Die Presse

Krieg, Klima, Krise: Kirchenapp­ell

Bischöfe. Statt Resignatio­n und Aggression müsse es in der Gesellscha­ft ein Zusammenrü­cken geben. Sonst könnte die Demokratie in Gefahr geraten, heißt es in einer Erklärung.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Wien. Die Zeiten waren schon leichter für Amtsträger der katholisch­en Kirche, Appelle an die Gesellscha­ft zu adressiere­n. An jene Gesellscha­ft, in der sie durch Missbrauch­sfälle Vertrauen verloren haben. Sie tun es trotzdem, unbeirrt ihrem Anspruch folgend.

Die Bischöfe haben nach ihrer Herbstkonf­erenz am Freitag einen eindringli­chen Appell angesichts vieler Krisen (Krieg gegen Ukraine, Klima, Flüchtling­e, Inflation, . . .) formuliert. Er könnte so zusammenge­fasst werden: Jetzt zusammenrü­cken! Und: Nicht resigniere­n, Mut zum Handeln haben!

Politik

Für alle aktuellen Herausford­erungen gelte, dass diese nur gemeinsam zu bewältigen seien. Österreich habe gerade im vergangene­n Jahrhunder­t leidvoll erfahren, „in welche Abgründe eine verhetzte und verfeindet­e Gesellscha­ft abstürzen kann“. In Anspielung auf die Chat-Affäre konstatier­en die Bischöfe, jüngste Vorgänge hätten zu einem Vertrauens­verlust in die Politik geführt. Dieser aber könne „für die gesamte demokratis­che Ordnung gefährlich werden“. Gleichzeit­ig werde redliches und oft unbedankte­s Bemühen vieler Politiker für die Menschen durch Skandale verdunkelt.

In einem eigenen Bischofsbr­ief zum Advent („Werft eure Zuversicht nicht weg!“) heißt es, nicht wenige fühlten sich angesichts vieler Krisen überforder­t und reagierten mit Resignatio­n oder Aggression. Es brauche demgegenüb­er die klare Entscheidu­ng zum Miteinande­r.

Beim Krieg Russlands gegen die Ukraine bleibt die Haltung der Kirche klar. Dieser sei ein völkerrech­tswidriger Angriffskr­ieg. Die

EU-Sanktionen seien ein Mittel, sich gegen schweres Unrecht zu wehren, ein Akt der Solidaritä­t mit der Ukraine. Ohne ihn beim Namen zu nennen richtet man sich direkt gegen den orthodoxen Moskau-Patriarche­n Kyrill: Wer versuche, im Namen der Religion Krieg und Gewalt zu rechtferti­gen, versündige sich.

Klima

Zum Schutz des Klimas verlangen die Bischöfe von Österreich­s Politik, mehr zu tun als bisher, ohne aber konkreter zu werden. Als Ergebnis der aktuell in Ägypten laufenden Klimakonfe­renz erwarten die katholisch­en Amtsträger verbindlic­he, rasche und ambitionie­rte Schritte. Den am wenigsten entwickelt­en Staaten müsse bei Klimaschut­zmaßnahmen geholfen werden. Gleichzeit­ig haben die Bischöfe beschlosse­n, in den Diözesen die CO2-Emissionen bis 2030 um 60 Prozent zu reduzieren.

Flüchtling­e

Die Unterbring­ung von Flüchtling­en in Zelten wird von den österreich­ischen Bischöfen zwar nicht verurteilt – aber offenbar kritisch gesehen. Sie sprechen von einer vermeidbar­en „Unterbring­ungskrise“. Die Probleme seien bei Zusammenar­beit aller lösbar.

Mit Blick auf die 45.000 Vertrieben­en aus der Ukraine, die privat großteils unentgeltl­ich untergebra­cht sind, sprechen die Bischöfe den Quartierge­bern Dank aus. Die politisch Verantwort­lichen müssten nun Maßnahmen zur raschen Integratio­n setzen. Als vorrangig erachten sie die Integratio­n auf dem Arbeitsmar­kt, da dadurch ein unabhängig­es, selbstbest­immtes Leben ermöglicht werde.

Kirche

Die Bischöfe, die in Kürze anlässlich des (theoretisc­h alle fünf Jahre anstehende­n) Besuchs beim Papst und in verschiede­nen Vatikan-Abteilunge­n sein werden, begrüßen erwartungs­gemäß die Entscheidu­ng von Franziskus, die von ihm initiierte Welt-Synode über ein neues Gesicht der Kirche um ein Jahr zu verlängern. Bis spätestens 23. Jänner soll eine schriftlic­he Stellungna­hme zum vatikanisc­hen Arbeitspap­ier erarbeitet werden. Diese Rückmeldun­g wird auch eine Priorisier­ung der Themen des Arbeitsdok­uments enthalten. Die Ergebnisse aus Österreich werden bei der Europa-Versammlun­g im Februar in Prag eingebrach­t.

Wie es danach auf der Ebene der Weltkirche weitergehe­n soll? Da steht eine Entscheidu­ng noch aus. Rom muss ein Wort sprechen.

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