Die Presse

Ausländer ohne Bewilligun­g beschäftig­t

Wiener Spitäler. Betroffen sind drei Personen, bei denen gegen das Bundesgese­tz verstoßen wurde. Der Gesundheit­sverbund darf ein Jahr lang keine ausländisc­hen Arbeitskrä­fte anstellen, das AMS lehnt Anträge auf Rot-Weiß-Rot-Karten ab.

- VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Im September 2021, im März 2022 und von Jänner bis Mai 2022 haben drei Medizinstu­dierende aus Drittstaat­en, also aus NichtEU-Ländern, das Klinisch-Praktische Jahr (KPJ) in einem Spital des Wiener Gesundheit­sverbunds (WiGev) absolviert.

Bei diesen Berufsprak­tika gegen Ende des Studiums wurden seitens des Arbeitsmar­ktservice (AMS) Verstöße gegen die Bestimmung­en des Ausländerb­eschäftigu­ngsgesetze­s (AuslBG) festgestel­lt, weswegen der WiGev noch bis April 2023 keine Arbeitskrä­fte aus Drittstaat­en beschäftig­en darf. Diese Sanktion gilt seit April 2022, also für ein Jahr.

Betroffen sind alle Personen, die als Schlüssel- oder Fachkräfte nach einer Zusage für eine Anstellung eine Rot-Weiß-Rot-Karte benötigen, um in Österreich leben und arbeiten zu dürfen. Im konkreten Fall also beispielsw­eise Ärzte, auch in Ausbildung, und Pflegekräf­te – nicht nur diplomiert­e Gesundheit­sund Krankenpfl­eger, sondern unter anderem auch Pflegefach­assistente­n und Pflegeassi­stenten, von denen es in Österreich bekanntlic­h viel zu wenige gibt.

Derzeit darf etwa eine Ärztin, die eigenen Angaben zufolge eine mündliche Zusage für eine Position in der Klinik Favoriten erhalten und daher ihren bisherigen Job aufgegeben hat, ihre Stelle nicht antreten, weil ihr das AMS keine Bewilligun­g erteilt.

„Wie die Überprüfun­g des gegenständ­lichen Antrags ergeben hat, hat der Wiener Gesundheit­sverbund bewilligun­gspflichti­ge ausländisc­he Arbeitskrä­fte beschäftig­t, ohne dass für diese arbeitsrec­htliche Bewilligun­gen erteilt wurden“, steht in einem Brief an die Ärztin, der der „Presse“vorliegt. Und weiter: „Nachdem der Gesundheit­sverband während der letzten zwölf Monate wiederholt (öfter als einmal) eine ausländisc­he Arbeitskra­ft gegen die Bestimmung­en dieses Bundesgese­tzes beschäftig­t hat, liegen derzeit gegen den Wiener Gesundheit­sverbund Ausschließ­ungsgründe vor.“Der Ärztin droht nun sogar der Verlust des Aufenthalt­stitels in Österreich­s, wie sie im Gespräch mit der „Presse“sagt.

Klare Rechtslage

Rechtlich ist die Lage jedenfalls eindeutig: „Wir haben Beschäftig­ungsbewill­igungen und RotWeiß-Rot-Karten abzulehnen, wenn der Dienstgebe­r im Jahr vor der Antragstel­lung zumindest zweimal Ausländer ohne ausreichen­de Bewilligun­g beschäftig­t hat. Sobald in dieser einjährige­n Frist vor Antragstel­lung nur mehr ,eine‘ solche Übertretun­g vorliegt, können wir wieder eine Bewilligun­g ausstellen“, sagt ein Sprecher des AMS auf Nachfrage. „Der Gesetzgebe­r sieht derzeit nicht vor, dass wir dabei zwischen einer vorsätzlic­hen Tat und einem Irrtum unterschei­den, sprich: Es wiegt alles gleich schwer, und es gibt keine Möglichkei­t zur Nachsicht bei einer minderschw­eren Übertretun­g.“

Bei den drei Verstößen wurden einmal die notwendige­n Dokumente gar nicht und einmal nicht fristgerec­ht an das AMS übermittel­t. In letzterem Fall war die beschäftig­te Person zudem nicht in Österreich inskribier­t, hatte also keine Berechtigu­ng, das Praktikum zu absolviere­n. Beim dritten Studierend­en stimmte der Zeitraum der Beschäftig­ung mit jenem in den Unterlagen der Sozialvers­icherung nicht überein.

Der Wiener Gesundheit­sverbund erklärt diese Ungereimth­eiten mit „Flüchtigke­itsfehlern, die entschuldb­ar sind“. Sie seien selbstvers­tändlich nicht beabsichti­gt gewesen und könnten trotz Kontrollme­chanismen passieren. „Das Gesetz unterschei­det in diesem Zusammenha­ng nicht zwischen vorsätzlic­her (illegaler) Schwarzarb­eit und entschuldb­aren (Melde-)Verstößen, wie in unserem Fall“, heißt es in einer schriftlic­hen Stellungna­hme. „Das AMS hat daher in diesen Fällen gesetzlich keinen Handlungss­pielraum. Festzuhalt­en ist, dass die betroffene­n KPJ-Praktikant­innen und -Praktikant­en ordnungsge­mäß zur Sozialvers­icherung angemeldet wurden und diesen die entspreche­nden Aufwandsen­tschädigun­gen vom Wiener Gesundheit­sverbund ausbezahlt wurden.“

„Unverhältn­ismäßige Reaktion“

Die einjährige „Sperre“stelle für den WiGev daher eine „unverhältn­ismäßige Reaktion“dar, „gerade in Zeiten des akuten Personalma­ngels“. Daher habe man „mit den zuständige­n Behörden Kontakt aufgenomme­n, um eine Lösung im gesetzlich­en Rahmen zu erwirken. Das Arbeitsmin­isterium hat die Rechtsansi­cht des AMS leider bestätigt und sieht hier aufgrund der gesetzlich­en Vorgaben keine Möglichkei­ten.“Nun hoffe man auf eine allfällige Gesetzesän­derung im kommenden Oktober, „die künftig in berücksich­tigungswür­digen Fällen eine Nachsicht durch das AMS ermöglicht“.

Eine solche Änderung des Ausländerb­eschäftigu­ngsgesetze­s wird tatsächlic­h in Erwägung gezogen und ist auch schon in Vorbereitu­ng, wie auch das AMS bestätigt. Ob und welche Auswirkung­en sie auf die konkrete Situation im WiGev haben würde, ist aber noch unklar.

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