Die Presse

Sonne und Bier statt Gas und K Älte

Der Verbund will nicht länger nur Wasserkraf­terzeuger sein und setzt voll auf Solarenerg­ie aus Spanien. Die vielen Sonnenstun­den im Land sind aber nur ein Grund für die Expansion fern der Heimat.

- VON MATTHIAS AUER

Malaga. Die Energiebra­nche kann auch heute noch Spaß machen. Wer das nicht glaubt, sollte einen Abstecher nach Südspanien riskieren. Das Land ist Ende September mit Temperatur­en um die 30 Grad weit entfernt vom Kälteschoc­k, den Mitteleuro­pa erlebt, die Energiekos­ten sind dank des staatliche­n Gaspreisde­ckels vergleichs­weise gering. So bleibt Luft, Energiepro­jekte nach dem Motto „Sonne, Bier und gute Laune“zu schnitzen. Und mittendrin ist der heimische Verbund.

In Pinos Puente, wenige Kilometer von Granada entfernt, eröffnete der Konzern am Donnerstag seinen ersten Solarpark in Spanien. Die Ausmaße des Projekts, das erst im Vorjahr von der deutschen BayWa aufgekauft wurde, sind gewaltig: Auf einer Fläche von 161 Hektar drücken sich Hunderttau­sende Fotovoltai­kpaneele mit einer maximalen Leistung von 148 Megawatt (MWp) in die karge Landschaft.

Subvention­en vom Staat brauchte es dafür nicht. Stattdesse­n hat der Verbund mit dem weltgrößte­n Braukonzer­n AB InBev (Bud, Corona, Stella Artois) einen fixen Abnehmer für seinen Sonnenstro­m aus Andalusien in der

Tasche. 60 Prozent des Stroms gehen zum Fixpreis an AB InBev – genug, um klimaschon­end zehn Milliarden Biere zu brauen oder 100.000 Fußballsta­dien zu erleuchten, rechnet die PR-Abteilung des belgischen Brauers begeistert vor.

Für den Verbund ist die Expansion auf die Iberische Halbinsel abseits solcher Marketing-Superlativ­e vor allem strategisc­h ein bedeutsame­r Schritt. Das Projekt in Pinos Puente markiert den Einstieg in den spanischen Markt, der es dem Unternehme­n ermögliche­n soll, bis 2030 ein Viertel der Produktion aus Sonne und Wind und nicht länger nur aus Wasserkraf­t zu erzeugen. „Auch Wasserkraf­t ist dem Klimawande­l ausgesetzt“, erinnert Dietmar Reiner, Leiter der Erneuerbar­en-Sparte beim Verbund, an die Trockenhei­t des heurigen Jahres. „Wir müssen also diversifiz­ieren, um unser Geschäftsm­odell nicht aufs Spiel zu setzen.“Südspanien, wo die Sonne mit 3000 Stunden im Jahr doppelt so lang scheint wie in Österreich, sei der ideale Markt dafür.

Billigstro­m für grünes Bier

Doch wer genauer hinblickt, erkennt, dass selbst Geschäfte in den sonnigsten Regionen ihre Schattense­iten haben. Als der Verbund das Projekt von BayWa gekauft

hatte, war der Deal mit AB InBev bereits abgeschlos­sen. Zehn Jahre lang hat sich der Braukonzer­n Solarstrom zum Fixpreis gesichert. Solche Power Purchase Agreements (PPA) sind bei Projekten dieser Größe nicht unüblich, helfen sie doch, die Finanzieru­ng auf die Beine zu stellen. Das Problem aus Verbund-Sicht: Der Deal zwischen BayWa und AB InBev wurde bereits 2020 geschlosse­n und der damalige Strompreis für

zehn Jahre eingefrore­n. Da sich die Börsenprei­se seither mehr als verfünffac­ht haben, sind es vor allem die Belgier, die hier mit Sicherheit ein gutes Geschäft gemacht haben.

Details zu Investitio­nssumme oder Strompreis bleiben alle Beteiligte­n schuldig. AB InBev sei immer noch zu 70 Prozent von Gas abhängig und müsse – wie alle anderen Produktion­sbetriebe – seine Kosten in der Energiekri­se drücken und gleichzeit­ig die Abhängigke­it von fossilen Brennstoff­en verringern, um die Produktion aufrechtzu­erhalten, sagt Erik Novaes von AB InBev. Da kämen Deals wie jener mit dem Verbund gerade recht.

Türöffner nach Spanien

Für Verbund ist Pinos Puente hingegen vor allem ein „Türöffner“in den spanischen Markt. Seit dem Kauf des Solarparks hat der Konzern ein beachtlich­es Portfolio im

Land aufgebaut: 75 Solar- und elf Windprojek­te mit 3,8 Gigawatt Leistung sind in der Pipeline – manche von ihnen noch in frühem Stadium der Entwicklun­g. Dennoch: Mit Jahresende wird Verbund in Spanien 350 MW installier­te Wind- und Solarleist­ung haben und damit sein bisheriges Wind- und Solargesch­äft mit 420 MW beinahe verdoppeln.

Dass dafür ein Abstecher nach Spanien notwendig ist, war bei dem Unternehme­n, das sich erst vor wenigen Jahren wieder auf die Kernmärkte rund um Österreich konzentrie­ren wollte, lange Zeit nicht geplant. „Jede Kilowattst­unde grüner Strom in Europa hilft uns“, sagt Verbund-Chef Michael Strugl. Die Ausbauziel­e seien nun einmal „nicht allein im Heimmarkt Österreich zu erreichen“. „Am liebsten würde ich alles in Österreich investiere­n“, sagt auch Reimann. „Aber solche Projekte bekommen wir bei uns nicht.“

Es fehlt nicht nur an raschen Genehmigun­gen, sondern auch an notwendige­n Flächen. Zum Vergleich: Der größte Solarpark Österreich­s – ebenfalls ein VerbundPro­jekt – hat knapp über elf MW installier­ter Leistung. In Pinos Puente ist es 13-mal so viel. Dazu kommt, dass der Widerstand der Bevölkerun­g gegen Freifläche­nAnlagen deutlich geringer ist als in Österreich. Das Projekt in Andalusien hat noch die bayrische BayWa entwickelt und gebaut. Ob die Expansion nach Spanien für den Verbund wirklich aufgeht, hängt daran, wie viele seiner geplanten Projekte der Konzern nun selbst auf spanischen Boden – und ans spanische Netz – bringen kann.

 ?? ?? Im südlichen Spanien hat es aktuell 30 Grad. Da zahlt si
Im südlichen Spanien hat es aktuell 30 Grad. Da zahlt si
 ?? [ Getty ] ?? ch die Installati­on riesiger Fotovoltai­kanlagen aus.
[ Getty ] ch die Installati­on riesiger Fotovoltai­kanlagen aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria