Die Presse

Quereinste­igerin greift nach dem Präsidente­namt

Im ersten Durchgang war sie Zweite. Doch Natăsa Pirc Musar geht als Favoritin in die Stichwahl gegen Ex-Außenminis­ter Logar.

- V on unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad/Ljubljana. Die Zweite könnte die Erste sein: Vor der Stichwahl von Sloweniens Präsidents­chaftskür am Sonntag sehen die letzten Umfragen die parteilose Anwältin Natasˇa Pirc Musar mit weit über 50 Prozent der Stimmen klar vor dem früheren Außenminis­ter Anže Logar von der rechten SDS. Der im ersten Wahlgang vor drei Wochen mit 33,95 Prozent der Stimmen noch sieben Prozent vor seiner Rivalin liegende Etappensie­ger Logar gibt sich jedoch noch keinesfall­s geschlagen. Die einzige Meinungsum­frage, die zähle, sei die Stimmabgab­e, so Logar. An eine Niederlage verschwend­e er keine Gedanken: „Wir bereiten uns darauf vor, zu gewinnen.“

Wie immer die Wahl auch ausgehen wird, Slowenien winkt eine Premiere. Entweder wird mit der 54-jährigen Anwältin Pirc Musar erstmals eine Frau an der Spitze der seit 1991 unabhängig­en Alpenrepub­lik stehen, oder es wird mit dem 46-jährigen Ökonomen Logar erstmals ein Kandidat der Rechten das Präsidente­namt übernehmen.

Wahlbeteil­igung als Faktor

Mitentsche­idend könnte die Wahlbeteil­igung sein. Gehen nur wenige an die Urnen, dürfte das wegen der sehr disziplini­erten Stammwähle­r der SDS dem opposition­ellen Außenseite­r Logar in die Karten spielen. Von einer höheren Wahlbeteil­igung könnte die von den linksliber­alen Regierungs­parteien unterstütz­te Ex-Journalist­in Pirc Musar profitiere­n.

In dem ohne harte Bandagen ausgefocht­enen Wahlkampf hat sich Marathonlä­ufer Logar darum bemüht, sich als „Vertreter der gemäßigten Rechten“zu profiliere­n:

Als Präsident werde er auf Toleranz und den gesellscha­ftlichen Dialog setzen. Doch vor allem seine Nähe zu dem umstritten­en ExPremier und SDS-Chef Janez Jansˇa könnte sich für ihn in der Stichwahl als Mühlstein erweisen: Nicht nur für linke, sondern auch für liberale Wähler ist Orbán-Freund Jansˇa ein rotes Tuch.

„In einem Land, in dem die Wähler der Linken und der Mitte die der Rechten übertreffe­n, diktiert schlichtwe­g die Mathematik, dass Pirc Musar die zweite Wahlrunde gewinnen wird“, orakelt der Politologe Alem Maksuti in Ljubljana in einem Beitrag für die Agentur Balkan Insight: „Die Slowenen werden nicht für die Marionette von Jansˇa stimmen.“

Prominente Unterstütz­er

Tatsächlic­h zieht die frühere Informatio­nsbeauftra­gte Pirc Musar als Favoritin in die Stichwahl. Zwar wird sie nicht nur von den Regierungs­parteien unterstütz­t, deren Kandidaten im ersten Wahlgang gestrauche­lt sind, sondern auch von den Altpräside­nten Milan Kučan und Danilo Türk. Doch ein Unsicherhe­itsfaktor für die Ex-Präsidenti­n von Sloweniens Rotem Kreuz bleibt, in welchem Maße sie die Wähler des zersplitte­rten linksliber­alen Lagers mobilisier­en kann.

Pirc Musar ist eine politische Quereinste­igerin, doch keine unbekannte Größe. Sie machte sich früher als TV-Moderatori­n einen Namen, war Promi-Anwältin für die in Slowenien geborene Melania Trump und stritt als Juristin für die Informatio­nsfreiheit. Positiv habe sie in dem vier Monate langen Stimmenstr­eit vor allem der „korrekte“Umgang ihres Rivalen überrascht, gesteht die Politnoviz­in: „Wenn wir uns getroffen haben, ist Anže Logar immer auf mich zugekommen und hat mir die Hand geschüttel­t.“

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[ Imago] Ex-Außenminis­ter Anˇze Logar liegt vor der Präsidente­nstichwahl am Sonntag in Umfragen hinter Nataˇsa Pirc Musar.

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