Kostenaufteilung bei Fernwärme: Niemand kann hinausoptieren
Rechtsstreit. In einer gemeinnützigen Wohnanlage wird seit Jahren über die Aufteilung der Fernwärmekosten gestritten. Ein Wohnungsinhaber hat keinen Fernwärmeanschluss, muss aber laut OGH trotzdem mitzahlen. Nur wie viel genau steht noch nicht fest.
Wien. Die Heizsaison wird teuer, so viel steht fest. In Mehrfamilienhäusern mit gemeinsamer Wärmeversorgung kann es daher umso wichtiger werden, dass die Aufteilung der Kosten wenigstens annähernd dem tatsächlichen Verbrauch entspricht. Die Kostenverteilung richtet sich in solchen Gebäuden meist nach dem Heiz- und Kältekostenabrechnungsgesetz (HeizKG). Dessen Regelungen sind jedoch reichlich komplex und teilweise unklar. Oft genug gibt die Kostenverteilung daher Anlass zum Streit.
Wenn dann auch noch einzelne Wohnungen nicht an die gemeinsame Anlage angeschlossen sind, stellt sich eine weitere Frage: Müssen die Mieter oder Eigentümer solcher Wohnungen trotzdem für die zentrale Wärmeversorgung mitzahlen? Und ja, darauf läuft es letztlich hinaus: Ein Hinausoptieren
aus dem HeizKG sei nicht möglich, bekräftigte der Oberste Gerichtshof kürzlich (10 Ob 36/21y).
Jahrelanger Rechtsstreit
Es war bereits der zweite Rechtsgang in einem Streitfall zwischen einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft und einem Wohnungsinhaber. Das Verfahren zieht sich schon jahrelang hin, der Ausgang ist weiterhin offen. Das Haus, um das es geht, ist an die Fernwärme angeschlossen. Zunächst hatten die Nutzungsberechtigten der Wohnungen Einzelverträge mit der Fernwärmegesellschaft und rechneten ihre Heizkosten direkt mit dieser ab – jedoch ohne dass die tatsächlichen Kosten überhaupt ermittelt wurden.
Vielmehr zahlten sie Pauschalbeträge je nach Anzahl und Größe der in den einzelnen Wohnungen angebrachten Heizkörper. Der beklagte Wohnungsinhaber schloss damals keinen Vertrag mit der Fernwärmegesellschaft ab, weil er seine Wohnung mit Strom heizen wollte. Die Fernwärmeversorgung für seine Wohnung ist auch faktisch seit 2011 unterbrochen. Im Jahr 2015 wurden schließlich ein Gesamtzähler beim Hauseingang und Einzelzähler an den Heizkörpern in den einzelnen Wohnungen angebracht. Die Wohnbaugesellschaft schloss nun selbst einen Vertrag mit der Fernwärmegesellschaft ab und verrechnete ab März 2016 den Nutzungsberechtigten Heizkosten nach dem HeizKG.
Auch dem Inhaber der Wohnung ohne Fernwärmeanschluss wurden Kosten vorgeschrieben, die er jedoch nicht bezahlte. Er meinte, dass er aufgrund seines Vertrags mit der Wohnbaugesellschaft zwar Betriebskosten, nicht aber Heizkosten anteilig zu tragen habe. Zudem beziehe er gar keine Fernwärme, sodass ihm schon deshalb kein Heizkostenanteil, insbesondere keine variablen Heizkosten, vorgeschrieben werden könnten.
Der OGH erteilt dieser Ansicht jedoch eine Absage. Er hält in seiner Entscheidung zunächst fest, dass (zumindest) seit Installation der Zähler tatsächlich das HeizKG auf das Haus anwendbar ist. Und: Da es sich um zwingende Bestimmungen handelt, sei, wie eingangs erwähnt, ein Hinausoptieren nicht möglich – auch nicht, wenn man gar keine Fernwärme bezogen hat. Der beklagte Wohnungsinhaber wird es also akzeptieren müssen, dass auch er in die Kostenaufteilung miteinbezogen wird.
Kostenanteil noch offen
Offen ist allerdings noch, wie viel er tatsächlich zahlen muss. Um das zu klären, geht das Verfahren nun in die nächste Runde. Die Hauseigentümerin wird im Zuge dessen auch darlegen müssen, auf welcher Grundlage sie dem Beklagten in einem Jahr nicht nur verbrauchsunabhängige, sondern auch verbrauchsabhängige Kosten vorgeschrieben hat – darauf weist der OGH eigens hin.
Nicht einmal das ist also a priori ausgeschlossen. Eine wirklich separate Abrechnung gibt es laut dem Höchstgericht indes dann, wenn vor jeder Wohnung ein eigener Wärmezähler als Verrechnungszähler angebracht ist, wenn damit „der konkrete und vom Verbrauch anderer Abnehmer völlig unabhängige und unbeeinflussbare Verbrauch ermittelt wird“und wenn für jede Wohnung „echte“Einzelwärmelieferungsverträge abgeschlossen werden. Dann – und nur dann – kann man sicher sein, dass man nur für den individuellen Verbrauch zur Kasse gebeten wird. Das HeizKG kommt in solchen Fällen gar nicht zur Anwendung.