Doskozil gegen die Gewerkschaft, das ist Brutalität
Arbeitsmarkt. Im Burgenland gilt seit 2020 ein Mindestlohn von 1700 Euro netto, der heuer auf mehr als 1800 Euro steigen wird. Mit seiner Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn geht Doskozil erneut auf Konfrontationskurs mit der Gewerkschaft.
Dass der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) nicht gerade konfliktscheu ist, wissen auch die Genossen von der Gewerkschaft nur zu gut. Im Sommer stach er etwa mit seiner Forderung nach einer Abschaffung der „überflüssigen“Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in ein Wespennest. Die Sozialversicherung sei „ein wesentliches Kernelement des österreichischen Wohlfahrtsstaats und eine zentrale Errungenschaft der Arbeitnehmerbewegung“, zürnte Rainer Wimmer, Chef der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, über den Vorschlag aus den eigenen Reihen. „Was niemand braucht, sind weitere unüberlegte politische Eingriffe – schon gar nicht, wenn der Plan darauf abzielt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gänzlich zu enteignen.“
Wenige Wochen später, zu Beginn der Lohnverhandlungen, kam der Konter aus Eisenstadt: Die Gewerkschaft ging mit der Forderung nach einem Mindestlohn von 2000 Euro brutto in die Lohnrunde. „Enttäuschend“, kritisierte Doskozil die Aktion der Arbeitnehmervertreter daraufhin öffentlich und verwies einmal mehr darauf, dass für die Arbeitnehmer mehr zu holen wäre, wenn das Land den burgenländischen Weg einschlüge.
Wer bringt den Arbeitnehmern mehr?
Im Burgenland hat Doskozil, nachdem er mit einer absoluten Mehrheit aus den jüngsten Wahlen gegangen ist, nämlich 2020 einen weit höheren Mindestlohn gesetzlich vorgeschrieben. 1700 Euro netto mindestens – umgerechnet etwa zehn Euro die Stunde – erhalten alle Landesbediensteten, Mitarbeiter bei zwei Dritteln aller Gemeinden und auch die Angestellten in den Betrieben, an denen das Land beteiligt ist. Nach der Valorisierung wird der Betrag heuer auf 1838 Euro monatlich angewachsen sein. Netto, nicht brutto, wohlgemerkt. Damit liegt der burgenländische Mindestlohn weit über dem, was selbst die Gewerkschaft will.
Um den burgenländischen Mindestlohn möglichst flächendeckend umzusetzen, sieht der Landeshauptmann daher nur einen Weg: „Auch wenn die Gewerkschaft keine Freude hat: Ich würde den Mindestlohn gesetzlich vorgeben. Es gibt genug Gehaltsbänder nach oben und genug andere Anliegen der Arbeiterschaft, bei denen die Gewerkschaft ihre Wertigkeit zeigen kann.“
Rauchfangkehrer schließen sich an
Bisher hat die Gewerkschaft wenig Interesse daran gezeigt, das Thema per Gesetz zu regeln. Lohnverhandlungen seien Sache der Sozialpartner, so die Argumentation. „Ich verstehe nicht, wieso man sich gegen den gesetzlichen Mindestlohn wehrt, nur weil man ihn dann nicht mehr selbst verhandeln kann“, legt Doskozil nach. „Gerade in Zeiten wie diesen sollte ausschließlich das Wohl der Arbeitnehmer im Vordergrund stehen.“
Obwohl etliche Betriebe klagen, dass ihnen die Mindestlohn-Vorgaben des Landes das Leben schwer machten, ist er überzeugt, dass das Modell auch im Rest der Wirtschaft funktionieren würde – und verzeichnet erste Erfolge: Die Rauchfangkehrer haben den burgenländischen Mindestlohn bereits freiwillig übernommen.