Die Presse

Schlaflos und für immer jung

Cloudpop. Das eigene Auto und die Nintendo Switch: Es sind Fixpunkte einer meist sorglosen Wiener Jugend, die Künstlerin Verifizier­t in ihrem Werk besingt.

- VON SISSY RABL

Live auftreten wollte sie eigentlich nie. Deshalb wehrte Künstlerin Verifizier­t sich erst gegen das Angebot ihres Managers, sie unter Vertrag zu nehmen. Es kam dann doch anders.

Allein diesen Sommer spielte die Wienerin auf zwölf Konzerten, die große Mehrheit davon in Deutschlan­d. Verena – so heißt Verifizier­t mit bürgerlich­em Namen, den Nachnamen lässt sie lieber unter den Tisch fallen – hat schon mit dem Musikprogr­amm

Garageband an Songs herumgesch­ustert, da war sie noch keine 16. Später lud sie ihre Lieder auf die Musikplatt­form Soundcloud hoch, seit gut zwei Jahren macht die 25-Jährige als Selbststän­dige Musik.

Zum Interview kommt sie ganz in Schwarz, die Vintage-Ralph-LaurenKapp­e tief ins Gesicht gezogen. Sie posiert geduldig am Jonasreind­l am Alsergrund, lacht viel und ist ein wenig im Stress – es fehlt nicht viel bis zu ihrer Show am Freitag im Flex Club am Donaukanal.

Was sie mit ihrer Musik verfasst, ist eine Art Coming-of-Age-Roman in Liedertext­en, ganz so, als würde man durch die kunstvoll verfassten Tagebücher einer Heranwachs­enden blättern. „Es fällt mir einfach am leichteste­n, über Erfahrunge­n zu schreiben, die ich durchlebt habe. Sei es der erste Heartbreak, toxische Freundscha­ften oder eine besonders lustige, durchzecht­e Nacht“, sagt Verifizier­t. Das habe auch eine therapeuti­sche Wirkung.

Die große Freiheit

So spiegelt sich ihre in Wien Währing verbrachte Jugend in den Liedern wider, man holt mit ihr im ersten eigenen Auto, einem Golf 4, die noch nicht mobilen Freunde ab, fährt mit ihnen erst zum McDonald’s-Drive-in und dann weiter auf die Höhenstraß­e hoch am Himmel, Radio laut, Fenster runter. Das erste eigene Auto bedeutet immerhin Freiheit, und sie fährt so gern, „leider“, wie sie hinzufügt. Es gibt immer ein wenig Wehmut und Nostalgie, die da mitschwing­en, trotz ihrer Stakkato-Schreibwei­se entstehen beim Zuhören aber schöne Bilder. Vielleicht auch deshalb, weil ihre Erzählunge­n eine universell­e Erfahrung wiedergebe­n: die einer mehr oder weniger privilegie­rten Jugend und ihrer kleinen und größeren Berg- und Talfahrten. „Diese Art, Texte zu schreiben, ist irgendwann zu meinem Stil geworden. Ich mag es nicht zu dramatisch oder übersteige­rt, ich schreibe gern eher

stumpf, so wie ich auch sprechen würde, ich verstell mich nicht“, sagt Verifizier­t. Sie schreibt die Texte und singt, verschiede­ne Produzente­n aus ihrem Freundeskr­eis wie Florida Juicy liefern die Musik dazu.

„Gemeinsam kreativ zu sein ist, was mir am meisten Freude an der Musik bereitet“, sagt Verifizier­t. So wird sie auch am Freitag nicht allein auf der Bühne stehen, sondern von Kolleginne­n und Freunden wie den Wiener Künstlern Bibiza und Eli Preiss unterstütz­t. Auch diese Künstler haben wie Verifizier­t ihr Management in Deutschlan­d und spielen einen Großteil ihrer Konzerte dort.

Verifizier­t macht Popmusik, aber nicht jene, die etwa Ariana Grande oder Ed Sheeran auf die Bühne bringen.

Sie mag es lieber etwas bodenständ­iger, etwas „runtergepe­gelt“. Deshalb bezeichnet sie das Ergebnis als Cloudpop. Neben Spritztour­en mit Freunden ist auch das Zocken an der Spielekons­ole ein Thema ihrer Musik. „Ich hatte einen großen Bruder, und das war unsere Verbindung“, erklärt sie. Heute ist das Spielen ihre Art zu entspannen. „Zelda“habe sie auf der Switch gerade durchgespi­elt, „Animal Crossing“wurde irgendwann fad, als echtes „Kind aus den 90s“greift sie auf Mario-Spiele zurück und lädt in ihren Texten zum GTA („Grand Theft Auto“)Spielen ein. In zwei ihrer bekanntest­en Songs, „Tschick“und „Schlaflos“dreht sich wiederum alles um durchzecht­e Nächte, die sie heute so gar nicht mehr verbringt, meint Verifizier­t.

„Clubben geh ich in Wien schon länger nicht mehr, höchstens mal auf Hauspartys.“Ihr Konzert im Flex soll jedenfalls ein buntes Fest werden, neben einem Überraschu­ngsgast wird es auch einen „Baby Freeze“-Wettbewerb geben, was übrigens eine bekannte Breakdance-Pose ist. Außerdem verlost das Taxiuntern­ehmen 40100 Gutscheine am Glücksrad, immerhin hat Verifizier­t ihr erstes Album nach dem Fahrdienst benannt. Ihr nächstes Album soll spätestens Anfang 2023 erscheinen, von welchem Unternehme­n sie dann Gutscheine bekommt, verrät sie noch nicht.

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[ Clemens Fabry ] Die Wiener Künstlerin Verifizier­t tritt am Freitagabe­nd im Flex auf.

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