A n de rD esign-Spitze, vom Arlberg bi sz um Dachstein
Zeitgenössische Architekt uri st in lichten Höhen angekommen.
Der „Wolf“ist aus einem anderen Holz geschnitzt: sägerauen Fichtenlatten aus der Umgebung. An Außenwänden und Schiebetüren sind sie vertikal positioniert – so rinnt das Wasser besser ab. Der Eingangsbereich der neuen Hütte führt zu ebenerdigen Toiletten. Fliesen und glatte Stiegen ins Untergeschoss – potenzielle Stolperfallen für Skischuhträger – müssen Besucher nicht fürchten.
Klein und schön am Arlberg
Der „Wolf“steht auf 2000 Metern auf dem Petersboden in Lech am Arlberg und bietet Après-Ski mit Stil: mit Panoramablick zum Kriegerhorn, Trittkopf und Rüfikopf, Sonnenterrassen und einer nach oben offenen Bar. Im Vergleich zu Kollegen in X-Large verschmilzt die kleine Hütte mit Model-maßen (20/14/7 m, für 50 Personen) mit der Landschaft. Mit einem Satteldach, Materialien wie Holz und Schwarzstahl sowie einem Betonsockel zitiert „Wolf“ein Bregenzerwälderhaus in alpinem Ambiente – inklusive Stuben, Eckbänken, offenem Kamin. Geheizt wird mit Holz und der Abwärme von Lüftungsund Betriebsanlagen.
Architekt Bernardo Bader vom gleichnamigen Bregenzer Büro zollt Bauherrn Christian Wolf Respekt. Letzterer ist Unternehmer für Holzbringung und Schneeräumung: „Ohne Zitate alpenländischer Klischees zu bemühen, bewies er Mut für eine zeitgenössische Formensprache“, erklärt der Gestalter. In der sensiblen Umgebung schuf Bader bewusst keinen Bau für die Ewigkeit: „Nach gut 15
Jahren müssen das Dach und der Boden voraussichtlich erneuert werden. Wetter und Benützung mit schwerem Schuhwerk sorgen zwar für eine willkommene Patina, fordern aber ihren Tribut.“Im Winter fällt sehr viel Schnee. Der Bau erfolgte binnen weniger Sommermonate. Im Winter ist der einsame Wolf per Sessellift, Ski oder Schneeschuhen erreichbar.
Torte beim Pitztaler Gletscher
Sepp Eiters Arbeitsplatz ist das höchste Kaffeehaus Österreichs. Er ist Hüttenwirt und ein uriger Kontrast zu seiner Arbeitsstätte beim Pitztaler Gletscher, an den Felsen des Hinteren Brunnenkogels: Der Rundbau des auf 3440 Meter gelegenen Café 3440 ist eine Art Architektur-Ufo aus wetterfestem Stahl. Es bietet Panoramablicke auf die Ötztaler Alpen und auf die Wildspitze. Erschlossen ist das Gebiet durch die Wildspitzbahn. Im Zuge eines 20-Millionen-Euro-Projekts erfuhr sie eine Verbesserung wie Erweiterung: um das Café in lichter Höhe.
Bauen in den Bergen berge den Konflikt zwischen Natur und Mensch, bestätigt Architekt Carlo Baumschlager von Baumschlager Hutter Partners. „Es stellt sich immer die Frage nach Quantitäten – wie viel Eingriffe für wie viele Menschen.“Hier bilde die Bergstation den Endpunkt einer technisch hergestellten Geschwindigkeit: „Dahinter gibt die Natur den Rhythmus vor. Der menschliche Maßstab löst sich auf, es dominiert die unfassbare Bergwelt. Gebautes kann sich nur fügen. Form, Materia
lität und die Ordnung der Funktionen reflektieren den Ort und seine Bedingungen, erzeugen aber keine Bedeutungsschwere.“
Neu und alt am Hochschwab
In den Alpen schießen puristische Ski- und Schutzhütten abseits der Nostalgie und Brutalismus wie Enziane aus dem Boden. Wobei die meisten keine klassischen Neuerrichtungen sind, sondern Ersatz oder Renovierung des Bestands.
