Rede. Vergeblich argumentierte eine Medizinerin damit, dass sie bei einer Demo nur ihre Meinung gesagt habe.
Wien. „Meine Lieben, wie könnt ihr euch erklären, dass jetzt unsere Alten in den Heimen mit experimentellen Impfstoffen erledigt werden?“Es sind Worte wie diese, die eine Frau bei einer Demonstration im Jänner 2021 fallen ließ. „Unter dem Deckmantel der Gesundheit versucht man, uns krank zu machen und mit Funkstrahlung zu versorgen, die seinesgleichen sucht“, lautete eine weitere These der Demonstrantin.
Es war nicht irgendwer, der dies verbreitete, sondern eine burgenländische Amtsärztin. Das Land entließ sie deswegen. Die Medizinerin aber berief sich auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung. Und so mussten nun die Höchstrichter die Frage klären, wie weit man als Amtsärztin bei einer Demonstration gehen darf.
Die Rede der Medizinerin war vor rund 250 Personen erfolgt, die gegen die Coronaim pfung und die anderen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie demon striert hatten. Die Äußerungen der damals für Jennersdorf zuständigen Amtsärztin waren aber auch auf der Onlinevideoplattform „YouTube“gelandet und medial bekannt geworden.
Rechtlich besonders bedeutsam war der Umstand, dass die für das Impfwesen zuständige Frau sich derart ablehnend über das Impfen äußerte. „Ma n hat uns glauben gemacht, dass wir statt eines gesunden Immunsystems nur mehr die Pharmaindustrie brauchen“, erklärte sie. Oder auch: „Man hat aus der Mimik der Menschen mumifizierte Gestalten gemacht.“Und die Medizinerin ließ durchblicken, sich von ihren privaten Ansichten dienstlich leiten zu lassen. „Ich bin seit 23 Jahren Ärztin und ich mache hier nicht mit“, betonte die Frau. „Niemand, niemand sagt uns, wie wir zu beh andeln und zu therapieren sind. Ende der Pharma- und Ende der ganzen Lügenkonstrukte auf dieser Welt!“, forderte sie.
Auch Rede in Freizeit relevant
Das für Landesbedienstete geltende Recht sieht vor, dass eine Person entlassen werden kann, wenn sie sich des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig gemacht hat. Und das habe die Medizinerin mit ihrer Rede getan, meinten die ersten beiden Instanzen.
Die Äußerungen waren freilich nicht während des Diensts, sondern in der Freizeit der Frau gefallen, als sie zu der Demo ging. Aber die Medizinerin könne sich trotzdem nicht darauf berufen, die Rede als Privatperson gehalten zu haben, betonte der Oberste Gerichtshof (OGH). Denn laut dem Gesetz müssten die Landesbediensteten mit ihrem gesamten Verhalten darauf achten, dass das Vertrauen in ihre dienstliche Aufgaben gewährleistet bleibt.
Die Frau berief sich auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. Sie habe nur im Rahmen einer politischen Debatte ihre Meinung und überdies die Wahrheit gesagt, meinte die Medizinerin. „Das Recht der freien Meinungsäußerung und auch der politischen Kritik ist nicht schrankenlos“, entgegnete der OGH (8 ObA 44/22m). Aber man müsse hier gar nicht klären, ob die Aussagen der Frau noch von der freien Meinungsäußerung gedeckt seien.
Für die Frage der Vertrauensunwürdigkeit entscheidend sei nämlich die Ankündigung der Frau, sich den Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie zu widersetzen. Und das, obwohl sie als Amtsärztin behördliche Aufgaben zu vollziehen habe. Ihre öffentlichen Äußerungen, wie „Ich bin seit 23 Jahren Ärztin und ich mache hier nicht mit“oder „Niemand sagt uns, wie wir zu behandeln und zu therapieren sind“, waren laut dem OGH jedenfalls zu viel. Denn durch diese war zu befürchten, dass die Frau ihren dienstlichen Pflichten nicht mehr nachkommen würde. Ihre Entlassung wurde somit bestätigt.