„Führerschein“für exotische Wildtiere
Wien. Die Stadt führt einen verpflichtenden Sachkundenachweis für Reptilien, Amphibien und Papageienvögel ein. Viele werden vernachlässigt, „leiden still, sterben langsam“, so eine Expertin.
Wien. Nicht nur für Hunde brauchen Wiener künftig verpflichtend einen Sachkundenachweis. Ab 1. Jänner 2023 müssen diesen auch Halter exotischer Wildtiere vorlegen, wenn sie Reptilien, Amphibien oder Papageienvögel im Rahmen des verpflichtenden Behördengangs melden. Seit 2005 sieht nämlich das Bundestierschutzgesetz für ganz Österreich bereits eine Meldepflicht dieser Tiere vor. Wird sie ignoriert, gibt es Strafen von bis zu 3750 Euro.
Keine Streicheltiere
Die Stadt Wien und die Tierschutzombudsstelle Wien wollen mit dem vierstündigen Kurs (40 Euro) potenzielle Halter noch vor einer möglichen Anschaffung über die besonderen Bedürfnisse und die schwierigen Haltungsanforderungen informieren und aufklären, um Vernachlässigung und Überforderung zu vermeiden. Beim Sachkundenachweis für Exoten erfährt man alles rund um Haltung und Pflege wie etwa die notwendige Größe des Terrariums, die Fütterung, die Lebenserwartung usw. Denn viele der Tiere werden laut Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien, vernachlässigt oder überhaupt zurückgelassen: „Diese Tiere leiden still und sterben langsam.“Ein großer Irrglaube sei, dass ein Hund oder eine Katze zu aufwendig wäre, weshalb sich Menschen ein Terrariumtier als Alternative zulegen. Das sei aber eine falsche Vorstellung, denn diese Tiere seien besonders sensibel. Sie müssten genauso gepflegt und zum Tierarzt gebracht werden. „Diese Tiere sind keine Streicheltiere. Mit ihnen kann man keine Beziehung aufbauen. Sie wollen eigentlich von den Menschen in Ruhe gelassen werden“, sagt die Wiener Tierschutzombudsfrau.
Mit dem Sachkundekurs wolle man falschen Vorstellungen entgegenwirken und den „Menschen die Informationen liefern, die sie brauchen, um einfach eine gute Entscheidung zu treffen: ,Kann ich so ein Tier halten? Was habe ich davon?‘“, so Persy. Dazu werde es zwei Kurse geben: einen für Reptilien und Amphibien und einen weiteren für Papageienvögel. Dort erfahren die potenziellen Halter die wichtigsten Basics.
Tiere: 80 Jahre und älter
Besonders die Langlebigkeit dieser Tiere sollte dringend bedacht werden. Denn anders als beispielsweise Hunde können sie „80 Jahre und älter werden. Das muss man einfach gehört haben und sich dann noch einmal überlegen“, sagt Persy. „Denn wer von uns kann jetzt sagen, was in 80 Jahren sein wird? Aber diese Tiere gibt es dann noch und müssen bis zu ihrem Lebensende versorgt werden.“
Sehr beliebt sei die griechische Landschildkröte. Beim Kauf des Tiers sei es allerdings noch relativ klein: unter sechs Zentimeter groß. Dazu benötige der jeweilige Halter ein Terrarium mit einem halben Quadratmeter Grundfläche, ungefähr die Größe eines
Flachbildschirms. „Wird dieses Tier dann größer als zwölf Zentimeter, brauche ich ein größeres Terrarium mit zwei Quadratmetern Grundfläche. Das ist dann größer als ein Einzelbett und muss auch in die Wohnung passen“, mahnt Persy.
Ziel ist für Tierschutzstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ), „dass es alle machen und nicht, dass wir Angst und Schrecken unter den Tierhaltern verbreiten“. Denn positive Erfahrungen hat bereits der Hundesachkundenachweis gebracht, der seit 2019 verpflichtend ist. Der Kurs habe genau das erzielt, was man wollte: „Dass Menschen ihr Vorhaben noch einmal überdenken und vielleicht draufkommen, dass ein anderes Tier oder gar keines besser wäre.“Der Kurs muss außerdem nur einmalig absolviert werden. Czernohorszkys Ziel ist: „Dass so viele Halter wie möglich sich diesen Kurs reinziehen, weil wir dabei so viel Wissen wie möglich vermitteln wollen.“(bek)