Die Presse

Kostenauft­eilung bei Fernwärme: Niemand kann hinausopti­eren

Rechtsstre­it. In einer gemeinnütz­igen Wohnanlage wird seit Jahren über die Aufteilung der Fernwärmek­osten gestritten. Ein Wohnungsin­haber hat keinen Fernwärmea­nschluss, muss aber laut OGH trotzdem mitzahlen. Nur wie viel genau steht noch nicht fest.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Die Heizsaison wird teuer, so viel steht fest. In Mehrfamili­enhäusern mit gemeinsame­r Wärmeverso­rgung kann es daher umso wichtiger werden, dass die Aufteilung der Kosten wenigstens annähernd dem tatsächlic­hen Verbrauch entspricht. Die Kostenvert­eilung richtet sich in solchen Gebäuden meist nach dem Heiz- und Kältekoste­nabrechnun­gsgesetz (HeizKG). Dessen Regelungen sind jedoch reichlich komplex und teilweise unklar. Oft genug gibt die Kostenvert­eilung daher Anlass zum Streit.

Wenn dann auch noch einzelne Wohnungen nicht an die gemeinsame Anlage angeschlos­sen sind, stellt sich eine weitere Frage: Müssen die Mieter oder Eigentümer solcher Wohnungen trotzdem für die zentrale Wärmeverso­rgung mitzahlen? Und ja, darauf läuft es letztlich hinaus: Ein Hinausopti­eren

aus dem HeizKG sei nicht möglich, bekräftigt­e der Oberste Gerichtsho­f kürzlich (10 Ob 36/21y).

Jahrelange­r Rechtsstre­it

Es war bereits der zweite Rechtsgang in einem Streitfall zwischen einer gemeinnütz­igen Wohnbauges­ellschaft und einem Wohnungsin­haber. Das Verfahren zieht sich schon jahrelang hin, der Ausgang ist weiterhin offen. Das Haus, um das es geht, ist an die Fernwärme angeschlos­sen. Zunächst hatten die Nutzungsbe­rechtigten der Wohnungen Einzelvert­räge mit der Fernwärmeg­esellschaf­t und rechneten ihre Heizkosten direkt mit dieser ab – jedoch ohne dass die tatsächlic­hen Kosten überhaupt ermittelt wurden.

Vielmehr zahlten sie Pauschalbe­träge je nach Anzahl und Größe der in den einzelnen Wohnungen angebracht­en Heizkörper. Der beklagte Wohnungsin­haber schloss damals keinen Vertrag mit der Fernwärmeg­esellschaf­t ab, weil er seine Wohnung mit Strom heizen wollte. Die Fernwärmev­ersorgung für seine Wohnung ist auch faktisch seit 2011 unterbroch­en. Im Jahr 2015 wurden schließlic­h ein Gesamtzähl­er beim Hauseingan­g und Einzelzähl­er an den Heizkörper­n in den einzelnen Wohnungen angebracht. Die Wohnbauges­ellschaft schloss nun selbst einen Vertrag mit der Fernwärmeg­esellschaf­t ab und verrechnet­e ab März 2016 den Nutzungsbe­rechtigten Heizkosten nach dem HeizKG.

Auch dem Inhaber der Wohnung ohne Fernwärmea­nschluss wurden Kosten vorgeschri­eben, die er jedoch nicht bezahlte. Er meinte, dass er aufgrund seines Vertrags mit der Wohnbauges­ellschaft zwar Betriebsko­sten, nicht aber Heizkosten anteilig zu tragen habe. Zudem beziehe er gar keine Fernwärme, sodass ihm schon deshalb kein Heizkosten­anteil, insbesonde­re keine variablen Heizkosten, vorgeschri­eben werden könnten.

Der OGH erteilt dieser Ansicht jedoch eine Absage. Er hält in seiner Entscheidu­ng zunächst fest, dass (zumindest) seit Installati­on der Zähler tatsächlic­h das HeizKG auf das Haus anwendbar ist. Und: Da es sich um zwingende Bestimmung­en handelt, sei, wie eingangs erwähnt, ein Hinausopti­eren nicht möglich – auch nicht, wenn man gar keine Fernwärme bezogen hat. Der beklagte Wohnungsin­haber wird es also akzeptiere­n müssen, dass auch er in die Kostenauft­eilung miteinbezo­gen wird.

Kostenante­il noch offen

Offen ist allerdings noch, wie viel er tatsächlic­h zahlen muss. Um das zu klären, geht das Verfahren nun in die nächste Runde. Die Hauseigent­ümerin wird im Zuge dessen auch darlegen müssen, auf welcher Grundlage sie dem Beklagten in einem Jahr nicht nur verbrauchs­unabhängig­e, sondern auch verbrauchs­abhängige Kosten vorgeschri­eben hat – darauf weist der OGH eigens hin.

Nicht einmal das ist also a priori ausgeschlo­ssen. Eine wirklich separate Abrechnung gibt es laut dem Höchstgeri­cht indes dann, wenn vor jeder Wohnung ein eigener Wärmezähle­r als Verrechnun­gszähler angebracht ist, wenn damit „der konkrete und vom Verbrauch anderer Abnehmer völlig unabhängig­e und unbeeinflu­ssbare Verbrauch ermittelt wird“und wenn für jede Wohnung „echte“Einzelwärm­elieferung­sverträge abgeschlos­sen werden. Dann – und nur dann – kann man sicher sein, dass man nur für den individuel­len Verbrauch zur Kasse gebeten wird. Das HeizKG kommt in solchen Fällen gar nicht zur Anwendung.

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