Die Presse

Das Ende der Wegwerfges­ellschaft

Kreislaufw­irtschaft. Um die gewaltigen Herausford­erungen der Klimakrise und der Rohstoffve­rknappung zu meistern, ist ein grundlegen­der Wandel nötig.

- VON ALEXANDER HAIDE

Kreislaufw­irtschaft ist nicht gleich Recycling: Das Wiederverw­enden von Rohstoffen wie Metall, Papier, Glas und Plastik ist erst der letzte Schritt im Kreislauf. Denn, so Karin HuberHeim, Executive Director der Netzwerkor­ganisation Circular Economy Forum Austria, Recycling sei in Wahrheit „Downcyclin­g“und stellt zudem die energieint­ensivste Art der Wiederverw­endung dar.

„Wer Kreislaufw­irtschaft richtig denkt, muss erst überlegen, wie man ein Produkt möglichst lang in Gebrauch halten, reparieren und weiterverw­enden kann“, ist HuberHeim überzeugt. Muss es wirklich in jedem Jahr das neueste HandyModel­l sein? Kann der kaputte Fernseher nicht doch repariert werden? Was in den Haushalten beginnt, macht bei der Wirtschaft nicht Halt. So fallen etwa in der Baubranche die Hälfte der Gebäude-Emissionen an, noch bevor ein Haus gebaut wird. Huber-Heim: „Die Baubranche wird nicht einfach neue Häuser bauen, sondern erst sehen, was Bestand ist und wie man Materialie­n erhält, ohne sie aus der Umwelt extrahiere­n zu müssen.“Konkret ist damit die energetisc­he Sanierung von Altsubstan­z und die Wiederverw­endung von Baustoffen gemeint.

Ein Zertifikat für alle Aspekte

Bei der Kreislaufw­irtschaft setzt auch die Österreich­ische Gesellscha­ft für Nachhaltig­e Immobilien­wirtschaft (ÖGNI) an und orientiert sich bei ihrem Zertifikat an den Richtlinie­n der Deutschen Gesellscha­ft für nachhaltig­es Bauen (DGNB). Sie dient zur objektiven Beschreibu­ng und Bewertung der Nachhaltig­keit von Gebäuden. Die sechs Kriterien für eine erfolgreic­he ÖGNI- bzw. DGNB-Zertifizie­rung sind Ökologie, Ökonomie, soziokultu­relle und funktional­e Aspekte, Technik, Standort und Prozesse über den kompletten Gebäudezyk­lus hinweg.

Was für die Bauwirtsch­aft gilt, ist in beinahe allen Branchen anwendbar und wird zum Teil seit Jahren erfolgreic­h umgesetzt. So entsteht das weltweit klimafreun­dlichste Kupfer bei der Montanwerk­e Brixlegg AG, wo seit dem Jahr 1977 Kupfer ausschließ­lich aus Sekundärro­hstoffen gewonnen wird. Die Treibacher Industrie

AG recycelt zu 99 Prozent metallhalt­ige, verbraucht­e Katalysato­ren aus der Erdölindus­trie.

Sogar Fußballras­en recycelt

Auch im Bereich „Green Tech“– umweltfreu­ndliche Technologi­en sowohl in Produktion­sprozessen als auch in Lieferkett­en – gibt es Vorzeigelö­sungen aus Österreich: Mit einer Plastik-Recyclingm­aschine der NGR Next Generation Recyclingm­aschinen GmbH entsteht Kunstrasen aus selbst recycelten Rohstoffen, den unter anderem die Fifa in Fußballsta­dien einsetzt.

Alexander Winter, CEO von DB Schenker in Österreich und Südosteuro­pa, ortet in der Logistikbr­anche Umwälzunge­n: „Das Prinzip der Kreislaufw­irtschaft birgt die Chance, das Wachstum der Wirtschaft vom Verbrauch an Ressourcen zu trennen. Dadurch werden lineare Wirtschaft­sprozesse verändert, was dazu führt, dass natürlich auch die Logistik ihre Prozesse ändern muss. In der Circular Economy werden die klassische­n linearen Handelsstr­öme durch komplexe und vielseitig­e Rückführun­gsund Einführung­sflüsse ersetzt.“

 ?? [ Montanwerk­e Brixlegg AG/Christian Vorhofer ] ?? Das „weltweit klimafreun­dlichste Kupfer“entsteht in Tirol.
[ Montanwerk­e Brixlegg AG/Christian Vorhofer ] Das „weltweit klimafreun­dlichste Kupfer“entsteht in Tirol.

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