Die Presse

Selenskij verbietet Gespräche mit Kremlchef

Kiew lehnt Verhandlun­gen mit dem Kremlchef und ein Friedenssz­enario Elon Musks ab.

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Kiew. Die Ukraine hat per Dekret Verhandlun­gen mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin verboten. Die Website des ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskij hat ein solches Dokument veröffentl­icht. Dem ging eine Entscheidu­ng des Rates für Sicherheit und Verteidigu­ng voraus. Selenskij hatte den Schritt angekündig­t.

Der Sicherheit­srat reagierte damit auf die russische Annexion von vier ukrainisch­en Gebieten in der Süd- und Ostukraine, die internatio­nal als Völkerrech­tsbruch kritisiert wurden. Selenskij leitet den Rat bestehend aus Regierungs­mitglieder­n und den Chefs von Armee und Geheimdien­sten.

In den ersten Wochen des Krieges gab es Gespräche zwischen der Ukraine und Russland vor allem auf Ebene von Unterhändl­ern. Der Kreml hatte ein Treffen der beiden Präsidente­n an für Kiew nicht akzeptable Bedingunge­n geknüpft. Nach den zunehmende­n Erfolgen der ukrainisch­en Armee schließt Kiew Verhandlun­gen vor dem kompletten Abzug der russischen Truppen von ukrainisch­em Staatsgebi­et praktisch aus.

Kiew hat indessen ein vom US-Milliardär Elon Musk skizzierte Friedenssz­enario offiziell abgelehnt. Zuvor hatte Musk via Twitter eine vermeintli­che Lösung für das Ende des Kriegs aufgezeigt. Demnach soll in den vier vom Kreml annektiert­en Gebieten in der Süd- und Ostukraine, in Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischs­chja unter Aufsicht der UNO neu abgestimmt werden. Russland müsse die Gebiete verlassen, wenn dies der Wille der Menschen sei. Die Ukraine soll einen neutralen Status bekommen. Weiters soll die 2014 von Russland annektiert­e Halbinsel Krim bei Moskau bleiben.

„Die Ukraine diktiert das Tempo“

Währenddes­sen hat die Ukraine bei Gegenangri­ffen im Süden des Landes fünf Dörfer von russischen Truppen befreit. Die Gegenoffen­sive bereitet den russischen Einheiten nach Experten-Ansicht gleich an mehreren Fronten enorme Probleme. „Die Ukraine diktiert im Moment das Tempo“, sagte ein Vertreter westlicher Sicherheit­skreise in einem Briefing in London. Einige russische Einheiten stünden so unter Druck, dass sie sich zum Rückzug gezwungen sähen – teilweise auch gegen den Willen der russischen Führung.

„Kalter und dunkler Winter“

Die Regierung in Kiew warnte derweil vor dem härtesten Winter seit Jahrzehnte­n. Man müsse mit gezielten Angriffen der russischen Streitkräf­te auf kritische Energie-Infrastruk­tur rechnen. Rund 50.000 Gebäude sowie 350 zentrale Heizungsan­lagen seien in den sieben Monaten seit Kriegsbegi­nn beschädigt worden, berichtet der Minister für Kommunen und Territoria­lentwicklu­ng.

„Die Aggressore­n wollen uns zu einem kalten und dunklen Winter verdammen“, sagt auch der Bürgermeis­ter von Charkiw, Ihor Terechow. Am Wochenende berichtete­n ukrainisch­e Medien, dass zwei Umspannwer­ke im Süden des Landes bei russischen Angriffen vollständi­g zerstört worden seien. Auch Energiemin­ister German Galuschtsc­henko hatte bereits von enormen Schäden gesprochen.

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