Corona-Infizierte sollen im Parlament mitabstimmen
Abgeordnete. Es ist erlaubt, mit dem Virus zu Sitzungen zu kommen. Für symptomlos Corona-Infizierte denken dies auch mehrere Fraktionen an.
Wien. 97 zu 86 lautet das Abgeordnetenverhältnis zwischen Koalition und Opposition im Nationalrat. Noch knapper ist es im Bundesrat, in dem Türkis-Grün nur eine Mehrheit von 31:30 an Mandataren innehat. Aber es kommen meist nicht alle. Neben beruflichen und manchmal auch privat begründeten Absenzen können es vor allem Krankheiten sein, die Mandatare am Kommen hindern. Oder auch eine bloße Quarantäne.
Diese Absonderung ist für Corona-Infizierte seit August aber nicht mehr vorgeschrieben, sondern für sie gelten nur noch Verkehrsbeschränkungen. Und damit stellt sich in Zeiten steigender Infektionszahlen die Frage: Wie werden die diversen Fraktionen damit umgehen, wenn sie coronapositiv getestete Abgeordnete in ihren Reihen haben? Werden diese trotzdem kommen und abstimmen?
Klar ist, dass Abgeordnete coronapositiv zu Sitzungen anreisen dürfen. Sie könnten „ihren Wohnort verlassen und ihren Arbeitsort besuchen“, betont das Gesundheitsministerium. Sie müssten aber am Arbeitsort auf „das durchgehende und korrekte Tragen einer FFP2-Maske“achten.
ÖVP-Mandatare „auf Abruf“
Arbeitsorte dürfen zwar über ihre Hausordnung strengere Regelungen als das Gesetz vorsehen, für Abgeordnete ist dies im Parlament aber nicht der Fall. Die aktuellen Regeln stünden „einer Teilnahme von auf Sars-CoV-2 positiv getesteten Abgeordneten an Sitzungen im Parlament nicht entgegen“, bestätigt die Parlamentsdirektion.
Also entscheiden die Mandatare selbst bzw. ihre Fraktionen. Wer sich krank fühlt, werde weiter zu Hause bleiben, heißt es aus dem ÖVP–Klub zur „Presse“. Aber es gibt auch einen türkisen Plan für Corona-Positive ohne Symptome. Diese Abgeordneten sollten sich bei Sitzungen „in der Nähe des Parlaments“aufhalten und „auf Abruf“bei Abstimmungen mit Maske ins Plenum kommen.
Auch im grünen Klub erklärt man, dass Kranke keinesfalls kämen. Wie man bei wichtigen Sitzungen mit coronapositiven Abgeordneten ohne Symptome umgehe, wolle man künftig im Einzelfall entscheiden. „Sollten Abgeordnete bei Nationalratssitzungen asymptomatisch infiziert sein, werden sie natürlich eine Maske tragen“, wird aber betont.
Das Problem an der Maske ist im Parlament jenes der Durchsetzbarkeit, wenn sich ein Abgeordneter nicht daran hält. „Im Fall eines Nichttragens wäre eine Abwägung zu treffen zwischen dem Schutz einerseits und der Ausübung des passiven Wahlrechts andererseits“, heißt es aus der Parlamentsdirektion. Es ist also rechtlich unklar, ob man den infizierten Mandatar ohne Schutz von der Sitzung ausschließen dürfte. Die Entscheidung darüber würde dem dem Gremium gerade vorsitzenden Parlamentspräsidenten obliegen.
Ohne Maske droht Infizierten zwar selbst bei Zulassung für die Parlamentssitzung eine Strafe. Doch könnten sich maskenverweigernde Abgeordnete gerade bei einer Strafe wegen des Verhaltens im Parlament auf ihre Immunität als Mandatar berufen.
Besonders kritisch gegenüber Maskenregeln und Coronabestimmungen trat bisher die FPÖ auf. Die Frage, inwiefern ihre Mandatare coronapositiv bzw. als Infizierte maskentragend ins Parlament kämen, beantwortet die Fraktion recht global: Man halte sich an „alle gesetzlichen Vorgaben“.
SPÖ, Neos: Keine Infizierten
Im Neos-Parlamentsklub gilt die Regel, dass wissentlich Infizierte (egal, ob mit oder ohne Symptome) niemals an Parlaments- oder Ausschusssitzungen teilnehmen sollen. Die SPÖ gibt eine ähnliche Coronaformel aus: „Wer infiziert ist, kommt nicht.“
Und wie viel Abstand könnten nun infizierte und nicht infizierte Abgeordnete voneinander halten? Im Bundesrat ist das schwieriger, weil die Mandatare laut Geschäftsordnung auf ihrem Platz anwesend sein müssen, um ihre Stimme abzugeben. Im Nationalrat ist das weniger strikt. Dort könnte man also im Saal leichter mit etwas Abstand voneinander abstimmen.