Warum die Rechten gewinnen: „It’s the migration, stupid!“
Wir brauchen selektive Regeln in der Einwanderungspolitik. Es bringt nichts, Zuwanderer zu integrieren, die sich nicht integrieren wollen.
Mit „It’s the economy, stupid!“erklärte Bill Clinton vor 30 Jahren seinen Wahlsieg. „It’s the migration, stupid!“ist zurzeit die Antwort auf die Frage, wieso rechte Parteien in Schweden und in Italien die Parlamentswahlen gewinnen konnten. Ihr Erfolg ist nicht das Ergebnis eigener Verdienste, sondern des Versagens der europäischen Regierungen, die seit der Zuwanderungswelle der Jahre 2015/2016 nicht fähig oder willens waren, die illegale Massenmigration zu stoppen.
Während über die Inflation, die Gaskrise und den Krieg in der Ukraine gestritten wird, gelangen immer mehr Zuwanderer in die EU. In Deutschland, einem Zielpunkt der Migrationsströme, wurden um 35 Prozent mehr Asylanträge gestellt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (die Flüchtlinge aus der Ukraine werden gesondert gezählt).
Noch immer ist die Balkanroute der Zugang zu einer besseren Welt. Sie zu schließen, das heißt die Lücken zu stopfen, ist eine Daueraufgabe. Es ist gut, dass sich die Regierungschefs von Österreich, Serbien und Ungarn in Budapest trafen, um dies gemeinsam zu tun, denn, so Karl Nehammer: „Solange die EU nicht mit effizienten Maßnahmen eingreift, müssen wir uns selbst helfen.“Er hätte hinzufügen können: aus eigenem Interesse, und ohne den Gegenwind aus Brüssel zu fürchten; aber das wäre sehr unösterreichisch gewesen.
Nun ist der Schutz der Grenzen zwar unerlässlich, reicht aber noch lang nicht aus, um den Zustrom zu stoppen. Wer es in die EU schafft, kann fast immer bleiben, dafür sorgen schon die Asylanwälte und die freundlich gesinnten Richter. Mit jedem, der es mithilfe des Zauberworts „Asyl“geschafft hat oder als „Schutzsuchender“geduldet wird, erhöht sich im Herkunftsland für viele der Anreiz, ebenfalls die gefährliche Reise zu wagen.
Die europäischen Gesellschaften sind allerdings dermaßen überaltert, dass ihnen ohne Zuwanderung eine dramatische Abnahme der Bevölkerung droht. Darüber bestehend weitgehend Einigkeit. Von einer klugen Steuerung der Migration könnten beide Seiten profitieren: die Gastländer von den Arbeitskräften, die Herkunftsländer von den Geldern, die die Auswanderer an ihre Familien zu Hause überweisen. Aber leider fehlt es in der EU an Klugheit.
Migrationsforscher Ruud Koopmans kritisierte in der „Neuen Zürcher Zeitung“(28. 9.), dass Europa ausgerechnet Zuwanderer aus dem Nahen Osten und dem südlichen Afrika aufnimmt, denn „kein anderer Teil der Welt ist kulturell so weit entfernt von uns. Die Kombination von niedriger Bildungsqualifikation und kultureller Distanz führt dazu, dass diese Migranten oft nur schwer in den Arbeitsmarkt integrierbar sind. Die Frauen leben in patriarchalen Strukturen und dürfen nicht arbeiten. Viele beziehen Sozialleistungen und tragen damit auch nicht in positivem Sinne zur Gesellschaft und zur Wirtschaft bei.“Es komme daher weniger auf die Integrationspolitik als auf die Einwanderungspolitik an. In Kanada zum Beispiel „wird extrem streng selektiert. Da kommt man nur hinein, wenn man hohe Bildungsqualifikationen hat“. Europäische Länder hätten hingegen das Problem, „dass wir zu 90 Prozent ungesteuerte Migration haben. Nach geltendem Recht müssen wir die Asylanträge prüfen, viele werden abgelehnt, werden aber in irgendeiner Form geduldet, man kann jahrelang prozessieren, Dokumente wegschmeißen oder behaupten, man sei minderjährig. In Kanada ist es genau umgekehrt, da sind 90 Prozent der Migration gesteuert.“
Ruud Koopmans plädiert für legale Wege der Wirtschaftsmigration, damit die europäischen Länder „mehr Leute erhalten, die sie brauchen und integrieren können“und die „Arbeitsmigranten mehr Möglichkeiten und echte Flüchtlinge mehr Schutz erhalten“. Grundvernünftige Vorschläge. Um sie zu realisieren, bräuchte es auch in anderen Ländern Wahlergebnisse wie in Schweden und in Italien.
Wer es in die EU schafft, kann fast immer bleiben, dafür sorgen schon die Asylanwälte und die freundlich gesinnten Richter.
Morgen in „Quergeschrieben“: Anna Goldenberg