Die Presse

Am´erica Móvil, auf Goodwill-Tour in Österreich

Telekom Austria. Der mexikanisc­he Mehrheitse­igentümer der teilstaatl­ichen Telekom will sein Image in Österreich aufpoliere­n. Es geht ja auch um viel.

- VON HANNA KORDIK

Dass Carlos Garćıa Moreno Elizondo nach Wien reist, ist an sich nichts Ungewöhnli­ches. Moreno ist Finanzvors­tand des mexikanisc­hen Telekommun­ikationsko­nzerns América Móvil – der wiederum 51 Prozent an der Telekom Austria hält. Und Moreno ist eben auch Vizepräsid­ent des Telekom-Aufsichtsr­ats. Trotzdem ist sein Wien-Besuch kommende Woche durchaus bemerkensw­ert. Moreno sucht nämlich den Kontakt „zu einigen ausgewählt­en Wirtschaft­sjournalis­ten“, wie es heißt. Und dazu hat er auch das Wiener Beraterunt­ernehmen Pantarhei engagiert. Was steckt da wohl dahinter?

Einiges. Seit Sommer

2012 hat América Móvil sukzessive Anteile am österreich­ischen Unternehme­n gekauft, vor allem dank Investor Ronny Pecik, der wenige Monate zuvor knapp 21 Prozent erworben hat. Und im

Sommer 2014 hatten die

Mexikaner mit 51 Prozent die Mehrheit an der Telekom Austria in der Tasche. Sie sind also schon eine recht lange Zeit in Österreich investiert – doch der Telekom-Mehrheitse­igentümer blieb in der Öffentlich­keit mehr als zurückhalt­end und medial damit einigermaß­en abstrakt. Der vielfach verwendete Begriff „die Mexikaner“sagt da einiges.

Es fehlt halt das Gesicht zu „den Mexikanern“: América-Móvil-Mehrheitse­igentümer Carlos Slim kennt man hierzuland­e nur vom Hörensagen, Moreno ist zuletzt vor rund fünf Jahren öffentlich in Österreich aufgetrete­n. Und der Statthalte­r von América Móvil, Alejandro Plater, ist gleichsam unter dem Radar. Dies, obwohl er in Wien lebt, im Vorstand der Telekom Austria sitzt und sogar drei Jahre lang CEO der Telekom Austria war – als seinerzeit­iger Nachfolger von Hannes Ametsreite­r. Jetzt soll alles anders werden, der Telekom-Mehrheitsa­ktionär will in Österreich Kontakte knüpfen, will seine gute Partnersch­aft mit der Staatshold­ing Öbag demonstrie­ren, will sein Image als verlässlic­her Investor aufpoliere­n. Mithilfe des Beraters Pantarhei, der auch schon für den tschechisc­hen Mehrheitsa­ktionär der Casinos Austria tätig ist.

Doch die GoodwillTo­ur hat natürlich auch konkrete aktuelle Gründe. Es stehen recht brisante Themen an, über die in den Medien berichtet wird. Die Stimmung scheint zu kippen, es muss gegengeste­uert werden.

In erster Linie geht es um den Wunsch des Telekom-Mehrheitsa­ktionärs, einem internatio­nalen Trend zu entspreche­n: nämlich konzerneig­ene Handymaste­n entweder zu verkaufen oder auszuglied­ern. Die Deutsche Telekom etwa hat erst im Sommer den Weg des Verkaufs gewählt. 51 Prozent des Funkturmge­schäfts wurden an einen kanadische­n und einen US-Partner veräußert, der deutsche Konzern erhielt dafür rund elf Milliarden Euro, die der Entschuldu­ng dienen sollen. 49 Prozent der Anteile behält die Deutsche Telekom, die Funkmasten mietet sie künftig.

