Kein Applaus für geflüchtete Russen
„Wohin mit den Deserteuren?“, von Anna Gabriel, Oliver Grimm und Wolfgang Böhm, 24. 9.
Viele Russen fliehen nach der verordneten Teilmobilmachung, um ihrer Einberufung zu entgehen. Doch die EU heißt sie nicht willkommen, kein Applaus dafür, dass sie sich nicht im Angriffskrieg gegen die Ukraine schuldig machen, nicht ihr eigenes Leben dafür opfern wollen. Der tschechische Außenminister, sein Land führt derzeit den EU-Vorsitz, erklärte, dass „diejenigen, die aus ihrem Land flüchten, weil sie den Pflichten gegenüber ihrem eigenen Staat nicht nachkommen wollen, nicht die Bedingungen für die Erteilung eines humanitären Visums erfüllten“. Die deutsche Außenministerin stellte fest, dass Personen, die sich dem russischen Regime entgegenstellen und daher „in größte Gefahr“geraten, Asyl wegen politischer Verfolgung beantragen können. Also müssen sich asylsuchende Russen zuvor erst einmal vor laufender Kamera bei einer Protestaktion zusammenschlagen lassen, gar eine Vergiftung oder einen Fenstersturz überstehen, um unsere Anerkennung und Schutz zu bekommen. Jene, die nicht den gebotenen Mut zum Widerstand gegen das Regime aufbringen, lassen wir dann „ihre Pflicht gegenüber ihrem Staat“im Ukraine-Krieg kämpfend, tötend, sterbend erfüllen.
Schlechte Aussichten für jene normalen Menschen, die
nicht unseren polaren Zerrbildern vom „Russen“einerseits als Regimegegner, andererseits als Kriegsverbrecher oder potenziellem Saboteur entsprechen.
Mag. Erwin Krepil, 4040 Linz