So auch die Voisthalerhütte auf dem steirischen Hochschwab. Das
Schutzhaus liegt auf einem Hochplateau auf 1654 Metern und erstrahlt dank des Grazer Architekten Dietger Wissounig in neuem Glanz. Nach oben führen nur ein Wanderweg und eine Materialseilbahn – eine Herausforderung für das BauTeam. Weil die Errichtung einer Straße tabu war, schwebte ein Transport-Hubschrauber hinauf. Der Eingriff in die karge Gebirgslandschaft sollte so gering wie möglich sein. Alte Dinge fungieren als Zeitzeugen. So integrierten die Hüttenwirtinnen Maja Ludwig und
Lisi Schleicher Bilder und Schilder aus dem ehemaligen Schutzhaus behutsam ins neue. Zwischen reduzierter Möblage und überbordenden Erinnerungen servieren sie Bio-Tomaten und -Kräuter aus dem Hoch-Beet im Wortsinn.
Die Möbel für die Gaststube fertigte die Almtaler Tischlerei Trewit. Geschäftsführerin Sophie Wittmann setzte mit ihrem Team auf Nachhaltigkeit: „Echte Materialen vom Keller bis in die Zimmer. Was nach Holz aussieht, ist massives Holz. Ebenso Stein, Metall und Keramik.“
Sessel und Tische sind aus heimischer Lärche, Fichte und Esche. „Sie entwickeln natürliche Oberflächen, die Patina und Verwitterung zulassen.“Die hellen Eschenmöbel – bei Trewit vorgefertigt und auf dem Berg per Zapfenverbindung finalisiert – wurden mit Hartwachs-Öl behandelt. Der Boden blieb sägerau. Das Zentrum der neuen Voisthalerhütte bilden geschickt platzierte Fenster – der Ausblick lohnt die Mühe des Aufstiegs: „Das Schutzhaus gewährt unterschiedliche Perspektiven auf die Umgebung: in Richtung Tal, auf die Gegenhänge mit Aussicht auf Gämsen und Felsen. Die Fenster sind wie Gemälde, die stetig im Wandel sind.“Nur eines existiert hier bewusst nicht: durchgehender Handyempfang.
Fenster zum Dachstein
Oben auf dem Dachstein blicken Wanderer ebenfalls in Richtung Zukunft: aus der Seethalerhütte auf 2740 Metern, Oberösterreichs höchstgelegenem Bau. Am Rande des Hallstätter Gletschers, mitten im Naturschutzgebiet zwischen Hohem Dachstein und Dirndl, wurde die historische, nicht mehr sanierbare Schutzhütte durch eine neue ersetzt. Architekt Thomas Heil vom Innsbrucker Büro Dreiplus verweist auf die Wichtigkeit eines neuen Standorts: „Er folgt der Topografie und Felsformation und wurde durch eine Wind- und Schnee-Simulation eruiert. Die Schutzhütte wurde auf das Essenzielle reduziert. Und in Anlehnung an das Felsmassiv behutsam und unaufdringlich verankert.“Ein Panoramarestaurant hat keinen Platz in der Seethalerhütte: „Damit die Grundfläche so klein wie möglich wird, wurde der schlanke Baukörper optimiert und jeweils in ein Technik-, Stuben- und Lagergeschoss aufgeteilt.“Der Komfort vom Tal wurde ebenfalls nicht auf den Berg transferiert. Heimisches Fichtenholz für Böden, Wände, Decken und Möblierung strahlt eine archaische Gemütlichkeit aus.
Das Idyll bricht die Hülle aus steingrauen Aluminium-Paneelen. Sie hält Windspitzen von bis zu 160 Stundenkilometern stand und spiegelt die Wände des Dachsteins wider. Von außen betrachtet ist die Anordnung der Fenster ein Akt der Willkür. Erst im Gebäudeinneren entfaltet sich die höhere Ordnung: als bewusst platzierte Bilderrahmen für Fels und Stein.
Der Wettergott zeigte sich in der Bauphase nicht immer gnädig: Starker Wind, schlechte Sicht und kurzfristige Wetterumschwünge inklusive Wintereinbruch wurden zur Herausforderung. Besonders für den Heli-Piloten, der das Material auf den Berg hob. Die Kraft der Elemente sorgt jedoch für Autarkie: Strom wird über Fotovoltaik-Paneele produziert und in Batterien gespeichert. Über Dach- und Wandflächen wird Wasser gesammelt sowie aufbereitet. Und in den Toiletten finden sich Trocken-WCs wie wassersparende Armaturen. Architekt Heil: „Die Form folgt in der Seethalerhütte klassisch der Funktion. Sie geht mit der Natur eine Symbiose ein.“