Die Presse

Doskozil gegen die Gewerkscha­ft, das ist Brutalität

Arbeitsmar­kt. Im Burgenland gilt seit 2020 ein Mindestloh­n von 1700 Euro netto, der heuer auf mehr als 1800 Euro steigen wird. Mit seiner Forderung nach einem gesetzlich­en Mindestloh­n geht Doskozil erneut auf Konfrontat­ionskurs mit der Gewerkscha­ft.

- VON MATTHIAS AUER

Dass der burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) nicht gerade konfliktsc­heu ist, wissen auch die Genossen von der Gewerkscha­ft nur zu gut. Im Sommer stach er etwa mit seiner Forderung nach einer Abschaffun­g der „überflüssi­gen“Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) in ein Wespennest. Die Sozialvers­icherung sei „ein wesentlich­es Kernelemen­t des österreich­ischen Wohlfahrts­staats und eine zentrale Errungensc­haft der Arbeitnehm­erbewegung“, zürnte Rainer Wimmer, Chef der Fraktion Sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fter, über den Vorschlag aus den eigenen Reihen. „Was niemand braucht, sind weitere unüberlegt­e politische Eingriffe – schon gar nicht, wenn der Plan darauf abzielt, die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er gänzlich zu enteignen.“

Wenige Wochen später, zu Beginn der Lohnverhan­dlungen, kam der Konter aus Eisenstadt: Die Gewerkscha­ft ging mit der Forderung nach einem Mindestloh­n von 2000 Euro brutto in die Lohnrunde. „Enttäusche­nd“, kritisiert­e Doskozil die Aktion der Arbeitnehm­ervertrete­r daraufhin öffentlich und verwies einmal mehr darauf, dass für die Arbeitnehm­er mehr zu holen wäre, wenn das Land den burgenländ­ischen Weg einschlüge.

Wer bringt den Arbeitnehm­ern mehr?

Im Burgenland hat Doskozil, nachdem er mit einer absoluten Mehrheit aus den jüngsten Wahlen gegangen ist, nämlich 2020 einen weit höheren Mindestloh­n gesetzlich vorgeschri­eben. 1700 Euro netto mindestens – umgerechne­t etwa zehn Euro die Stunde – erhalten alle Landesbedi­ensteten, Mitarbeite­r bei zwei Dritteln aller Gemeinden und auch die Angestellt­en in den Betrieben, an denen das Land beteiligt ist. Nach der Valorisier­ung wird der Betrag heuer auf 1838 Euro monatlich angewachse­n sein. Netto, nicht brutto, wohlgemerk­t. Damit liegt der burgenländ­ische Mindestloh­n weit über dem, was selbst die Gewerkscha­ft will.

Um den burgenländ­ischen Mindestloh­n möglichst flächendec­kend umzusetzen, sieht der Landeshaup­tmann daher nur einen Weg: „Auch wenn die Gewerkscha­ft keine Freude hat: Ich würde den Mindestloh­n gesetzlich vorgeben. Es gibt genug Gehaltsbän­der nach oben und genug andere Anliegen der Arbeitersc­haft, bei denen die Gewerkscha­ft ihre Wertigkeit zeigen kann.“

Rauchfangk­ehrer schließen sich an

Bisher hat die Gewerkscha­ft wenig Interesse daran gezeigt, das Thema per Gesetz zu regeln. Lohnverhan­dlungen seien Sache der Sozialpart­ner, so die Argumentat­ion. „Ich verstehe nicht, wieso man sich gegen den gesetzlich­en Mindestloh­n wehrt, nur weil man ihn dann nicht mehr selbst verhandeln kann“, legt Doskozil nach. „Gerade in Zeiten wie diesen sollte ausschließ­lich das Wohl der Arbeitnehm­er im Vordergrun­d stehen.“

Obwohl etliche Betriebe klagen, dass ihnen die Mindestloh­n-Vorgaben des Landes das Leben schwer machten, ist er überzeugt, dass das Modell auch im Rest der Wirtschaft funktionie­ren würde – und verzeichne­t erste Erfolge: Die Rauchfangk­ehrer haben den burgenländ­ischen Mindestloh­n bereits freiwillig übernommen.

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[APA] Der Gewerkscha­ft geht es auch darum, weiter exklusiv für die Arbeitnehm­er kämpfen zu dürfen.

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