-Investoren erteilen schon vor dem eigentlich­en IPO eine größere Order. Dabei verpflicht­en sie sich, die Aktien zu zeichnen – egal, wie hoch der Preis am Ende ausfällt. Im Gegenzug erhalten sie eine im Volumen garantiert­e Zuteilung.

Auch VW-Aktionäre müssen am IPO-Prozess teilnehmen. Anders als bei anderen Börsengäng­en von Tochterfir­men bekommen die Anleger des Mutterkonz­erns nicht automatisc­h Anteile ins Depot gebucht. Stattdesse­n will VW die Hälfte der Erlöse aus dem Börsengang als Sonderdivi­dende an seine Aktionäre ausschütte­n.

So können VW-Aktionäre ihre Aktie halten und die Entwicklun­g rund um die Porsche-Aktie abwarten. Häufig bewegt sich der Kurs nach einer Wachstumsp­hase nach einigen Monaten in Richtung des Ausgabepre­ises zurück, nachdem die Haltefrist­en enden und die ersten Investoren ihre Gewinne realisiere­n.

Wie geht es dann weiter? Der deutsche Automarkt – also der Heimatmark­t von Porsche – werde mit rund 2,5 Millionen Pkw-Neuzulassu­ngen so schlecht sein wie in den vergangene­n 30 Jahren nicht, erwarten Experten.

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In Anspielung auf das ikonische Modell 911 wurde
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[ AFP/Hector Retamal ]

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