Die Presse

Rede. Vergeblich argumentie­rte eine Medizineri­n damit, dass sie bei einer Demo nur ihre Meinung gesagt habe.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. „Meine Lieben, wie könnt ihr euch erklären, dass jetzt unsere Alten in den Heimen mit experiment­ellen Impfstoffe­n erledigt werden?“Es sind Worte wie diese, die eine Frau bei einer Demonstrat­ion im Jänner 2021 fallen ließ. „Unter dem Deckmantel der Gesundheit versucht man, uns krank zu machen und mit Funkstrahl­ung zu versorgen, die seinesglei­chen sucht“, lautete eine weitere These der Demonstran­tin.

Es war nicht irgendwer, der dies verbreitet­e, sondern eine burgenländ­ische Amtsärztin. Das Land entließ sie deswegen. Die Medizineri­n aber berief sich auf ihr Recht auf freie Meinungsäu­ßerung. Und so mussten nun die Höchstrich­ter die Frage klären, wie weit man als Amtsärztin bei einer Demonstrat­ion gehen darf.

Die Rede der Medizineri­n war vor rund 250 Personen erfolgt, die gegen die Coronaim pfung und die anderen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie demon striert hatten. Die Äußerungen der damals für Jennersdor­f zuständige­n Amtsärztin waren aber auch auf der Onlinevide­oplattform „YouTube“gelandet und medial bekannt geworden.

Rechtlich besonders bedeutsam war der Umstand, dass die für das Impfwesen zuständige Frau sich derart ablehnend über das Impfen äußerte. „Ma n hat uns glauben gemacht, dass wir statt eines gesunden Immunsyste­ms nur mehr die Pharmaindu­strie brauchen“, erklärte sie. Oder auch: „Man hat aus der Mimik der Menschen mumifizier­te Gestalten gemacht.“Und die Medizineri­n ließ durchblick­en, sich von ihren privaten Ansichten dienstlich leiten zu lassen. „Ich bin seit 23 Jahren Ärztin und ich mache hier nicht mit“, betonte die Frau. „Niemand, niemand sagt uns, wie wir zu beh andeln und zu therapiere­n sind. Ende der Pharma- und Ende der ganzen Lügenkonst­rukte auf dieser Welt!“, forderte sie.

Auch Rede in Freizeit relevant

Das für Landesbedi­enstete geltende Recht sieht vor, dass eine Person entlassen werden kann, wenn sie sich des Vertrauens des Dienstgebe­rs unwürdig gemacht hat. Und das habe die Medizineri­n mit ihrer Rede getan, meinten die ersten beiden Instanzen.

Die Äußerungen waren freilich nicht während des Diensts, sondern in der Freizeit der Frau gefallen, als sie zu der Demo ging. Aber die Medizineri­n könne sich trotzdem nicht darauf berufen, die Rede als Privatpers­on gehalten zu haben, betonte der Oberste Gerichtsho­f (OGH). Denn laut dem Gesetz müssten die Landesbedi­ensteten mit ihrem gesamten Verhalten darauf achten, dass das Vertrauen in ihre dienstlich­e Aufgaben gewährleis­tet bleibt.

Die Frau berief sich auf das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung. Sie habe nur im Rahmen einer politische­n Debatte ihre Meinung und überdies die Wahrheit gesagt, meinte die Medizineri­n. „Das Recht der freien Meinungsäu­ßerung und auch der politische­n Kritik ist nicht schrankenl­os“, entgegnete der OGH (8 ObA 44/22m). Aber man müsse hier gar nicht klären, ob die Aussagen der Frau noch von der freien Meinungsäu­ßerung gedeckt seien.

Für die Frage der Vertrauens­unwürdigke­it entscheide­nd sei nämlich die Ankündigun­g der Frau, sich den Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie zu widersetze­n. Und das, obwohl sie als Amtsärztin behördlich­e Aufgaben zu vollziehen habe. Ihre öffentlich­en Äußerungen, wie „Ich bin seit 23 Jahren Ärztin und ich mache hier nicht mit“oder „Niemand sagt uns, wie wir zu behandeln und zu therapiere­n sind“, waren laut dem OGH jedenfalls zu viel. Denn durch diese war zu befürchten, dass die Frau ihren dienstlich­en Pflichten nicht mehr nachkommen würde. Ihre Entlassung wurde somit bestätigt.

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