Die Annexion
Die Annexion ist in ihren Dimensionen in Nachkriegseuropa ohne Beispiel. Die vier Provinzen umfassen ein 108.000 Quadratkilometer großes Gebiet, das vom Nordosten, von Luhansk, bis an die Schwarzmeerküste von Cherson in der Südukraine reicht, die wiederum an die 2014 annektierte KrimHalbinsel grenzt. Putin hat damit das russische Festland mit der Krim verbunden, also eine Landbrücke errichtet, und insgesamt seit 2014 ein Fünftel Landmasse aus der Ukraine herausgebrochen. Also auf dem russischen Papier. Denn diese Annexion wird fast niemand anerkennen – außer einer Handvoll Paria-Staaten – „wahrscheinlich Syrien und Nordkorea, vielleicht auch Nicaragua“, vermutet Mangott. Und Russland kontrolliert zurzeit auch keine der vier neu annektierten Provinzen zur Gänze.
Trotzdem hat Putin diese Annexion in atemberaubendem Tempo durchgedrückt. Nur eine Woche liegt zwischen dem Beginn der völkerrechtswidrigen Scheinreferenden und der Zeremonie. Warum die Eile? „Putin steht unter Druck“, sagt Mangott. Zuerst stürzte die Front im Osten teilweise ein. Dann ängstigte einer Umfrage zufolge die Teilmobilmachung die Hälfte der Russen, und die dilettantische Umsetzung der Rekrutierung sendete „Schockwellen“durchs Land. Mit der Annexion wolle Putin auch den Russen einen raschen „Erfolg“liefern, um „die Stimmung zu beruhigen“.