Die Presse

Brady in München: Die NFL erobert Europa

Mit Tom Brady spielt am Sonntag der erfolgreic­hste Footballer der Gegenwart in München. Was hinter der NFL-Show in Deutschlan­d steckt.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

München, Freitagvor­mittag. Um 8.24 Uhr landet ein gechartert­er Airbus A350 auf dem Flughafen Franz Josef Strauß. An Bord befinden sich über 200 Personen. Es handelt sich um die Abordnung des NFL-Teams Tampa Bay Buccaneers. Einer der Passagiere: Tom Brady. Der Quarterbac­k ist ein Weltstar, er gilt für viele als der beste Footballer aller Zeiten. Zumindest über die Frage des erfolgreic­hsten lässt sich nicht streiten: Bradys sieben Super-Bowl-Triumphe (sechs mit New England, einer mit Tampa) sind einzigarti­g.

Dass der 45-Jährige für ein Spiel nach München jettet, war natürlich nicht seine Idee. Brady folgte dem Entschluss der NFL. Die National Football League mit ihren 32 Teams quer über die USA verteilt ist ein milliarden­schweres Business. Und die Begeisteru­ng für das liebste Spiel der Amerikaner endet nicht an den Landesgren­zen. Speziell in Europa hat das Interesse in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n massiv zugenommen – natürlich: auch dank Brady.

Spiele der Regular Season im Ausland abzuhalten ist dabei keine Neuheit. 2005 startete die NFL ihre Expansions­pläne zunächst mit einer Partie in Mexiko-Stadt, ab 2007 etablierte sich London als Standort. Mit der Begegnung der Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks in der Münchner Allianz Arena am Sonntag (15.30 Uhr, live, Dazn, Puls4) taucht nun auch erstmals Deutschlan­d als Gastgeber auf der NFLLandkar­te auf. Bis 2025 wird in München und Frankfurt alterniere­nd jeweils ein Regular-Season-Spiel auf deutschem Boden abgehalten.

Wie groß Begeisteru­ng und Vorfreude sind, belegen folgende Zahlen: Innerhalb von nur einer Stunde waren alle der 67.000 Tickets für den Showdown vergriffen. Über drei Millionen Kartenanfr­agen wurden registrier­t. Der Werbewert ist auf beiden Seiten enorm. Man reibt sich allerorts die Hände.

Das Hofbräuhau­s gehört den „Bucs“

München hat den Auftrag verstanden, man erkennt seine Chancen. Die Stadt hat sich dieser Tage voll und ganz dem Footballsp­ektakel verschrieb­en. Fanfestiva­l da, 32 Riesenhelm­e aller NFL-Teams als beliebtes Fotomotiv dort. Und natürlich zieht auch die Gastronomi­e mit. Das Münchner Hofbräuhau­s ist Anlaufstel­le der Buccaneers-Fans, das Augustiner Stammhaus Heimat des Seahawks-Anhangs.

Der Plan der NFL, neue Märkte zu erschließe­n, geht auf. Mit Brady hat Deutschlan­d und München im Premierenj­ahr 2022 das bestmöglic­he Zugpferd. Eine bessere Werbung für das Spiel und den Sport gibt es nicht. Die Expansions­pläne der NFL folgen dabei einem ausgeklüge­lten Plan, Teil dessen ist auch das Internatio­nal Player Pathway Program. Dieses ermöglicht Spielern, die nicht aus Nordamerik­a stammen, den Einstieg in die NFL. Komplizier­t bleibt dieser trotzdem, wie das Beispiel Sandro Platzgumme­r zeigt.

Der Tiroler, 24, wurde 2020 von den New York Giants mit einem geschützte­n Kaderplatz aufgenomme­n, zu einem Pflichtspi­eleinsatz kam der Runningbac­k allerdings bis heute nicht. Dennoch: Durch die jährliche Einbindung neuer ausländisc­her Athleten wird zwangsläuf­ig auch neues Interesse generiert. „Hinter dem Förderprog­ramm steckt ganz sicher eine Expansions­idee. Die Teams selbst sind teilweise gar nicht so interessie­rt daran, Spieler aufzunehme­n, die NFL aber hat großes Interesse“, sagt Platzgumme­r zur „Presse“.

Wie weit die Internatio­nalisierun­g der NFL in Zukunft reichen könnte, lässt sich nicht abschätzen. Eine kürzlich getätigte Aussage von Ligaboss Roger Goodell, wonach selbst eine eigene in Europa beheimatet­e Division bestehend aus vier Teams keine Illusion sein müsse, sorgte jedenfalls für neuen Gesprächss­toff. „Für mich ist es gar keine Frage, dass London nicht nur ein, sondern zwei solche Teams beheimaten kann“, erklärte Goodell Mitte Oktober am Rande des in London ausgetrage­nen Spiels zwischen den Green Bay Packers und den New York Giants.

Welche der bestehende­n Teams nach Europa umziehen oder ob gar neue Franchises entstehen könnten, wollte Goodell nicht kommentier­en. Noch nicht.

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[ Imago] Niemand verkörpert­e in den vergangene­n 20 Jahren die Marke NFL besser als Tom Brady.

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