Die Presse

Sein Paradies lag im Schatten des Todes

Nachruf. Der US-Rapper Coolio, berühmt vor allem für „Gangsta’s Paradise“, ist im Alter von 59 Jahren gestorben.

- VON THOMAS KRAMAR

As I walk through the valley of the shadow of death, I take a look at my life and realize there’s not much left“: Mit diesen düsteren Zeilen begann der Rap, der 1995 den Begriff Gangsta endgültig als Stereotyp, Antityp und Erfolgsmod­ell der westlichen Welt fixierte, indem er ihn an die Spitze der Charts brachte.

Gewiss: N.W.A. hatten schon 1988 den Track „Gangsta Gangsta“und Ice-T stellte sich 1991 als „Original Gangster“(in konvention­eller Schreibwei­se) vor. Doch ihre Stücke waren nichts zum Mitsingen, wollten es gar nicht sein. Doch dann kam Leon Ivey Jr., klassisch in Compton aufgewachs­en. Ein fescher Bursch: Seinen Künstlerna­men dankte er dem Vergleich mit Julio Iglesias. Er hatte schon Erfolg mit dem Album „It Takes a Thief“, das Stück „I Remember“kam in den Soundtrack von „Beavis & Butthead“. Es war bereits ein sentimenta­ler Rückblick auf eine Kleinkrimi­nellen-Idylle.

Die Melodie war von Stevie Wonder

Diese Perspektiv­e baute Coolio in seiner Sternstund­e aus: Er nahm das Thema eines lieblichen Songs von Stevie Wonder („Pasttime Paradise“) und rappte bittere Zeilen dazu, von einem Leben im Tal des Schattens des Todes. Sein „Gangsta’s Paradise“ist gar nicht paradiesis­ch, nein, es ist ein Ort voller Pulverdamp­f, wo nur Gewalt und Geld zählen. Und Coolio prahlt und droht nicht wie Ice-T oder Ice-Cube, sondern klagt und nimmt Abschied. Wobei er noch immer dezidiert ein wackeres Vorbild für all die kleinen „Homies“ist und kein Schwächlin­g – diese Weiterentw­icklung der Rolle blieb Eminem vulgo Slim Shady vorbehalte­n.

Dass „Gangsta’s Paradise“so ankam, lag auch an James Sanders vulgo L. V., der den Refrain traurig und soulig sang. Vor allem trieb den Erfolg der Film „Dangerous Minds“, mit Michelle Pfeiffer als Lehrerin, deren Schüler sich als Gangstas gerieren, wozu Coolios Stück natürlich bestens passte. Der Rapper mit der markanten Dreadlocks­Frisur und dem finsteren Blick reiste fortan durch die Welt, brachte seine ComptonSit­tenbilder sogar in die Arkadenhöf­e des Wiener Rathauses. Ihm gelangen in Folge noch kleinere Hits wie „C U When U Get There“(1996), und er war Schauspiel­er in Filmen wie „Batman und Robin“oder „Dracula 3000“. 2006 erschien sein Album „Return

of the Gangsta“. Dass er seinem Rollenbild auch als reale Person nahe kam, beweisen diverse Verfahren wegen illegalen Drogenund Waffenbesi­tzes und sogar eine Verurteilu­ng in Deutschlan­d wegen Beihilfe zu Raub und Körperverl­etzung.

Nun ist Coolio überrasche­nd gestorben, nachdem er im Haus eines Bekannten zusammenge­brochen war. Eine Todesursac­he wurde noch nicht genannt. „Death ain’t nothin’ but a heartbeat away“, heißt es in „Gangsta’s Paradise“, und: „I’m 23 now, but will I live to see 24?“Leon Ivey Jr. wurde 59.

 ?? [ Getty/Raymond Boyd ] ?? Sein Blick war so düster wie seine Raps: Leon Ivey Jr. vulgo Coolio (1963–2022).
[ Getty/Raymond Boyd ] Sein Blick war so düster wie seine Raps: Leon Ivey Jr. vulgo Coolio (1963–2022).

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