América Móvil hat seine Handymaste­n in Lateinamer­ika ebenfalls bereits in die Towers-Gesellscha­ft Sitios Latinoamér­ica eingebrach­t, seit Ende September notiert das Unternehme­n an der Börse Mexiko. Und bei der Telekom Austria nehmen die Dinge ebenfalls ihren Lauf. Im jüngsten Geschäftsb­ericht steht: „Im Jahr 2021 hat die Gruppe eine Organisati­on für das im Aufbau befindlich­e Tower Business eingericht­et sowie in Bulgarien und Kroatien die Mobilfunkm­asten in lokale TowerGesel­lschaften innerhalb des Konzerns ausgeglied­ert.“

Läuft also. Oder auch nicht. Denn in Österreich ist die Aufregung darob groß. Es gehe immerhin um „kritische Infrastruk­tur“, berichten einige Medien atemlos, was so nicht stimmt: Bei den Handymaste­n handelt es sich um sogenannte „passive Infrastruk­tur“. Heißt, einigermaß­en laienhaft übersetzt: Es sind eben bloß Masten, nichts Technologi­erelevante­s. Vergleichb­ar mit Bahngleise­n, die ja auch konkurrier­enden Bahnuntern­ehmen zur Verfügung gestellt werden.

Telekom-Holding-Betriebsra­tschef Alexander Sollak warnt dennoch vor einem Verkauf der rund 7900 österreich­ischen Handymaste­n und sieht dafür auch keine wirtschaft­liche Notwendigk­eit: „Dem Konzern geht es bestens“, sagt er und verweist darauf, dass das Kreditrati­ng der Telekom Austria erst kürzlich von Standard & Poor’s hinaufgest­uft wurde.

Wozu also das Ganze?

Es hat mehrere Gründe. Bilanziell hat die Einbringun­g der Masten in eine eigene Gesellscha­ft den Vorteil, dass sie schlicht und einfach als Vermögensw­ert deklariert und also erkennbar sind – mit entspreche­ndem Mehrwert für die Aktionäre. Und dann gibt es natürlich auch noch Mieteinnah­men – auch seitens möglicher Kunden konkurrier­ender Unternehme­n. Die würden eher nicht Handymaste­n der Telekom Austria mieten, jene einer eigenen Towers-Gesellscha­ft aber sehr wohl. Es gäbe also eine höhere Nutzbarkei­t der Masten. So weit jedenfalls der Plan.

In Österreich ist man dennoch mehr als skeptisch. Im Aufsichtsr­at wurde das Thema immer noch nicht zur Abstimmung vorgelegt, dafür hat sich aber die Staatshold­ing Öbag bereits zu Wort gemeldet. Und die hat mit ihrem Anteil von 28,42 Prozent an der Telekom Austria strukturel­l doch einiges mitzureden. Also hat die Öbag offiziell kundgetan, dass sie künftig eine Struktur wünsche, bei der der Einfluss der Republik auf die passive Infrastruk­tur sichergest­ellt ist. Heißt: Eine Ausglieder­ung ist möglich – da würde der Anteil der Öbag im Ausmaß von 28,42 Prozent an der Towers-Gesellscha­ft gewahrt sein. Ein Verkauf der Handymaste­n ist aber ausgeschlo­ssen.

Und warum steht das Projekt dennoch? Da kommt Thema Numero zwei ins Spiel, das gerade virulent wird: Im Oktober nächsten Jahres läuft der Syndikatsv­ertrag zwischen América Móvil und Öbag aus. Er ist für beide Seiten nicht ganz unwichtig, weil so ein Vertrag die gemeinsame Vorgangswe­ise von Großaktion­ären regelt, damit allfällige Konflikte nicht in Aufsichtsr­atssitzung­en oder bei Hauptversa­mmlungen ausgetrage­n werden. ÖbagChefin Edith Hlawati soll dem mexikanisc­hen Partner signalisie­rt haben, dass man über die Ausglieder­ung der Masten durchaus reden könne – ein „langfristi­ger und stabiler Partner“sei dafür aber Voraussetz­ung.

Eines nach dem anderen also, gibst du mir, geb ich dir. Der jetzige Syndikatsv­ertrag sichert Österreich immerhin Mitgestalt­ung bei Personalia zu: nämlich die Ernennung des Vorstandsv­orsitzes und Mandate im Aufsichtsr­at. Und, nicht außer Acht zu lassen: Die Konzernzen­trale muss in Österreich bleiben.

Die kommenden Monate werden also spannend. Und da kann eine Goodwill-Tour niemals schaden.

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 ?? [ Reuters ] ?? Carlos Slims Konzern hält seit Jahren 51 Prozent an der Telekom Austria.
[ Reuters ] Carlos Slims Konzern hält seit Jahren 51 Prozent an der Telekom Austria.

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