Flucht aus europäischen Aktien
Statistik. Seit Jänner dieses Jahres sind 102 Milliarden Euro aus europäischen Papieren abgeflossen. Die Rücknahmen sind schlimmer als im Covid-Jahr 2020.
Frankfurt/Wien. Investoren verabschieden sich von europäischen Aktien in einem Ausmaß, das zuletzt während der Schuldenkrise in der Eurozone vor einem Jahrzehnt zu beobachten war, berichten die Strategen der Citigroup. Querköpfe unter den Anlegern könnten das freilich auch als Kaufsignal sehen.
Europäische Aktienfonds sind auf dem Weg, den achten Monat in Folge mit Abflüssen zu beenden – in Höhe von insgesamt 98 Milliarden Dollar (102 Milliarden Euro) oder sechs Prozent des verwalteten Vermögens, haben die Experten der Citi auf Basis von Daten der EPFR Global ausgerechnet. Die kumulierten Rücknahmen sind schlimmer als im durch Covid ausgelösten Ausverkauf im Jahr 2020 und vergleichbar mit der Krise in der Eurozone 2011−12, so die CitiStrategen David Groman und Beata Manthey.
Nach früheren Abflüssen in der Größenordnung von sechs Prozent folgte für den MSCI Europe Index zwölf Monate später ein Anstieg von 16 Prozent, schrieben sie. Die globale Finanzkrise im Jahr 2008/2009 war indes eine Ausnahme, da in diesem Fall die Verkäufe weitergingen.
Bärenmarkt
Nun steht die europäische Wirtschaft erneut am Rande einer Rezession. Ausgelöst von hoher Inflation, aggressiven Währungshütern und einer schweren Energiekrise ist der Benchmark-Index Stoxx 600 am Freitag, 23. September, in einen Bärenmarkt abgerutscht, nachdem er von seinem Rekordhoch im Jänner um mehr als 20 Prozent gefallen ist. Die Strategen von Goldman Sachs erwarten für das nächste Jahr einen Rückgang der Gewinne um zehn Prozent.
Krieg entscheidender Faktor
Die Strategen von Barclays erklärten am Mittwoch, dass „europäische Aktien unterbewertet und sehr billig sind und gewissermaßen das Schlimmste schon eingepreist haben“und im Vergleich zu den teureren und breit gehaltenen US-Aktien nicht schlecht ausschauen.
Allerdings, so ergänzten sie, „bezweifeln wir, dass die billigen Bewertungen ausreichen werden, um eine Trendwende in Europa herbeizuführen, wenn es nicht zur Beilegung des Krieges in der Region kommt.“(Bloomberg)