Analyse. Die SKN-Frauen vertreten Österreich erstmals in der Gruppenphase der Champions League. Sportlich ist die Herausforderung groß, aber klar. Mehr Fragen sind rundherum offen.
WiEn/St. PöltEn. St. Pöltens Fußballerinnen feierten noch auf dem Rasen der NV Arena, als das Flutlicht längst ausgeschaltet war. Dabei hatten sie zuvor just den historischen Sprung auf die hellste aller Bühnen fixiert. Als erster heimischer Vertreter wird der Serienmeister ab Ende Oktober in der Gruppenphase der Champions League spielen und sich mit klingenden Namen wie FC Barcelona, Chelsea oder Wolfsburg messen. Von „einem Traum, der in Erfüllung geht“, sprach SKN-Kapitänin Jasmin Eder, und einer „emotionalen Achterbahnfahrt“mit Blick auf die frühe Führung (6.) und die späte Entscheidung (118.) jeweils durch Mateja Zver beim 2:2 gegen KuPS Kuopio (Gesamt 3:2).
Wer an die Königsklasse denkt, hat inzwischen auch im Frauenfußball andere Kategorien als St. Pölten im Kopf. Dabei sind die SKN-Frauen in Europa keineswegs ein unbeschriebenes Blatt, wie der Achtelfinaleinzug (noch im alten K.-o.-Modus) im Frühjahr 2021 ebenso wie die Setzung im dritten von vier Töpfen für die Gruppenauslosung am Montag (13 Uhr, live, uefa.com) deutlich macht. An der Außenseiterrolle ändert das nichts, die Herausforderung zeigte Kuopio auf: sich gegen mitspielende, anpressende Gegner zu behaupten.
Aus der Bundesliga ist St. Pölten (letzte Niederlage 2018!) Gegenwehr kaum gewöhnt. Als umso wertvoller erachtet Trainerin Liese
Branc o Erfahrungen auf diesem Niveau. „Wir müssen weg aus unserer Komfortzone“, so die gebürtige Brasilianerin, die für Neulengbach in der Königsklasse gespielt hat, und attestierte ihrem Team die richtige Mentalität. „Wir haben schon unglaubliche Sachen gelernt und werden das mitnehmen.“
Arbeit für den Präsidenten
Keinen Jubelsturm, zumindest nach außen hin, löst der Meilenstein bei Wilfried Schmaus aus. „Wir haben ein Ziel erreicht, das ich mir gar nicht vorgenommen habe“, sagt der SKN-Präsident. Was ihm das bedeute? „Mehr Arbeit“, so die lachende Antwort.
Denn die Diskrepanz zu Europas Spitze um Titelverteidiger Olympique Lyon wird insofern deutlich, dass 100.000 Euro Aufstiegsprämie samt 400.000 Euro Startgeld für die Gruppenphase das Jahresbudget des heimischen Champions beinahe verdoppeln.
Prämien für die Spielerinnen waren schon ausgehandelt, ansonsten lasse ihn dieser Geldregen trotz allem nicht groß planen, sagt Schmaus, der bereits Reisekosten, Hospitality und mögliche CoronaRestriktionen im Hinterkopf hat. „Das einzige Projekt ist es, jemanden für die Administration anzustellen, weil die Aufgaben vielfältiger werden.“Derzeit sind zwei Angestellte tätig, der Rest ist ehrenamtlich im Dauereinsatz.
Sportlich legt St.Pölten also einen Quantensprung hin, den würde es auch in der öffentlichen Wahrnehmung brauchen. 1070 Fans erlebten den historischen Abend in der NV Arena, auf der Medientribüne blieben ebenso viele Plätze lee r.„Frauenfußballhatin Österreich leider noch immer kein so positi ves Image, dass er Zuschauer aus dem Wohnzimmer lockt“, sagt Schmaus. Zumal durch Uefa-Zentralvermarktung via Dazn nun ORF-Berichterstattung wegfalle. Allerdings sollten Arsenal oder Paris St. Germain zu Gast in St. Pölten die beste Werbung sein.