Das Ende der Wegwerfgesellschaft
Kreislaufwirtschaft. Um die gewaltigen Herausforderungen der Klimakrise und der Rohstoffverknappung zu meistern, ist ein grundlegender Wandel nötig.
Kreislaufwirtschaft ist nicht gleich Recycling: Das Wiederverwenden von Rohstoffen wie Metall, Papier, Glas und Plastik ist erst der letzte Schritt im Kreislauf. Denn, so Karin HuberHeim, Executive Director der Netzwerkorganisation Circular Economy Forum Austria, Recycling sei in Wahrheit „Downcycling“und stellt zudem die energieintensivste Art der Wiederverwendung dar.
„Wer Kreislaufwirtschaft richtig denkt, muss erst überlegen, wie man ein Produkt möglichst lang in Gebrauch halten, reparieren und weiterverwenden kann“, ist HuberHeim überzeugt. Muss es wirklich in jedem Jahr das neueste HandyModell sein? Kann der kaputte Fernseher nicht doch repariert werden? Was in den Haushalten beginnt, macht bei der Wirtschaft nicht Halt. So fallen etwa in der Baubranche die Hälfte der Gebäude-Emissionen an, noch bevor ein Haus gebaut wird. Huber-Heim: „Die Baubranche wird nicht einfach neue Häuser bauen, sondern erst sehen, was Bestand ist und wie man Materialien erhält, ohne sie aus der Umwelt extrahieren zu müssen.“Konkret ist damit die energetische Sanierung von Altsubstanz und die Wiederverwendung von Baustoffen gemeint.
Ein Zertifikat für alle Aspekte
Bei der Kreislaufwirtschaft setzt auch die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) an und orientiert sich bei ihrem Zertifikat an den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Sie dient zur objektiven Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Die sechs Kriterien für eine erfolgreiche ÖGNI- bzw. DGNB-Zertifizierung sind Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Standort und Prozesse über den kompletten Gebäudezyklus hinweg.
Was für die Bauwirtschaft gilt, ist in beinahe allen Branchen anwendbar und wird zum Teil seit Jahren erfolgreich umgesetzt. So entsteht das weltweit klimafreundlichste Kupfer bei der Montanwerke Brixlegg AG, wo seit dem Jahr 1977 Kupfer ausschließlich aus Sekundärrohstoffen gewonnen wird. Die Treibacher Industrie
AG recycelt zu 99 Prozent metallhaltige, verbrauchte Katalysatoren aus der Erdölindustrie.
Sogar Fußballrasen recycelt
Auch im Bereich „Green Tech“– umweltfreundliche Technologien sowohl in Produktionsprozessen als auch in Lieferketten – gibt es Vorzeigelösungen aus Österreich: Mit einer Plastik-Recyclingmaschine der NGR Next Generation Recyclingmaschinen GmbH entsteht Kunstrasen aus selbst recycelten Rohstoffen, den unter anderem die Fifa in Fußballstadien einsetzt.
Alexander Winter, CEO von DB Schenker in Österreich und Südosteuropa, ortet in der Logistikbranche Umwälzungen: „Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft birgt die Chance, das Wachstum der Wirtschaft vom Verbrauch an Ressourcen zu trennen. Dadurch werden lineare Wirtschaftsprozesse verändert, was dazu führt, dass natürlich auch die Logistik ihre Prozesse ändern muss. In der Circular Economy werden die klassischen linearen Handelsströme durch komplexe und vielseitige Rückführungsund Einführungsflüsse ersetzt.“