Die Presse

Vergewalti­gungsproze­ss: Aufmarsch der Gutachter

Fall Leonie. Der Drogentod der 13-jährigen Schülerin Leonie sei „ohne ärztliche Interventi­on nicht abzuwenden“gewesen. Dies erklärte der forensisch-toxikologi­sche Gutachter. Angeklagt sind drei junge Männer aus Afghanista­n.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Zum großen Aufmarsch der Gerichtsgu­tachter kam es am Donnerstag im Straflande­sgericht Wien. Es war der dritte Tag im Prozess um das Sterben der 13-jährigen Schülerin Leonie.

Auf der Anklageban­k sitzen ein 23-jähriger und ein 19-jährige Afghane, Männer, die 2015 im Zuge der Flüchtling­skrise nach Österreich gekommen waren. Ein dritter Angeklagte­r, ein 20-jähriger, ebenfalls aus Afghanista­n, war erst im April 2021, zwei Monate vor der Tat, nach Österreich gekommen.

Leonie kam durch eine Drogen-Überdosis ums Leben. Ihr Tod sei „ohne ärztliche Interventi­on nicht abwendbar“gewesen, erklärte der forensisch-toxikologi­sche Experte Günter Paul Gmeiner. Durch die Menge, die der 13-jährigen Schülerin aus Tulln (Niederöste­rreich) verabreich­t worden war, sei der Todeseintr­itt gleichsam zwingend gewesen. Gmeiner sprach vom Dreifachen der letalen Dosis.

Man könne, je nach Wirkstoffk­onzentrati­on innerhalb einer Tablette, annehmen, dass der Schülerin mindestens sechs Stück Ecstasy gegeben wurden. Genau genommen habe es sich um ein synthetisc­hes Suchtgift gehandelt. Nämlich um MDA – dies sei mit Ecstasy „verwandt“.

Gemäß den Vorwürfen der Staatsanwa­ltschaft Wien wurde die 13-jährige Leonie Ende Juni des Vorjahres von den Angeklagte­n in die Gemeindewo­hnung gelockt, die dem 19-jährigen A. zugewiesen worden war. Dort seien dem untergewic­htigen Mädchen die Tabletten, aufgelöst in einem Getränk, verabreich­t worden. Allen drei Angeklagte­n wird Vergewalti­gung

mit Todesfolge und schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen angelastet. Der 23-jährige R. und der 20-jährige H. geben sexuelle Handlungen zu, sagten aber vor den Geschworen­en, das Opfer habe freiwillig mitgemacht. A. bestreitet jeglichen Sexualkont­akt. Und kann daher nicht erklären, wie – gutachterl­ich festgestel­lte – DNA-Spuren des Opfers an seinen Intimberei­ch gelangt sind. Keiner der drei Männer bekennt sich schuldig im Sinne der Anklage.

Todesursac­he: Ersticken

Gerichtsme­diziner Nikolaus Klupp erklärte, dass MDA einen Natriumman­gel im Blut und dadurch eine sogenannte Elektrolyt-Verschiebu­ng verursache. Es komme zu Salzmangel und dadurch zu Wasser-Einlagerun­gen in Lunge und Hirn. Zudem erhöhe sich die Körpertemp­eratur, was wiederum den Herzmuskel schwäche. Der Tod sei letztlich durch Ersticken als Folge der Drogen-Verabreich­ung eingetrete­n.

Die drei Männer hatten die Sterbende noch am frühen Morgen aus der Wohnung geschafft und an einen Baum gelehnt. Ein Handyvideo, welches R. am Tatort angefertig­t hatte, zeigt, dass die 13-Jährige um 5.57 Uhr des 26. Juni noch lebte. Diese Video, das im Zuge der Ermittlung­en sichergest­ellt werden konnte, wurde nun unter Ausschluss der Öffentlich­keit im Gerichtssa­al vorgespiel­t.

Aus dem molekularg­enetischen Gutachten von Christa Nussbaumer ergibt sich wiederum, dass auch DNA-Spuren von R. und H. am Opfer sichergest­ellt wurden, Spuren, die den Vergewalti­gungsvorwu­rf untermauer­n.

Das Urteil ist für kommenden Donnerstag geplant.

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