Regie-Müll erstickt die Oper. Nicht alle wollen da mitmachen
In einem Rundumschlag gegen die Umtriebe der Regisseure erläuterte Staatsopern-Musikchef Philippe Jordan, warum er nicht über 2025 bleibt.
Das Pubikum kommt längst „trotzdem“, nicht „deshalb“
Ach, ich guck einfach nicht hin“, meinte einst Christian Thielemann auf meine Frage, wie er es mit den verrückten Inszenierungen halte, zu denen er immer öfter gezwungen war, Musik zu machen. Genau betrachtet hat die ästhetischen Gräueltaten der Regisseurszunft offenbar aber Philippe Jordan. Der Musikdirektor der Wiener Staatsoper hat in der Sonntagsausgabe des „Kurier“resigniert festgestellt: Er hätte sich der Illusion hingegeben, im Musiktheater noch etwas Sinnvolles erreichen zu können – und nun müsse er erkennen, dass dies ein Irrglaube gewesen sei. Fazit: Jordan wird sich 2025 nach Ablauf seines Vertrags aus Wien verabschieden.
Offenkundig haben ihn die szenischen Realitäten der von ihm geleiteten Staatsopern-Premieren so wenig befriedigt, dass ihm die Entscheidung leichtfiel, künftig mehr auf dem Konzertpodium wirken zu wollen.
Obwohl Jordan im Gespräch mit Gert Korentschnig ausdrücklich nur über seine persönliche Befindlichkeit im Umgang mit dem allseits gepflogenen Regisseursunwesen spricht, lässt die Ankündigung aufhorchen, dass der Dirigent nicht daran denkt, den
Kurs einer vom damaligen Kulturminister Drozda so genannten „Oper 4.0“weiter mitzutragen. Direktor Bogdan Rosčˇić stellt in einer knappen Reaktion auf das Interview seines Musikdirektors die Dinge anders dar. Er sagt über Jordan: „Er wollte seinen Vertrag gern verlängern, was mir aber aus anderen Gründen nicht möglich war.“
Die Wiener Kulturpolitik findet den Kurs der Staatsoper jedenfalls so gut, dass der Vertrag von Rosčˇić bis 2030 verlängert wurde. Was dies für das Haus bedeutet, mag man an den bisherigen Regiearbeiten ermessen, die eingekauft oder für Wien erstellt wurden. Stichworte: „Parsifal“, „Tristan“, „Carmen“, „Traviata“oder der demnächst aus dem österlichen Salzburg
zu importierende „Lohengrin“– so „entwickelt“, könnte das Repertoire bald aussehen wie jenes, das Nikolaus Bachler in München hinterlassen hat. Kaum ein Werk ist dort noch zu erkennen. Die Politik stützt das, das Publikum hält es mehrheitlich für unerträglich.
Abgesehen von der Optik gilt für die musikalische Komponente: Die Staatsoper kam oft ohne Musikdirektor aus. Allerdings mussten die Voraussetzungen stimmen. Erinnern wir uns an den überstürzten Abgang von Franz Welser-Möst 2014? In jener Spielzeit gastierten Rattle, Petrenko, Bychkov, Thielemann. Und heute?