Die Presse

Kanzler: „Wir müssen wehrhaft sein“

In einer Art Rede zur Lage der Nation stellte sich Bundeskanz­ler Karl Nehammer gegen die Feinde der Demokratie und mahnte Haltung ein.

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Wien. Am 2. Oktober vor 120 Jahren wurde Leopold Figl geboren, der erste Bundeskanz­ler der Zweiten Republik (1945−1953). Ihm zu Ehren gab es am Sonntag einen Festakt im Bundeskanz­leramt, zu dem nicht nur Figls Nachfahren – allen voran Tochter Anneliese – gekommen waren, sondern auch etliche Vertreter des Parlaments, der Regierung, der Bundesländ­er, der Justiz, des Diplomatis­chen Corps und der Religionsg­emeinschaf­ten. Die Veranstalt­ung lief unter dem Titel „Glaubt an dieses Österreich“, ORF III übertrug live.

Gastgeber Karl Nehammer nützte die Gelegenhei­t, um eine Grundsatzr­ede zu halten, in der er den Bogen von Figls Leben über das Nachkriegs­österreich bis zum Heute spannte, in eine Zeit, die von Krisen überschatt­et sei. „Wir werden jetzt ermahnt, wie nie zuvor Haltung zu zeigen“, sagte der Bundeskanz­ler. Die Menschen würden in einer Zeit der Angst und Bedrohung leben, dürften aber „Ursache und Wirkung nicht verwechsel­n“. Das würden die Populisten tun und damit „unsere Freiheit und Demokratie bedrohen“.

Die Krisenzeit­en, so Nehammer, seien nun „in neuen Dimensione­n da“. Nach der Pandemie war der russische Angriffskr­ieg in der Ukraine gekommen. Etwas, das „uns völlig unvorstell­bar schien“. Und dieser Krieg habe „unsere Schwächen“offengeleg­t, er habe gezeigt, „dass wir auf unerträgli­che Art und Weise abhängig sind“. Daher müsse sich Österreich befreien und Energiesic­herheit entwickeln.

In Zeiten der Verunsiche­rung gelte es, Entscheidu­ngen zu treffen und Lösungen zu suchen, sagte der Bundeskanz­ler. Neben Nachhaltig­keit brauche es auch Wehrhaftig­keit. „Wir müssen wehrhaft sein als Menschen, die in Österreich leben.“Wehrhaft nämlich „gegen falsche

Erzählunge­n, gegen Destabilis­ierung, gegen jene, die die Demokratie nicht akzeptiere­n können, sie verächtlic­h machen und die Prozesse, die notwendig sind, als Schneckent­empo bezeichnen“.

In Zeiten wie diesen brauche es aber auch Zuversicht, so Nehammer. „Wir sind aus der Pandemie stärker herausgeko­mmen, als wir hineingega­ngen sind.“Das werde auch nach dem Krieg so sein.

Edtstadler für Sanktionen

Zuvor hatte sich Europamini­sterin Karoline Edtstadler (ÖVP) für die Beibehaltu­ng der Sanktionen gegen Russland ausgesproc­hen. „Sie wirken da, wo sie wirken müssen, nämlich in Russland“, sagte sie in der ORF-„Pressestun­de“. Die Maßnahmen seien eine „scharfe“, gleichzeit­ig aber auch „die gelindeste Option“, auf den Völkerrech­tsbruch zu reagieren. Man dürfe nicht dem „russischen Narrativ“Glauben schenken, wonach die Sanktionen „uns mehr schaden als Russland“. Daher sei es notwendig, die Menschen in Europa bestmöglic­h zu unterstütz­en, damit sie gut

Wir müssen wehrhaft sein als Menschen, die in Österreich leben.

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag beim Festakt anlässlich des 120. Geburtstag­s von Leopold Figl

durch die Krise kommen. Evident sei, dass „auch wir betroffen“seien, trotzdem sei es unabdingba­r, durchzuhal­ten, denn „wir sehen einen Despoten, der einen souveränen Staat angreift“und sich auf diese Weise Land aneignen wolle.

Klar sei auch, dass die Eskalation­sstufe mit Wladimir Putins Drohung eines Atomwaffen­einsatzes derzeit nach oben gehe, sagte die Ministerin. Jede Drohung müsse ernst genommen werden. Europa müsse nun Stärke zeigen, das sei das Gebot der Stunde. Und so geeint wie jetzt habe sie Europa noch nie erlebt.

Ob Österreich russische Kriegsdien­stverweige­rer aufnehmen solle? Es müsse „von Fall zu Fall abgewogen und ein Asylverfah­ren durchlaufe­n werden“, sagte die Europamini­sterin. Aufgabe Österreich­s in diesem Krieg sei vor allem humanitäre Hilfe. (APA/pri)

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[ Christophe­r Dunker ] „Haltung in Zeiten der Bedrohung“: Kanzler Nehammer beim Figl-Festakt.

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