Worauf es bei Aktien jetzt ankommt
Ausblick. Die Zinswende gewinnt an Fahrt, das belastet die Börsen. Fondsmanagerin Nina Lagron erklärt, welche Kriterien bei der Aktienselektion in diesem Umfeld entscheidend sind.
Wien. Die Inflation steigt unaufhaltsam. Zahlreiche Notenbanker haben deshalb eine härtere Gangart zur Bekämpfung der Teuerung angekündigt – und das sorgt für weitere Turbulenzen auf den globalen Finanzmärkten. Denn das wirtschaftliche Umfeld wird zunehmend rauer. Anleger sollten bei ihrer Titelwahl deshalb umso mehr auf eine gute Mischung an Qualität und Wachstum achten, empfiehlt Nina Lagron, Co-Fondsmanagerin des Echiquier World Equity Growth Fund beim französischen Vermögensverwalter La Financière de l’Échiquier (LFDE), im Gespräch mit der „Presse“.
Lagron erklärt, worauf es ihr dabei ankommt: Die Firmen im Fonds müssen ein jährliches Umsatzwachstum von mindestens acht bis zehn Prozent erzielen, selbst in einem inflationären Umfeld profitabel agieren können und eine starke Marktposition einnehmen. Denn nur ein „Platzhirsch“könne den raschen Eintritt neuer Konkurrenten, und damit einen Preiskampf, möglichst abwenden. Besonderes Augenmerk legt Lagron auf den Free Cashflow, der die liquiden Mittel eines Konzerns aufzeigt. Denn, so die Fondsmanagerin: Bei der Berechnung der Kennzahl könne nichts beschönigt werden, im Gegensatz etwa zum operativen Gewinn. Der Free Cashflow ließe zudem Rückschlüsse etwa darauf zu, inwieweit sich Unternehmen weiteres Wachstum, Dividendenzahlungen oder Aktienrückkäufe leisten können – Maßnahmen, die meist den Aktienkurs stützen.
Etablierte Firmen im Vorteil
Im LFDE-Portfolio nimmt der ITSektor mit rund 36 Prozent die größte Gewichtung ein. Dabei wird aber nicht auf junge Wachstumstitel gesetzt. Solche Werte leiden unter den steigenden Zinsen besonders stark, zumal sie sich oftmals mit Fremdkapital finanzieren. Dagegen können sich etwa die etablierten Kreditkartenanbieter Visa und Master Card auch in einem inflationären Umfeld durchsetzen.
Sie sind Teil des Fonds, ebenso wie Microsoft, Amazon und Alphabet.
Lagron gefällt bei letzteren drei Titeln insbesondere das stark wachsende Geschäft mit der Cloud. Allein im zweiten Quartal 2022 erreichte das Umsatzwachstum in diesem Bereich bei allen drei Unternehmen im Schnitt gut 35 bis 40 Prozent. Damit habe sich das Wachstum im Vergleich zu den Vorquartalen zwar verlangsamt, „ist aber noch immer stattlich“. Weiteres Potenzial, große Datenmengen in die „Wolke“auszulagern, gebe es nämlich reichlich. „Unternehmen können damit eine Menge Kosten einsparen. Darauf achten viele Firmen in Zeiten steigender Inflationsraten ohnedies verstärkt.“Ein Beispiel ist United Health aus den USA: Der US-Gesundheitskonzern – ebenfalls Teil des Fonds – bietet private Krankenversicherungen an und betreibt eigene Spitäler. United Health speichert aber auch die Gesundheitsdaten zunehmend in der Cloud und bietet ebendiese Dienstleistung anderen privaten Krankenversicherern ebenfalls an. Überhaupt nimmt der Gesundheitssektor
mit rund 20 Prozent die zweitgrößte Gewichtung ein. Dazu zählt auch die britische AstraZeneca, die sich in der Krebsforschung erfolgreich etabliert hat. Vor Kurzem erhielten AstraZeneca und Merck & Co. für ihr gemeinsam entwickeltes Medikament Lynparza gegen Eierstockkrebs eine weitere Zulassung in China. „AstraZeneca ist damit ein defensives Investment, das weniger von Konjunkturabschwüngen betroffen ist.“
Der Prothesenhersteller Stryker aus den USA ist ebenfalls Teil des Fonds. Während der Pandemie
ZUR PERSON
Nina Lagron ist seit Februar 2022 Fondsmanagerin des Echiquier World Equity Growth Fund (FR0010859769) beim französischen Vermögensverwalter La Financie`re de l’E´chiquier (LFDE).
Ihre Karriere begann die Marktexpertin im Jahr 1998 bei der Schweizer Großbank UBS als Investmentbankerin und arbeitete danach bei zahlreichen weiteren Finanzhäusern als Aktienfondsmanagerin. Lagron schloss ihr Masterstudium in Finanzen an der Universität Paris-Dauphine ab. wurden viele Operationen, bei denen Prothesen eingesetzt werden sollten, aufgrund der Lockdowns verschoben. „Nun ist der Nachholbedarf groß. Davon könnte der Konzern profitieren.“
Den Rohstoffboom nützen
Auch in ausgewählten Schwellenländern wird das Fondsmanagement fündig. Rund 15 Prozent des Fondsvermögens entfallen auf Lateinamerika, denn Länder wie Brasilien, Mexiko und Kolumbien profitierten kräftig vom Rohstoffboom. „Wir wollen aber nicht direkt in Commodity-Konzerne investieren, sondern setzen indirekt auf den Aufschwung in dem Sektor“, sagt Lagron. Dazu zählt etwa ein Investment in die brasilianische Bank
Itau Unibanco: Steigende Rohstoffpreise beflügeln die Wirtschaft und somit auch die Nachfrage nach Bankdienstleistungen. Von steigenden Zinsen profitieren die Geldhäuser ebenfalls, da sich dann eine höhere Gewinnspanne im Kreditgeschäft erzielen lässt. Doch wie bei allen Geldanlagen sollten Anleger auch hier nur einen Teil ihres Vermögens investieren.