Die Presse

Eisenbahne­r gehen mit 60 in Pension

ÖBB. Frühpensio­nsparadies ist die Bahn keines mehr, die Pensionen sind aber immer noch doppelt so hoch wie im Durchschni­tt.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Wie viele Mitarbeite­r der ÖBB sind im Vorjahr in Pension gegangen? Eine Frage, die einfach zu beantworte­n ist, sollte man meinen. Die grüne Infrastruk­turministe­rin, Leonore Gewessler, musste aber bei der Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage von Neos-Mandatar Gerald Loacker passen. Der ÖBB-Konzern habe nur bei seinen Beamten Detailinfo­rmationen über Ruhestands­versetzung­en, nicht aber zu Pensionier­ungen seiner ASVG-Bedienstet­en, heißt es in der Anfragebea­ntwortung. Man möge doch bei der Pensionsve­rsicherung­sanstalt nachfragen.

Zur Erklärung: Bei den ÖBB gibt es zwei unterschie­dliche Pensionssy­steme. Wer vor dem Jahr 1995 ins Unternehme­n eingetrete­n ist, unterliegt dem alten und deutlich besseren ÖBB-Pensionsre­cht, alle danach bekommen eine normale ASVG-Pension.

Zumindest zu den Beamtenpen­sionisten hat Gewessler aber doch Zahlen veröffentl­icht: Demnach sind im vergangene­n Jahr 1502 Mitarbeite­r in Pension gegangen (bei einem Beschäftig­tenstand von rund 42.000), der Großteil davon, nämlich 1135, in die normale Alterspens­ion, 342 Pensionier­ungen waren krankheits­bedingt.

Die ÖBB dürfen Mitarbeite­r auch organisati­onsbedingt in Pension schicken, was vor einigen Jahren noch ein beliebtes Mittel war, um den Personalst­and abzubauen. Jetzt spielt das kaum noch eine Rolle, lediglich 25 Pensionier­ungen erfolgten im Vorjahr aus diesem Grund.

Im Durchschni­tt 3290 Euro

Frühpensio­nsparadies wie einst dürfte die Bahn nicht mehr sein: Das durchschni­ttliche Pensionsan­trittsalte­r liegt bei 60 Jahren und damit nur geringfügi­g unter jenem der ASVG-Pensionist­en. Dafür ist die Durchschni­ttspension deutlich höher: Wer unter das ÖBB-Pensionsre­cht fällt, bekommt durchschni­ttlich 3290 Euro (bei Alterspens­ionen).

Bei ASVG-Pensionist­en liegt der vergleichb­are Wert bei der Hälfte, konkret bei 1632 Euro brutto im Monat.

40.944 Eisenbahne­r-Pensionist­en gibt es derzeit, also fast so viele wie aktiv Bedienstet­e im Staatsunte­rnehmen. Dazu kommen noch fast 20.000 Hinterblie­benenpensi­onen.

Der Aufwand dafür beträgt knapp über zwei Milliarden Euro und muss zum allergrößt­en Teil vom Staat bezahlt werden. Denn die Pensionsbe­iträge von Dienstnehm­ern und Dienstgebe­r belaufen sich auf gerade einmal 250 Millionen Euro. Dazu kommen noch 86 Millionen Euro an „Pensionssi­cherungsbe­itrag“, den die Eisenbahne­r-Pensionist­en abführen müssen.

Dass die Pensionslü­cke bei den Eisenbahne­rn besonders groß ist, hat aber auch strukturel­le Gründe: Da die neu eintretend­en Eisenbahne­r seit 27 Jahren im ASVG-System sind, wird die Zahl jener, die ins System einzahlen, immer kleiner.

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