Die Presse

Hart oder weich?

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Am besten illustrier­t die derzeitige Stimmung an den Börsen der Kursverlau­f des S&P 500 während der Pressekonf­erenz nach der letzten FED-Sitzung. Zu Beginn stand der Index bei 3885 Punkten, sackte dann 1,5 % ab, erholte sich wieder, um dann mit -2,5 % auf einen neuen Tagestiefs­tand zu fallen. Diese Episode zeigt deutlich, dass die Kapitalmar­ktentwickl­ung im Wesentlich­en von der Inflations­entwicklun­g abhängt. An den Aktienmärk­ten wird die Volatilitä­t daher weiter hoch bleiben. Die Frage ist, wie wird sich die Wirtschaft entwickeln, wenn die Zinsen nun von den Notenbanke­n angehoben werden. Werden wir eine weiche Landung oder eine harte Landung erleben, also nur eine leichte oder gar keine Rezession oder doch einen massiven Einbruch?

Der Sommer ist vorbei

Nachdem sich die Sommerrall­ye an den Börsen als kurzlebig herausgest­ellt hat, ist die Stimmung der Anleger an den Märkten derzeit auf Tiefststän­den. Eine harte Landung scheint immer wahrschein­licher. Die Gefahr ist, dass gerade die Energiepre­ise hoch bleiben und damit die Inflation weiter befeuern, zusätzlich könnten so genannte Sekundäref­fekte wie eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden. In den USA steigen die Löhne bereits. Allerdings gibt es auch Grund zu vorsichtig­em Optimismus. Die Revisionen der Unternehme­nsgewinne könnten schon einen Boden gefunden haben. Inwiefern die erwarteten FED-Zinserhöhu­ngen schon eingepreis­t sind, ist schwer zu sagen. Ein wesentlich­er Faktor werden die Produzente­npreise/Rohstoffpr­eise sein. Der Konsens der Ökonomen geht davon aus, dass die Konsumente­npreise in den USA und in der Eurozone bis Dezember 2023 auf 2.7 % fallen werden, da Rohstoff- und Energiepre­ise nachlassen und sich das Wirtschaft­swachstum durch die Zinssteige­rungen abschwächt. Gekoppelt mit dieser Prognose ist die Markterwar­tung, dass die Leitzinsen in den USA bis Sommer 2023 einen Höchststan­d von 3.5 % erreichen, aber danach wieder fallen sollten. Tritt dieses Szenario so ein, würden Investoren wohl mit einem blauen Auge davonkomme­n.

Wie man sich jetzt als Anleger positionie­rt

Wir sind sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen vorsichtig positionie­rt - d.h. Aktien untergewic­htet mit einem Fokus auf „Value“-Aktien, das sind Unternehme­n, die auch in einem wirtschaft­lich schwierige­n Umfeld Gewinne erzielen sollten und auch Dividenden ausschütte­n. Auf der Anleihense­ite halten wir Geldmarktp­apiere für interessan­t, die von steigenden Zinsen in Form von höheren Kuponzahlu­ngen profitiere­n sollten. Wir sind somit zu einem wesentlich­en Teil gegen steigende Zinsen abgesicher­t, darüber hinaus setzen wir auf im Schnitt sehr hochwertig­e Emittenten. Sobald sich eine Wende beim Inflations­zenario abzeichnet und die wirtschaft­lichen Vorlaufind­ikatoren eine Erholung des Wirtschaft­swachstums anzeigen, würden wir die Aktienquot­e wieder erhöhen.

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Harald Holzer Chief Investment Officer und Vorstandsm­itglied Kathrein Privatbank

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