Buy or sell.
Der Biokraftstoff-Hersteller profitiert von der Energiewende. Die Aktie sprang diese Woche hoch – noch ist Luft nach oben.
s gibt sie, die Kriegsgewinnler, und es sind nicht nur Rüstungskonzerne. Der deutsche Bioenergieproduzent Verbio profitiert von der energiepolitischen Neuausrichtung Europas, wie die am Dienstag vorgelegten, exzellenten Zahlen für das Geschäftsjahr 2021/22 zeigen. Die eigenen Prognosen und jene der Analysten wurden übertroffen. Auch für das laufende Jahr ist Gründer und Firmenchef Claus Sauter positiv gestimmt. Wegen teurer Rohstoffe und Energie setzt er das Betriebsergebnis mit etwa 300 Millionen Euro aber weit unter dem außergewöhnlich hohen Vorjahreswert von 503,3 Millionen an. Das ließen sich die Anleger nicht zweimal sagen, sie griffen beherzt zu und hievten die Biosprit-Aktie am Dienstag zeitweise um 13 Prozent über die 60-Euro-Marke. Dort blieb sie auch am Mittwoch und am Donnerstag – trotz des schwachen Umfelds.
Technologieführer
Sauter hatte offenbar den richtigen Riecher, als er 1990 das Agrarhandelsunternehmen von seinem Vater übernahm. Fünf Jahre später begann er Biodiesel für den Eigenbedarf zu produzieren, noch einmal fünf Jahre später entstand das erste Werk, dem weitere folgten. Jetzt ist Verbio der einzige großindustrielle Produzent von Biodiesel, Bioethanol und Biomethan in Europa mit mehreren Standorten in Deutschland sowie in Indien, den USA, Kanada, Polen und Ungarn. Außerdem hat Verbio Biodünger und Futtermittel für die Landwirtschaft sowie Rohstoffe für die Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie im Programm. Mit selbst entwickelten Technologien und effizienten Produktionsprozessen gilt das Unternehmen mit seinen knapp 1000 Beschäftigten als Technologieführer im Biokraftstoffmarkt.
„Wir sind Teil der Lösung der aktuellen Energiekrise“, verkündet Sauter nun. Er bleibt aber vorsichtig. Der Großteil des von 93,5 auf 315,8 Millionen gestiegenen Nettogewinns wird nicht ausgeschüttet, sondern in die Expansion gesteckt – die Dividende bleibt mit 20 Cent unverändert. Das Nettofinanzvermögen könnte dadurch bis Ende 22/23 von 284 auf 30 Millionen Euro sinken.
Kriegsbedingt volatil
Die Aktie hat heftige Schwankungen hinter sich, die auch die Kriegsfolgen widerspiegeln. Zuerst profitierte Verbio vom Anstieg des Ölpreises und der Verteuerung der dem Benzin beigemischten Biotreibstoffe. Der gute Lauf gipfelte in einem 52-Wochen-Hoch im April bei knapp 88 Euro. Dann kam der jähe Absturz, als bekannt wurde, dass sich durch den Wegfall der Getreideexporte aus der Ukraine die Vorräte verknappen. Damit wurde Kritik laut, Nahrungsmittel für die Treibstoffproduktion zu verwenden. Bis Ende Juni fiel der Kurs auf bis zu 40 Euro. Als der Schiffsverkehr aus der Ukraine wieder in Gang kam, verteuerte sich die Aktie auf bis zu 70 Euro. Es folgten Gewinnmitnahmen. Nun verläuft der aktuelle Kurs um
bei Charttechnikern beliebte 200-Tage-Durchschnittslinie.
Analyst Tim Wunderlich von Hauck Aufhäuser Investment hat das Kursziel als Reaktion auf die guten Zahlen von 85 auf 90 Euro angehoben und die Kaufempfehlung belassen. Die Prognose für das Betriebsergebnis habe deutlich über seinen Erwartungen gelegen, schreibt er.