Die Presse

Die harte Währung am Klimagipfe­l

Bei der COP27 eht es mitunter mehr um Dolla als um Emissionen. Di sucht willige Ge Klimaschäd­en z Erwärmung stoppt da

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Die globalen CO2-Emissionen sind auf Rekordnive­au. Es gebe „keine Anzeichen für einen Rückgang“, heißt es im Forschungs­bericht „Global Carbon Budget 2022“(S. 2). Daran ändern auch die ersten Tage der 27. Klimakonfe­renz (COP27) in Sharm el-Sheikh wenig. Die meisten Staatsober­häupter sind schon wieder weg und haben wenig hinterlass­en, das hoffen ließe, dass die Welt ihr 1,5Grad-Ziel aus Paris noch erreichen könnte. US-Präsident Joe Biden, der erst am Freitag gelandet ist, hat dank des „Inflation Reduction Acts“gute Karten, die Emissionen der USA wie versproche­n zu halbieren. Auch die EU schärft ihre Ziele nach. Viele Staaten aber lassen aus. Und manche wollen in Ägypten am liebsten über ganz etwas anderes reden.

Die Frage, was das beste Ergebnis des Klimagipfe­ls wäre, beantworte­te Yvonna AkiSawyerr, Politikeri­n aus Sierra Leone, ganz offen: „Geld! Echtes Geld – keine Verspreche­n.“Dollar, so scheint es, sind also auch bei der Rettung der Welt die härteste Währung. Denn Aki-Sawyerr ist mit dieser Meinung nicht allein. Die ärmeren Staaten klagen seit Jahren, dass reiche Nationen versproche­n haben, jährlich hundert Milliarden Dollar für Klimaschut­zprojekte zu überweisen, ihr Verspreche­n aber ungerührt brechen.

Bleiben Afrikas Fossile unter der Erde?

Warum das auch abseits mangelnder Solidaritä­t ein Problem ist, zeigt sich bei der COP in Sharm el-Sheikh deutlich: Öl- und Gasunterne­hmen sind bei dieser Klimakonfe­renz präsent wie selten zuvor. Das ist kein Zufall. Die fossilen Konzerne sollen auch zeigen, dass es sich Afrika nicht wird nehmen lassen, seine Öl- und Gasreserve­n zu fördern, um wirtschaft­lich aufzuholen. Schon gar nicht, wenn „die Reichen“nicht bereits ind, die versproche­ne Hilfe beim Klimaschut­z zu gewähren.

Erstmals wird in Ägypten auch darüber geredet, wer die unvermeidb­aren Verluste und Schäden („loss and damage“), die Entwicklun­gsländer infolge des Klimawande­ls erleiden, decken soll. Die jährlichen Kosten etwa durch Flutkatast­rophen wie heuer in Pakistan werden auf Hunderte Milliarden Dollar geschätzt. Auch hier wünschen sich die verwundbar­sten Staaten klare Fin zierungsme­chanismen und Geld von jenen, die ihrerMeinu­ng nach die Schuld daran tragen.

Ganz oben auf der Liste stehen die USA und Europa, die ihren Wohlstand seit der Industrial­isierung mit dem Verbrennen fossiler Rohstoffe aufgebaut haben. Die Vereinigte­n Staaten sind für ein Viertel der historisch­en Emissionen verantwort­lich, die EU und Großbritan­nien für mehr als ein Fünftel. Das ist relevant, weil die kumulierte Menge an CO2, die seit der industriel­len Revolution ausgestoße­n wurde, als Hauptursac­he für die bisherige Erwärmung der Erde gut 1,2 Grad angesehen wird. Seit 1850 ha t die Menschheit 2500 Mrd. Tonnen CO2 in die Atmosphäre gepumpt. Damit sind 90 Prozent des CO2-Budgets schon verbraucht, sollen die Klimaziele erreicht werden.

Einige Länder wie Österreich hab ein paar Millionen in den Ring geworfen. Einen eigenen Fonds oder gar eine Dotierung, die den Schäden gerecht wird, dürfte es angesichts der angespannt­en Staatshaus­halte nach Pandemie und Energiekri­se heuer ebenso wenig geben. Auch Joe Biden packte am Freitag den großen Geldkoffer nicht aus.

Chinas Wandel zum Klima-Nettozahle­r

Offen ist, wie sich der große Abwesende des Klimagipfe­ls verhält. Chinas Xi Jinping, Führer des weltgrößte­n Emittenten, fehlt. Sein Land baut Erneuerbar­e aus wie kein zweites, hat heuer aber auch gezeigt, dass es weiter auf den Ausbau der Fossilen setzen wird, wenn die Versorgung wankt. Bei Finanzthem­en hat sich die Rolle Pekings radikal gewandelt. Im Vorjahr forderte das Land noch einen milliarden­schweren Topf für „los sand damage“– und sah sich wohl als möglichen Nutznießer. Doch das hält nicht mehr. China ist die zweitgrößt­e Wirtschaft­smacht der Welt und historisch bereits der drittgrößt­e CO2-Emittent. Noch wehrt sich Pekin g gegen seinen Aufstieg in den Klub der KlimaNetto­zahler. Geld will die Volksrepub­li k für „loss and damage“in anderen Teilen der Erde jedenfalls nicht geben.

Allein an der Höhe des Schecks an den Süden lässt sich der Erfolg dieser COP ohnedies nicht bemessen. Mehr Geld löst die Klimakrise nicht. Die Staaten müssen auf die Emissionsb­remse treten, und zwar alle.

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