Das Ende der kalten Progression
Einkommensteuer. Die geplante Regelung zur Abschaffung der kalten Progression hat den Finanzausschuss passiert. Eine Anpassung der Tarifstufen soll Steuerzahler entlasten.
Wien. Im Finanzausschuss am Montag wurde die Abschaffung der kalten Progression beschlossen. Die schleichende Steuererhöhung wird somit mit 1. Jänner des kommenden Jahres abgeschafft. Konkret bedeutet das, dass vom Lohn künftig mehr übrig bleibt. Bisher waren Steuerzahler ab einer Einkommensgrenze von 11.000 Euro steuerpflichtig – im nächsten Jahr liegt diese Grenze bei 11.693 Euro. So steigen alle Tarifstufen in den kommenden Jahren um den Inflationswert.
Als Grundlage für die Erhebung der Inflation haben IHS und Wifo einen Steuerprogressionsbericht vorgelegt. Dieser Bericht weist für den Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022 eine Inflation von 5,2 Prozent aus. Daraus ergibt sich, dass die Menschen mit der Abschaffung der kalten Progression im kommenden Jahr um 1,85 Mrd. Euro entlastet werden. In den Folgejahren soll die Entlastung weiter steigen. „Mit der Abschaffung der kalten Progression beenden wir die schleichende Steuererhöhung. Wir geben den Menschen damit Geld zurück, das ihnen die Inflation genommen hat. So entlasten wir die Österreicherinnen und Österreicher langfristig. Es ist ein Akt der Fairness, dass den arbeitenden Menschen, die von der massiven Teuerung betroffen sind, mehr Netto vom Brutto bleibt“, wird Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zu dem am Montag gefassten Beschluss in einer Aussendung zitiert.
Lohnnebenkosten sinken
Zusätzlich wird eine langjährige Forderung der Wirtschaft umgesetzt: die Senkung der Lohnnebenkosten. Mit der Senkung des Beitrags zum Familienlastenausgleichtsfonds (Flaf) um 0,2 Prozent kommt es zu einer Entlastung von 1,5 Mrd. Euro bis 2026. Bereits beschlossen wurde die Senkung der Beiträge zur Unfallversicherung (UV) um 0,1
Prozent. Insgesamt werden somit die Lohnnebenkosten ab 2023 dauerhaft um 0,3 Prozentpunkte gesenkt und der „Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt“, so der Minister.
Im Bereich Land- und Forstwirtschaft werden zum ersten Mal seit 20 Jahren die Umsatzgrenzen für die Pauschalierung angehoben. Davon profitieren bis zu 50.000 Landwirte: Die Umsatzsteuerpauschalierungsgrenze wird von 400.000 Euro auf 600.000 Euro erhöht, und die Ertragsteuerpauschalierungsgrenze von 130.000 Euro auf 165.000 Euro angehoben.
Laut einer Analyse des Budgetdiensts ist bei der Abschaffung der kalten Progression die relative Entlastung im Bereich von 2000 Euro pro Monat brutto am höchsten und beträgt im Jahr 2023 bis zu 1,8 Prozent des Nettoeinkommens. Bis zum Jahr 2026 bleiben einem Vollzeitbeschäftigten mit 3171 Euro brutto monatlich 4100 Euro mehr in der Geldbörse, einer Pensionistin mit 1582 Euro brutto bleiben 3770 Euro mehr.
Uneinigkeit über das letzte Drittel
Die Abschaffung der kalten Progression bringt laut Eco Austria bis zu rund ein Prozent BIP-Wachstum, eine Beschäftigungserhöhung um bis zu 36.700 Personen und 20.000 Arbeitslose weniger bis 2026.
Die Gesamtentlastung durch die Abschaffung der kalten Progression beträgt bis 2026 rund 20 Mrd. Euro (2023: 1,85 Mrd.; 2024: 4,38 Mrd.; 2025: 6,28 Mrd. und 2026 7,78 Mrd. Euro).
Die neuen Tarifgrenzen für 2023 lauten: null Prozent bis 11.693 Euro (statt 11.000), 20 Prozent bis 19.134 Euro (statt 18.000), 30 Prozent bis 32.075 Euro (statt 31.000), 41 Prozent bis 62.080 Euro (statt 60.000); 48 Prozent bis 93.120 Euro (statt 90.000).
ÖVP, Grüne und FPÖ stimmten für den Gesetzesentwurf. ÖVP und Grüne sahen in der Abschaffung der kalten Progression einen historischen Schritt. Obwohl damit eine zentrale Forderung der Neos umgesetzt wird, stimmten diese nicht zu, sie fordern eine automatische Vollanpassung. Die Einkommensteuertarife werden automatisch nur um zwei Drittel der Inflationsrate angepasst. Zur Abgeltung des verbleibenden Drittels soll jedes Jahr bis 15. September ein Beschluss gefasst werden. Das Volumen des abzugeltenden Drittels wird in jenem Progressionsbericht erhoben, der für 2023 von Wifo und IHS vorgelegt worden ist. Die FPÖ hält diesen Mechanismus für zu komplex. Aus Sicht der SPÖ fehle es an konkreten Regelungen für das restliche Drittel ebenso wie an einer Gegenfinanzierung. (APA)