„Mein Herz schlägt für beide Länder“
Interview. Statt Krisenmanagement mit Rapid erlebt Robert Ljubĭcíc Höhenflüge mit Zagreb. Der 23-Jährige über Dinamos Duell mit Salzburg und die Nationalteam-Frage: Österreich oder Kroatien?
Die Presse: Sie haben Rapid im Sommer verlassen und sich die Europacup-Blamage gegen Vaduz erspart. Stattdessen spielen Sie mit Dinamo Zagreb in der Champions League. Haben Sie alles richtig gemacht?
Robert Ljubičić: Viele Leute haben gesagt, dieser Transfer wäre kein guter Schritt von mir. Ich habe mich aber ganz bewusst für Dinamo entschieden. Nicht, weil ich geahnt habe, dass es bei Rapid schlechter laufen könnte, sondern weil ich davon überzeugt war, dass mich dieser Transfer weiterbringt. Jetzt läuft es noch viel besser als erwartet. Wir haben uns für die Champions League qualifiziert, zu Hause Chelsea geschlagen – und in der Meisterschaft liegen wir elf Punkte vor dem Zweiten.
Hat Sie denn irgendetwas in Zagreb überrascht, etwa die Qualität Ihrer Teamkollegen?
Ich war schon positiv überrascht, als ich beim Training die Spieler neben mir gesehen habe. Da sind einige dabei, die riesige Qualität mitbringen. Ich habe noch nie in einer besseren Mannschaft gespielt, ich kann viel lernen.
Rapid und Dinamo genießen landesweit hohe Popularität. Was haben diese beiden Klubs denn noch gemein?
Vielleicht weniger, als man glauben mag. Rapid steht zwar bei den Fans in Österreich ganz oben, aber der Verein muss nicht jedes Spiel gewinnen. Bei Dinamo ist das anders. Von der besten Mannschaft des Landes wird erwartet, dass sie jedes Spiel gewinnt. Was die Erwartungshaltung betrifft, ist Dinamo also eher mit Salzburg vergleichbar. Aber bei allem Respekt vor Salzburg: Dinamo ist ein riesiger Traditionsverein, der seit über 100 Jahren existiert.
Also erwartet man heute Abend auch einen Sieg gegen Salzburg?
Die Champions League ist eine andere Geschichte. Wir kennen Salzburgs Qualitäten, aber ich glaube, keine Mannschaft sollte den Fehler machen und Dinamo unterschätzen. Man hat gegen Chelsea und Milan gesehen, welche Qualität in diesem Kader steckt.
Der Auftakt gegen Chelsea (1:0) lässt Dinamo ja sogar vom Aufstieg ins Achtelfinale träumen.
Dieser Sieg war eine Sensation. Für den Verein, für jeden Spieler und die Fans. Wenn man sich Chelseas Erfolge ansieht, dann ist dieser Klub einer der fünf besten der vergangenen zehn Jahre. Zu
Hause zu gewinnen, war einfach unglaublich.
Das Maksimir, Heimstätte von Dinamo, fällt in die Kategorie Hexenkessel. Ihre Eindrücke?
Die Stimmung ist phänomenal, Man hört wirklich von allen Seiten des Stadions Lärm. Jeder Gegner, der das Maksimir betritt, hat wohl denselben Gedanken: dass es heute nicht leicht wird. Wir haben von den jüngsten 19 Heimspielen 17 gewonnen und nur zwei Mal unentschieden gespielt.
Sie gelten als flexibel einsetzbar. Auf welcher Position spielen Sie denn am liebsten?
Meine natürliche Position ist das Mittelfeld. Dort fühle ich mich am wohlsten.
Gegen Chelsea wurden Sie für Ihre starke Leistung im linken Mittelfeld geadelt, gegen Milan für eine schwache als linker Verteidiger kritisiert.
Trainer Ante Cacic hat entschieden, dass ich auf der Linksverteidigerposition bleiben soll. Ich arbeite jeden Tag daran, dass ich mich dort besser zurechtfinde.
Im ÖFB-Team wären Außenverteidiger durchaus gefragt. Allerdings ist noch gar nicht entschieden, ob Sie für Österreich oder Kroatien spielen wollen. Im Nachwuchs kamen Sie für beide Nationen zum Einsatz.
Ich habe Österreich sehr viel zu verdanken und bin gleichzeitig auf meine kroatischen Wurzeln stolz. Mein Herz schlägt für beide.
Aber haben Sie eine Präferenz? Oder erhält jener Verband den „Zuschlag“, der Sie zuerst für das A-Team einberuft?
Ich will nicht, dass man mich nur einberuft, damit ich nicht mehr für die andere Nationalmannschaft spielberechtigt bin, ich möchte also nicht nur jemandem „gehören“. Egal, ob Österreich oder Kroatien: Ich möchte mich am Ende des Tages komplett mit dieser Mannschaft identifizieren können.